Nachdem das "Grindhouse" Double-Feature von Quentin Tarantino und Robert Rodriguez zunächst für Unverständnis beim amerikanischen Publikum sorgte und daraufhin sicherheitshalber in Europa die Beiträge "Death Proof" und "Planet Terror" als Einzelfilme ausgewertet wurden, erweist sich das Konzept inzwischen als fruchtbarer filmischer Mikrokosmos.
Denn zu "Grindhouse" gehörte ursprünglich auch noch eine Reihe fiktiver Trailer, die die Hommage an das klassische Schmuddelkino erst vollständig machten. Ein Grindhouse entspricht schließlich in etwa einem zwielichtigen Bahnhofskino, also dem Ort, an dem in den siebziger und frühren achtziger Jahre all die kleinen und gemeinen Billigreißer (vornehmlich aus Südeuropa) zu sehen waren: Söldner, Kannibalen, Zombies, Karate, Exploitation, Sexploitation, Nazi- und Nunploitation - die Liste ließe sich beliebig erweitern und der anrüchige Reiz dieser Filme wirkt auf das Fanpublikum bis heute nicht zuletzt aufgrund der mitunter unbeholfenen und plakativen Inszenierungen ungebrochen fort.
So verwundert es auch nicht, daß Inzwischen "Hobo with a Shotgun" als kompletter Film fertiggestellt wurde und Eli Roth vermutlich demnächst mit "Thanksgiving" nach "Hostel Part 2" eine erneute bundesdeutsche Beschlagnahme anstreben wird. Besonders beliebt war jedoch der Trailer für den Mexploitation-Streifen "Machete", der als einziger auch in Deutschland zu sehen war vor "Planet Terror". Nicht zuletzt durch den unermüdlichen Einsatz von Hauptdarsteller Danny Trejo, der Rodriguez ständig in den Ohren lag, kommt "Machete" nun ins Kino.
Ähnlich wie in den Blacksploitation-Filmen um schwarze Actionhelden wird nun in "Machete" die Potenz und phallische Allmacht des Mexikaners in Szene gesetzt. Der Film schwelgt in vorsätzlich schlecht choreographierten Action-Szenen, in denen vornehmlich Gliedmaßen abgetrennt oder Körper durchbohrt werden, doch "Machete" beweißt seine Männlichkeit auch in einigen plumpen Sexszenen und bedient somit die pubertären Phantasien des Publikums. Diese plakative Darstellungsweise, die die heimlichen Bedürfnisse des Zuschauers ernst nimmt halte ich im übrigen für wesentlich ehrlicher und konsequenter als die Prüderie, die sich im Gefolge des Spielbergianismus in den auf Hochglanz getrimmten Blockbustern breitgemacht hat. Die erbitterten moralischen Debatten um derartige angeblich gewaltverherrlichenden, sozialethisch desorientierenden und sexistischen Werke gibt eher den Filmen als den selbsternannten Tugendwächtern Recht, die immer wieder als verklemmte Eiferer auftreten und Indizierung und Verbot vor allem bei den zahllosen Low- und No-Budget-Produktionen anstreben. Ob es bei "Machete" ebenso ablaufen wird, oder ob man hierzulande erkennt, daß der Film ja vorsätzlich so gedreht wurde, es sich also um eine eklektizistische Auseinandersetzung mit den Spielregeln der Exploitation handelt, bleibt abzuwarten. Nach der Indizierung von "Planet Terror" (einer hervorragenden Meditation über Zombie-Filme, Barbecue, den Kampf gegen den Terror und die Problematik mexikanischer Einwanderer) ist jedoch ersteres zu vermuten.
Dabei hat auch "Machete" einiges an bewußt aufgesetzt wirkender politischer Aussage zu bieten, seine Eigenschaft als Billigfetzer ermöglicht es sogar, den Kommentar zur amerikanischen Migrationspolitik ohne Umschweife und recht bösartig in einigen Werbespots eines faschistoiden Senators (Robert de Niro) zu formulieren, die erschreckend an Fritz Hipplers Hetzfilm vom "Ewigen Juden" erinnern. Mexikaner werden darin mit Ungeziefer und Terroristen gleichgesetzt, mit einer schleichenden krebsartigen Infektion des amerikanischen Volkskörpers und die schockierendste Szene des Film dürfte wohl die kaltblütige Erschießung einer schwangeren illegalen Einwanderin durch die Grenzpatrouille darstellen - die letzte Konsequenz für all diejenigen, die sich den Mumpitz von der Reinheit des völkischen Blutes auf die Banner geschrieben haben.
So ist es im Rahmen des Films nur gerecht, wenn sich Machete mit She (ist hier vielleicht Che gemeint?) zusammentut und eine Revolution anzettelt, wohingegen der Senator sich schließlich als Mexikaner verkleiden muss und in seinem vielgepriesenen elektrischen Grenzzaun verendet.
Bei genauem Hinsehen denunziert Rodriguez daher eher die faschistoide Gesinnung, die in nahezu allen Actionhelden bzw. in ihren Macho-Ritualen um Macheten, Samuraischwerter und großkalibrigen Schußwaffen latent vorhanden ist, anstatt sie zu bedienen - ähnlich wie er bereits in "Planet Terror" die phallische Frau als Mutter der Zukunft darstellte. Der männliche Heroe wird im Wortsinne ans Kreuz genagelt, wohingegen die Frau nach schwerer Verwundung vom Objekt zum Subjekt wird (Rose McGowan musste ihr Bein verlieren, bei Michelle Rodriguez reicht ein Auge). Wenn dann aber schließlich Lindsay Lohan als Rächerin in Nonnenkluft auftritt, wird schnell wieder klar, daß Rodriguez vor allem eines im Sinn hatte: groben Unfug, der vor allem Spaß machen soll.