Multimilliardär und Lebemann Tony Stark hat sich geoutet, die Welt ist um ein Geheimnis ärmer und um eine Sensation reicher: er ist der fliegende Held im HighTech-Anzug, er ist Iron Man! Doch das Öffentlichmachen seiner Zweitidentität bedeutet für Stark nicht nur pompöse Egostreichler-Partys. Die US-Regierung macht Druck und will an seine überlegene Technologie, die der Exzentriker jedoch einzig bei sich selbst in den richtigen Händen sieht. Da kommt das russische Tüftler-Genie Ivan Vanko genau zur falschen Zeit. Der greift Stark in einer der Iron Man-Technologie nachempfundenen Rüstung während eines Formel 1 Rennens an und nur mit Mühe und Not kann der peitschenschwingende Whiplash besiegt werden. Zumindest vorerst, denn Starks Geschäftskonkurrent und Gernegroß Justin Hammer zeigt verstärktes Interesse an Vankos Fähigkeiten...
Sequels können wie zweite Dates sein: beim ersten hat man den anderen bereits ganz gut kennengelernt, jeder gibt sich Mühe, den bestmöglichen Eindruck zu hinterlassen, man entdeckt einiges liebenswürdiges am anderen und mit hohen Erwartungen und freudiger Erregung bricht man zum nächsten Treffen auf. Aber irgendwas geht schief, plötzlich hört man raus, dass der andere den verhassten Fussballverein favorisiert, die falsche Partei wählt und Rotwein zum Fisch trinkt, einige Marotten, die man beim ersten Mal ignorieren konnte oder die einem gar nicht aufgefallen sind häufen sich plötzlich und am Schluss geht man ziemlich enttäuscht nach Hause. Filme über Superhelden brauchen dafür in der Regel eher bis zum dritten Date, denn nach gelungener Vorstellung (siehe „X-Men", „Spider-Man", „Batman",...) können die direkten Nachfolger das liebe- und mühevoll etablierte Szenario sogar meist noch toppen (siehe die entsprechenden Sequels). Teil drei hingegen wird oft zum kurz vor dem Treffen sprießenden Pickel (Bat-Nippel in „Batman Forever"...), zum ätzenden Kumpel, der uneingeladen dazustößt (Brett Ratner übernimmt die Regie von „X-Men 3"...) oder zum Geständnis, dass der andere noch ein paar Eisen mehr im Feuer hat (zu viele Bösewichte in „Spider-Man 3"...). Von Jon Favreaus heißerwartetem Sequel „Iron Man 2" jedoch dürfte man demnach erwarten, dass er seinen tollen Vorgänger und Überraschungshit des Jahres 2008 noch übertrumpfen kann.
Der Film beginnt recht weit ab vom etablierten Stark'schen Glamour und Fun. Moskau, eine heruntergekommene Wohnung, ein alter Mann liegt im Sterben. Er ruft seinen Sohn an sein Bett, ein paar letzte Worte, dann stirb er. Und hinterlässt dem Sohn einige Blaupausen mit dem Namen Howard Stark darauf und während sich Ivan Vanko an die Arbeit macht und etwas zu fertigen beginnt, mit dem er es mit Tony Stark aufnehmen kann, verkündet dieser im Fernsehen, dass er Iron Man ist. Ein Zeitsprung von sechs Monaten, Tony Stark und Iron Man haben den Weltfrieden erfolgreich privatisiert, der narzistische Aufreißer lässt sich bei der Eröffnung der ein Jahr dauernden Stark Expo in New York von seinem Publikum feiern. Doch wenig später klopft die Wirklichkeit an, eine Regierungsbeamtin übergibt Stark eine Vorladung. „Iron Man 2" bemüht sich sehr stark, seinen Superhelden in eine wirkliche Welt zu integrieren und vor allem in eine, deren Interessen vorrangig millitärischer Natur sind. Bei einer Senatsanhörung wird Stark bedrängt, seine Technologie weiterzugeben, allerdings kann er sämtliche Verdachtsmomente, wonach andere Großmächte in naher Zukunft mit ähnlichem Fortschritt auftrumpfen könnten, gekonnt-überheblich bloßstellen.
Tatsächlich muss sich Stark mit sehr viel naheliegenderer Bedrohung herumschlagen: das Palladium, welches den Minireaktor antreibt, der ihn in seine Brust implaniert am Leben erhält, beginnt sein Blut zu vergiften. Jeder weitere Schritt Starks ist also einer, bei dem er sich seines baldigen Todes gewiss ist. So wird vorgesorgt, indem er seiner Assistentin Virginia „Pepper" Potts die Geschäftsleitung überträgt, ansonsten hat er aber weder Zeit noch Lust auf Trübsal blasen. Kurzehand geht es nach Monaco, der Fahrer des firmeneigenen Rennstalls wird aus dem Formel 1 Schlitten geworfen und Stark schwingt sich selbst waghalsig hinter das Steuer. Die Schauwerte des zweiten Teils toppen den Vorgänger bis hierhin bereits um Längen. Bot dieser als Location außerhalb der Vereinigten Staaten zerbombtes Wüstenland in Afghanistan geht es in „Iron Man 2" neben dem pompösen Stark Expo-Gelände und Tonys Strandresidenz in Malibu nun in das luxoriöse Fürstentum und auf die berühmte Grand Prix-Strecke. Auf eben dieser hat Ivan Vanko mit fertiggestellter Rüstung seinen Auftritt - und der definiert den Ausdruck bad ass gleich mal ganz neu. Mit seinen Energiepeitschen zerschneidet der wahnwitzige Russe die entgegenkommenden Boliden wie Butter und der anschließende Fight gegen Iron Man fetzt gewaltig. Mickey Rourke ist mit seiner ganzen Aufmachung und den mächtigen Peitschen eine beeindruckende Erscheinung und schon diese Szene lässt den Bosskampf des Vorgängers ziemlich altmetallisch aussehen.
Trotz dieser heftigen ersten großen Auseinandersetzung und dem bad ass-Faktor, den Mickey Rourkes Whiplash mitbringt, biegt „Iron Man 2" nicht auf die Daueractionspur ab. Mit Vanko, sowie Starks attraktiver und und im wahrsten Sinne schlagfertiger neuer Assistentin Natalie Rushman, die er sehr zum Missfallen „Peppers" einstellt, und dem schmierigen Stark-Nacheiferer Justin Hammer werden gleich mehrere neue Charaktere eingeführt. Zudem rückt nach Vankos vermeintlichem Tod, den Hammer zwecks dessen Gefängnisausbruchs inszeniert, nicht die Bedrohung durch einen Superschurken in den Mittelpunkt. Der Film bleibt bei Stark, greift insofern eine gewisse Routine des Comicgenres auf, indem er den Helden straucheln und zaudern lässt. Sein nahender Tod und der Druck von außen der nach Vankos Demonstration der Verwundbarkeit des Iron Man und selbsterklärten Gottes Tony Stark enorm zunimmt, veranlassen ihn zu allerlei abwegigem Handeln. Statt sich der Situation zu stellen veranstaltet Stark lieber im Anzug eine feucht-fröhliche Geburtstagsparty, die in einer heftigen Klopperei mit Freund „Rhodey" Rhodes endet, der Stark in einem älteren Modell des Iron Man-Anzugs zur Vernunft bringen will. Wie sein Vorläufer richtet auch „Iron Man 2" den Fokus sehr stark auf Mensch und Mann, Stark und Rhodes werden zu zwei Kneipenkumpeln, die eben nicht mit Bierflaschen, sondern HighTech-Kampfanzügen aufeinanderlosgehen. Da muss dann schonmal ein ganzes Penthouse dran glauben und als Rhodes schließlich mit der Rüstung von dannen fliegt scheint das Millitär seinen Willen zu bekommen und Justin Hammer scheint mit Vankos Hilfe den übermächtigen Tony Stark endlich ausstechen zu können.
Auch wenn weiter oben vom Wort Routine die Rede war trifft dies nicht auf viele Punkte von Justin Therouxs Drehbuch zu. Wie schon seine eigentliche Ambition zum Superheld werden ist Tony Stark auch in seinem Superheld sein keiner von der gewöhnlichen Sorte. Da ist ein fun lovin‘ bastard mit Allmachtsattitüde und gewaltigem Ego unterwegs, der auf dem Höhepunkt seines Ruhms mit einem Thema konfrontiert wird, dass nicht der freiwilligen Wahl „Held sein oder nicht Held sein" entspricht, keine Frage von Verantwortungsgefühl gegenüber dritten ist oder gar Selbstzweifeln. Tony Stark wird mit etwas superhelduntypsichem konfrontiert, nämlich der eigenen Sterblichkeit. Dem gegenüber fallen alle weiteren Handlungsstränge und Charaktere natürlich etwas in den Schatten, wollen aber dennoch adäquat untergebracht werden. Und hier klemmen die Schrauben ein wenig bei „Iron Man 2". Im Vorgänger war die Story kein zu vernachlässigendes Übel, sondern ihr Erzählen stand im Vordergrund, alles ging ohne viele Kurven straight voran. „Iron Man 2" hingegen nimmt viele Kurven, zu behaupten es wären zu viele wäre allerdings Blödsinn, da man einen Blockbuster wohl kaum dafür kritisieren kann zu viel Story erzählen zu wollen. Der Knackpunkt ist das wie. Therouxs Buch schmeißt mit vielen Themen um sich, die der Film nicht wirklich gut behandelt. Die Schauspieler, jeder für sich genommen und auch in der Interaktion miteinander, machen einen großartigen Job, dennoch häufen sich die Szenen, in denen irgendwie nichts richtig auf den Punkt gebracht wird. Ob Justin Hammer seine aufgeblasenen Stark-like Reden schwingt, Stark vorm Senat blasiert Rede und Antwort steht und sich „Pepper" gegenüber nicht offenbaren will und sich mit ihr in den Haaren liegt, oder generell beinahe überall da, wo es um die auftretenden Konflikte geht - vieles endet in unentwegtem Durcheinandergeschnatter ohne viel Sinn und Gehalt. An diesen vor allem dialogbedingten Makel verschenkt Favreau viele Szenen und kurvt, ganz seiner Filmrolle des Fahrers Happy Hogan entsprechend, recht planlos um das eigentliche Ziel herum, statt, besonders auf Schurkenseite, Motive zu schaffen und zu vertiefen und Seelenleben offen zu legen.
Das erwartet man nun natürlich nicht als erstes von einem Blockbuster und wenn die Darts oft am Bullseye vorbeifliegen kann man „Iron Man 2" zumindest den Wurfversuch anrechnen. Denn ansonsten landet der Film genügend Volltreffer, um trotzdem zu überzeugen. Zuvorderst ist Robert Downey jr.‘s Performance eine erstklassige Weiterführung seiner Leistung aus dem ersten Teil, seine Arroganz und Großkotzigkeit sorgen wieder für den sparsamer eingesetzten Humor und selbstverständlich ist allein schon er mühelos in der Lage, den Film in die passende Form zu bringen. Mickey Rourke bekommt für das, was er anzubieten hat, etwas wenig Screentime, leider grade während des Showdowns wäre ein längeres finales Duell sicher noch für einige spektakuläre Momente gut gewesen. Sam Rockwell ist als in allen Bereichen unter Stark stehender Justin Hammer gut, das zur Schau stellen seiner Unzulänglichkeiten und die beabsichtigt peinlichen Wannebe-Sprüche hätten aber locker halbiert werden können. Für Gwyneth Paltrow gilt ähnliches wie für Downey jr., ihre „Pepper" entzückt auch diesmal und bewahrt in jeder Situation die angebrachte Stärke, Scarlett Johansson wird lange auf Auftritte in engen Outfits beschränkt, bekommt aber gegen Ende einen netten und erfreulicherweise nicht aufgesetzt wirkenden Arschtrittmoment. Don Cheadle ist im Vergleich zu Terrence Howard der etwas präsentere „Rhodey" Rhodes, von ausgeschöpftem Talent kann man in seinem Fall allerdings am wenigsten sprechen. Aprospos: Samuel L. Jacksons Rolle des S.H.I.E.L.D.-Anführers Nick Fury bringt „Iron Man 2" nur sehr bedingt (dafür in einer Sache essentiell) voran, seine Auftritte dienen meist nur zu Einleitungszwecken des kommenden „The Avengers"-Films. Nett speziell für Kenner, wie auch der Gastauftritt von Captain Americas Schild (sowie die obligatorische Pre Credits-Szene), für „Iron Man 2" als solchen mehr überflüssiges Streck- und Füllmaterial.
„Iron Man 2" läuft nicht ganz so gut geölt wie sein Vorgänger, trotzdem sind bei dem Eisenschädel noch keine schwerwiegenden Abnutzungserscheinungen festzustellen. Als in den richtigen Abständen mächtig loslegendes Blockbusterkino ist die Comicadaption auch im zweiten Anlauf von hohem Unterhaltungswert, trick- und stunttechnisch perfekt präsentiert und sowohl mit dem Selbstbewusstsein, als auch der entsprechenden Schauwertsteigerung, die ein 585 Millionen-Vorläufer mit sich bringen. Die Geschichte eines der untypischsten, weil ICH-bezogendsten Superhelden wird ambitioniert, aber nicht immer rund und mit dem Hang zur Plapperei weitererzählt, wobei Robert Downey jr. viele Dellen und Kratzer ausmerzen kann. Mit dem Showdown präsentiert Jon Favreau zweifelsfrei nicht nur DAS Actionhighlight der bisherigen „Iron Man"-Filme, sondern überhaupt einen astreinen „Klotzen nicht Kleckern"-Leckerbissen, in dem sich zwar wieder nur Menschen in hochgerüsteten Anzügen Beulen ins Eisen kloppen, dies aber um gleich mehrere Stufen BOOMbastischer. Was der Iron Man und der mit ihm in den Kampf ziehende War Machine hier an Gegnerentsorgungsschnickschnack auspacken ist schon sehr gute Laune fördernd und nutzt das Potenzial der Kampfmaschinen zu heftigster Leinwandaction voll aus.