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Michael Douglas spielt erneut den Finanzhai Gordon Gekko, der nach einer mehrjährigen Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen wird. Er lernt einen jungen Banker, gespielt von Shia LaBeouf, kennen, der mit seiner Tochter, gespielt von Carey Mulligan, verlobt ist. Das aufstrebende, ambitionierte Talent sucht den Rat der Wall-Street-Legende, da er einen gerissenen Börsenhai, gespielt von Josh Brolin, stürzen will, weil er diesen für den Selbstmord seines Mentors, gespielt von Frank Langella, verantwortlich macht. Gekko seinerseits will wieder ein besseres Verhältnis zu seiner Tochter aufbauen, da diese schon seit Jahren nicht mehr mit ihm gesprochen hat.

Oliver Stones beste Zeiten liegen mittlerweile lang zurück. Wurde er in den 80ern regelmäßig vom Publikum gefeiert und mit Preisen überhäuft, für Werke wie "Wall Street", "Platoon", "Geboren am 4. Juli" oder "JFK", gelangen Mitte und Ende der 90er lediglich mit "Nixon" und "An jedem verdammten Sonntag" noch achtbare Filme, woraufhin er Flops wie "Alexander" und "World Trade Center" inszenierte. Es ist daher nachvollziehbar, dass Stone, natürlich auch aufgrund des Börsencrashs, wieder auf Gordon Gekko und "Wall Street" zurückgreift, um an alte Zeiten anknüpfen zu können, so scheint bereits der gewaltige Vorspann mit Bildern der Häuserschluchten New Yorks den 80ern entlaufen. Und tatsächlich gelingt Stone hier sein bester Film seit langem.

Stone hat eine interessante Geschichte mit ordentlichen Charakteren, die durchaus an Profil gewinnen, einige überraschende Wendungen, die den Film immer wieder an Fahrt aufnehmen lassen und zeigt sich als Geschichtenerzähler routiniert genug, dass durchweg ein gelungener Unterhaltungswert gegeben ist. Im Vordergrund stehen dabei Gekko, der im Gefängnis scheinbar genug Zeit zum Nachdenken hatte, um erkannt zu haben, dass Geld eben doch nicht alles im Leben ist, seine Tochter, die ihn für den Selbstmord des Bruders verantwortlich macht und sowohl mit dem großen Geld, als auch mit dem Finanzsystem wenig anfangen kann, es mitunter verteufelt und sein angehender Schwiegersohn, der zwar schnell aufsteigen und viel Geld verdienen will, aber nicht um jeden Preis. Denn er muss schnell erkennen, dass Ehrlichkeit, Idealismus und Menschlichkeit Eigenschaften sind, die ihm eher im Weg stehen, als dass sie ihm weiterhelfen. Aus dieser gelungenen Personenkonstellation heraus ist eine gewisse Dramaturgie gegeben, von der die weitere Handlung lebt.

Aber "Wall Street" ist selbstverständlich kein reines Familiendrama, es geht natürlich auch um die Börse, um Finanzmärkte, um große Haie und kleine Fische, um Gewinn und Verlust, um unmoralische Vorgänge, riskante Spekulationen und ein System, dessen Beteiligte vielleicht noch einmal reflektieren sollten, ob es noch einen Nutzen hat, oder sich in eine Richtung verändert, die dessen Untergang zur Folge hat. Stone zeichnet ein durchaus düsteres, aber auch realistisches Bild dieses Systems, das im Grunde aber auch nichts Neues zu bieten hat. Er veranschaulicht einiges ganz gut, wirft aber keine kontroversen Fragen auf, die ihn früher auszeichneten, wobei immer mal ein amüsanter Zynismus vorhanden ist. Zudem kreiert er mit der von Brolin verkörperten Figur ein allzu simples Feindbild, bringt aber auch viel berechtigte Kritik über diesen Charakter ein. Die Abrechnung mit der Wall Street fällt also solide aus, aber nicht nennenswert gut.

Handwerklich erkennt man von Anfang bis Ende, dass ein versierter Regisseur am Werk war. Stone zeigt neben der guten narrativen Arbeit vor allem visuell sein inszenatorisches Talent, liefert viele sehenswerte Bilder von Manhattan, schöne Kamerafahrten, opulente Aufnahmen, aber auch sehr moderne Einstellungen, die mitunter wie ein künstlich kreierter Cyberspace erscheinen. Dazu ist der Film auch musikalisch gekonnt und jederzeit der Stimmung entsprechend unterlegt, während der Oscar-Preisträger auch seinen starken Cast jederzeit perfekt in Szene zu setzen weiß. Hier und da übertreibt er es ein wenig mit seiner Bildsprache, etwa bei den zahlreichen Seifenblasen-Metaphern, aber wirklich ärgerlich ist bei diesem durchweg ordentlichen Film lediglich das miese Ende. Hätte sich ein nachdenklicher bis depressiver Ausgang eigentlich empfohlen, vollzieht Stone am Ende dann doch die 180°-Wende und steuert auf ein naives Happy-End zu.

Michael Douglas ist in der Rolle Gekkos dabei erneut überzeugend und wird seinem ambivalenten Charakter gerecht. Er trumpft sowohl als deprimierter alter Mann auf, der alles verloren hat, was ihm wichtig ist, aber auch als knallharter und eiskalter Geschäftsmann, auch wenn er die Gala-Vorstellung des ersten Teils nicht ganz wiederholen kann. Daneben ist ein ebenso überzeugender Shia LaBeouf zu sehen, der erneut sein Talent unter Beweis stellt, während Carey Mulligan sehr menschlich, authentisch und sympathisch in ihrer Rolle agiert. Die Nebenrollen sind ebenfalls sehr prominent besetzt, da wäre ein brillanter Josh Brolin, der den eiskalten Finanzhai mit kühlem Charisma und einer unglaublichen Leinwandpräsenz verkörpert, ein überzeugender Frank Langella sowie sehr kurze Auftritte von Susan Sarandon und Charlie Sheen.

Fazit:
"Wall Street - Geld schläft nicht" ist Stones bester Film seit langem, wenn auch mit vermeidbaren Fehlern. Mit einem starken Cast erzählt Stone eine über weite Strecken packende Geschichte, liefert dazu berechtigte, wenn auch simple Kritik am Finanzsystem und eine audiovisuell sehr gelungene Inszenierung ab. Mit dem kitschigen Ende hat sich Stone dabei definitiv keinen Gefallen getan, weswegen das Sequel wohl doch im übergroßen Schatten des Vorgängers bleiben wird.

71% 

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