Review

Diese Home-Invasion-Filme bringen nicht erst seit „Funny Games“ stets etwas Bedrückendes mit sich, denn schließlich wird der Ort, an dem man eigentlich abschalten und seine Privatsphäre genießen will, zu einem Platz der Erniedrigung und Angst.
Regisseur und Autor Paul Andrew Williams, der mit seinen Streifen „London to Brighton“ und „The Cottage“ zwei überdurchschnittlich gute Werke zustande brachte, scheitert hier ein wenig an der mangelnden Dramaturgie und dem enttäuschenden Ausgang.

Für das Mittelstandsehepaar Michael und Christine sollte es ein ganz gewöhnlicher Abend zuhause werden, als es an der Tür klingelt. Die drei Jugendlichen Rian, Asad und Teddy stürmen die Wohnung und knebeln beide, da sie mit ihrem Sohn Sebastian eine Rechnung offen haben, denn er verpfiff einen Freund bei der Polizei.
Nun wartet man auf das Eintrudeln von Sebastian, doch die Wartezeit gestaltet sich schwieriger, als von allen Parteien angenommen…

Die Story wurde quasi in Echtzeit wiedergegeben, welche um 19:52 mit den letzten Vorbereitungen zum Abendessen einsetzt. Leider sieht das Skript keine Sympathieträger als Opfer vor, was das spätere Mitfiebern nicht sonderlich ebnet. Man streitet sich, zickt sich an und diskuttiert über die Probleme von Sebastian.
Diese Alltäglichkeit des Gespräches untermauert zwar die spätere Extremsituation und veranschaulicht, wie unmittelbar das Idyll zunichte gemacht werden kann, doch etwas mehr Hintergrund hätte man sich in den ersten zehn Minuten durchaus gewünscht.

Mit dem Eindringen der Jugendlichen stellen sich Fragen über Absichten, mögliche Gewalttaten aber auch, inwieweit die Jungkriminellen beeinflussbar sind, was aufgrund der Klebebänder um den Mund zwar ein wenig schwer fällt, für kurze Intervalle jedoch möglich ist.
Interessant ist dabei das unterschiedliche Verhalten der drei zu beobachten, welches eine Mischung aus planlosem Vorgehen, jugendlicher Unbedarftheit und harten Reaktionen darstellt.
So durchstöbert Teddy erstmal in Ruhe das Badezimmer und testet Michaels After Shave, Rian telefoniert mit seiner Mom, die ihm einen Film aufnehmen soll, während Asad in einem ruhigeren Moment von seiner Familiensituation berichtet.

Asad stellt zweifelsohne den interessantesten Part der Figuren dar, denn seine Ambivalenz kann stellvertretend als Spiegel der zeitgenössischen (britischen) Jugendkultur verstanden werden: Ein raues Auftreten, doch ein weicher Kern mit moralischen Grundsätzen, welche er trotz mangelnder Empathie gegenüber den Opfern, immer wieder hervorhebt.
Ohnehin überzeugen die Figuren, denn es entsteht nicht der Eindruck, als wolle Williams über eine Generation erzählen, von der er keine Ahnung hat, während das Aufeinandertreffen zweier unterschiedlicher Sozialschichten nicht selten kleine Humoreinschübe mit sich bringt, etwa beim Durchsehen der DVD-Sammlung oder bei der Frage nach Christines Beruf.

Das kammerspielartige Treiben birgt auf Dauer jedoch auch kleinere Nachteile, denn das Geschehen ist fast auf einen Raum begrenzt und Warten bedeutet eben in diesem Fall auch, etwas planlos vorzugehen und ein wenig in den Abend hineinzuchillen.
Als es schließlich zu einer bestimmten Tat kommt, lässt sich diese nur über Audio-Merkmale erahnen, denn man bleibt im besagten Raum, während von oben Geräusche auf etwas hindeuten könnten. Was wirklich geschehen ist, lässt sich während des Showdowns allenfalls erahnen.

Jener Showdown enttäuscht allerdings und hinterlässt einen faden Beigeschmack, da er einerseits übers Knie gebrochen wird und andererseits einige Aspekte unbeantwortet lässt, die von essentieller Bedeutung sind, wie das endgültige Schicksal einiger Figuren.
Somit schwächelt letztlich auch die Aussagekraft dieses Thrillers, der bis dato kaum etwas falsch gemacht hat.

Schlussendlich überwiegen jedoch die positiven Aspekte, sofern man dem mitzufiebernden Sujet überhaupt etwas abgewinnen kann. Die Darsteller performen durch die Bank glaubhaft und lassen ihre Figuren authentisch erscheinen und auch wenn die Bedrohung nicht in die Gewaltdimension von „Funny Games“ vordringt, kann man nie sicher sein, was von den drei Eindringlingen zu erwarten ist. Das enttäuschende Finale versetzt dem Streifen zwar einen deutlichen Dämpfer, doch die bedrückende Grundatmosphäre und die damit einhergehende Spannung sprechen insgesamt für den Streifen.
6,5 von 10

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