Robin Longstride, gespielt von Russel Crowe, kämpfte unter Richard Löwenherz in diversen Kreuzzügen und findet in seiner Heimat nun zahlreiche Missstände vor, gegen die er anzukämpfen gedenkt. Als die Franzosen schließlich im britischen Königreich einen Bürgerkrieg anzuzetteln beginnen, schlägt die große Stunde des Bogenschützen, der die Bürgerrechte in England etablieren will.
Russel Crowe und besonders Ridley Scott wurden nicht müde zu betonen, dass dieser "Robin Hood" besser wäre als alle anderen, die es nicht sonderlich genau mit der Historie nahmen oder allzu verkitscht daherkamen. Scott meinte, ihm habe keine andere Version des englischen Bogenschützen wirklich gefallen, Crowe bezeichnete die Costner-Version als überlangen Brian-Adams-Videoclip. Man wollte einen Helden, der den Strumpfhosen entwachsen ist, ein historisch glaubhaftes Portrait eines Patrioten, der gegen die Missstände seiner Zeit, gegen König, Klerus und Gesetz ankämpfte, das Ziel war, dem historischen Robin Hood näher zu kommen und natürlich sämtliche anderen Versionen in den Schatten zu stellen. Und einen Großteil der eigenen Ziele erreicht Ridley Scott hier durchaus.
Zwar kann "Robin Hood" nicht so richtig als glaubhafter Historienfilm herhalten, da der britische Regisseur seinen Film arg patriotisch anhaucht und Robin Hoods Rolle im dritten Kreuzzug und im anschließenden Krieg gegen die Franzosen arg überhöht erscheint, obwohl mit Brian Helgeland ein hervorragender Autor am Werk war, aber diese Fehler fallen kaum weiter ins Gewicht, zumal beim berühmten Nottinghamer Bogenschützen die nachgewiesenen Fakten mehr als rar sind. So ist zumindest der historische Rahmen ziemlich glaubhaft; das Bild, das von König und Klerus vermittelt wird, ist ebenso wie das Portrait von Robin Hood durchaus differenziert und damit glaubhafter als in den anderen Filmen, auch wenn die Sympathien klar auf Hood zugeschnitten werden. Für den eigenen Anspruch reicht es sicherlich nicht ganz, aber doch dafür, dass "Robin Hood" mehr Mittelalter-Epos als Bogenschützen-Märchen geworden ist.
Während die neue Robin-Hood-Geschichte gut in den historischen Rahmen eingebettet ist, ohne, dass diese mehrfach anecken, entpuppt sich auch die Idee, hier die Vorgeschichte des Outlaws zu erzählen, als ausgesprochen geschickter Zug, da sich der Film so von den Übrigen abhebt. Dem einen oder anderen mag es vielleicht sauer aufstoßen, dass sich dieser Film nicht so sehr nach den klassischen Robin-Hood-Sagen richtet und, dass altbekannte Nebenfiguren, wie Little John, der Sheriff von Nottingham und Bruder Tuck hier entweder nur zu Randfiguren verkommen, oder sich deutlich von den Figuren anderer Versionen abheben, aber so bietet der Film Überraschungen, kleinere Innovationen und steht auf eigenen Beinen, während er nicht Gefahr läuft zum x-ten Plagiat zu verkommen und trotz einiger Befürchtungen nur punktuell wie "Gladiator 2" wirkt.
Inszenatorisch gibt es dabei, im positiven Sinn, wenig Neues zu verkünden. Ridley Scott, von dem man neben "Alien", "Gladiator" und "American Gangster" noch zahlreiche weitere Meisterwerke anführen könnte, gehört zu den besten Regisseuren der letzten Dekaden und lässt auch hier das Mittelalter mehr als gelungen auferstehen. Die Ausstattung ist opulent und lässt das Geschehen vollkommen authentisch wirken, ohne, dass Scott dabei irgendwelche Fehler unterlaufen würden, während auch die Schauplätze, wie der Tower von Londen und die zahlreichen mittelalterlichen Städte und Burgen, ebenfalls visuell einiges hermachen. Beinahe überflüssig zu erwähnen, dass auch die Action- und Kampf-Sequenzen hervorragend in Szene gesetzt sind, dynamisch und spannend erscheinen und darüber hinaus auch quantitativ wenig Grund zur Beschwerde lassen. Narrativ zeigt Scott alle Routine und sorgt, ein paar kleinere Längen einmal ausgenommen, für einen durchweg gelungenen Unterhaltungswert, während er stringent auf den Showdown hinarbeitet und mit ein paar kleineren Gags für Kurzweil am Rande sorgt. Für das Niveau eines "Gladiator" reicht es letztlich nicht, weil die Brutalität mitunter arg entschärft wirkt, der Score weder aufpeitschend ist, noch Gewalt und Größe vermittelt und es ruhig ein paar Kamerafahrten mehr über diverse historische Schauplätze hätten sein können.
Nach "Gladiator", "Ein gutes Jahr", "American Gangster" und "Der Mann der niemals lebte", ist Russel Crowe hier erneut unter der Regie von Scott zu sehen und zeigt einmal mehr seine Klasse. Mit gewohnter Präsenz, mit Ausstrahlung und Charisma meistert er die Rolle des Helden ausgezeichnet und macht Coster und Co schnell vergessen. Umgeben ist der australische Oscar-Preisträger von einer Riege ausgezeichneter Charakterdarsteller, die ihre Aufgaben allesamt hervorragend erfüllen. Ob Cate Blanchett, die gewohnt glaubhaft agiert, Mark Strong, der auch hier ein perfektes Feindbild abliefert, oder die Routiniers Max von Sydow und William Hurt, sie alle überzeugen auf ganzer Linie und lassen darstellerisch überhaupt keinen Grund zur Beschwerde.
Fazit:
"Robin Hood" ist der beste Film über den englischen Outlaw, weil der Bogenschütze hier kein verkitschter Held in Strumpfhosen ist, weil er relativ ambivalent konstruiert ist und gelungen in einen glaubhaften historischen Rahmen eingebettet ist, auch wenn es nicht unbedingt zum authentischen Historien-Gemälde reicht. Ansonsten gibt es im positiven Sinn nichts Neues zu vermelden, nur, dass Crowe, Blanchett usw. gewohnt stark aufspielen und Ridley Scott handwerklich mal wieder gute Arbeit leistet. So ist "Robin Hood" ein durchweg unterhaltsamer Film, der punktuell mal am Mittelalter-Epos kratzt, dieses jedoch nicht ganz erreicht.
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