Um sein Dorf zu retten, tötet der junge Kämpfer Ashitaka einen Dämon, wobei dessen Fluch auf ihn übergeht. Mit dem nahenden Tod als Gewissheit, begibt er sich in den Wald, dem die Bestie entstammte. Dort gerät er zwischen die Fronten eines Krieges zwischen den Göttern des Waldes, die die Gestalt verschiedener Tiere besitzen und der Belegschaft einer Eisenhütte, die auf der Suche nach Erz immer größere Waldflächen zerstört.
Für hervorragende und erfolgreiche Animationsfilme braucht es keine Monsterbudgets und Innovationen aus Hollywoods Trickschmiede, wie der japanische Regisseur, Autor und Grafiker Hayao Miyazaki immer wieder aufs Neue unter Beweis stellt. Dabei handelt es sich bei "Prinzessin Mononoke" definitiv um den besten Film des begnadeten Animations-Regisseurs, der immer noch auf herkömmlichen Zeichentrick setzt und sich nicht in diversen Computer-Animationen verliert.
Wie die meisten seiner Filme, überzeugt auch dieses Werk von Miyazaki zeichnerisch auf ganzer Linie. Mit teilweise malerischen Hintergründen unterlegt, gibt es visuell an "Prinzessin Mononoke" rein gar nichts auszusetzen, zumal sich die Macher hier nicht in ihrer Detailverliebtheit und den zahlreichen Figuren verlieren. Außerdem bietet die herkömmliche, wenn auch praktisch perfektionierte, Zeichentrick-Animation eine gelungene Abwechslung zu den, größtenteils am PC animierten Filmen den letzten Jahre. Dabei ist der Film klar an den klassischen Anime-Zeichenstil angelehnt, da dieser jedoch nicht überstrapaziert wird, wirkt das Geschehen auch für den deutschen Betrachter zu keinem Zeitpunkt befremdlich. Außerdem sind die Action-Szenen, die sehr dynamisch wirken, ebenfalls sehenswert und mit der erhöhten Brutalität (die den Film alles andere als kinderfreundlich gestaltet) sowohl einzigartig markant, als auch sehr eindringlich.
Hinzu kommt der enorm gefühlvolle Score von Joe Hisaishi, der sehr abwechslungsreich gerät und das Geschehen immer treffend unterlegt, ohne sich dabei in den Vordergrund zu spielen. So erreicht "Prinzessin Mononoke" auch akustisch nahezu die Perfektion und ist auf audiovisueller Ebene derart überzeugend, dass man sich auch bei einer schwachen Handlung wohl kaum hätte abwenden können.
Aber die Umsetzung, so gut sie auch sein mag, ist nicht das Wesentliche, das Einprägsamste, da sie lediglich das Vehikel für den Inhalt darstellt und, anders, als bei manch anderem Animationsfilm, ist der nicht nur gut, sondern hervorragend. Der Grundkonflikt zwischen der Natur, die hier über die zahlreichen Tiergötter und den Waldgott selbst personifiziert wird und eine romantisch/mystische Facette erhält und der menschlichen Zivilisation, die hier durch das Eisenwerk am Anfang der industriellen Revolution repräsentiert wird, wird nicht klischeehaft auf den Kampf Gut gegen Böse reduziert, wie es für Miyazaki wohl der einfachste Weg gewesen wäre.
Stattdessen wird der Konflikt um den Kaiser und seine Männer, die primär am Kopf des Waldgottes interessiert sind, da diesem mystische Kräfte zugeschrieben werden und um die Samurai, die ebenfalls Land und Tradition in Gefahr sehen, erweitert, während sich Hayao Miyazaki nicht auf Gut-Böse-Klischees einlässt und ambivalente Charaktere in den Grundkonflikt integriert, die der Story eine gewisse Tiefe verleihen. So schlägt sich der Protagonist Ashitaka auf keine der beiden Seiten, bringt durchaus Verständnis für die Besitzerin des Eisenwerkes auf, so ist ihm am Fortbestand des Werkes und seiner Arbeiter gelegen, will aber auch den Waldgott und die übrigen Tiere retten, zumal er sich in Mononoke verliebt, die mit den Wölfen aufgewachsen ist und die Menschen verachtet, obwohl sie selbst einer ist. Hinzu kommt die mitunter sympathische Konstruktion der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Eisenhütte und der Konflikt der verschiedenen Tierstämme untereinander, womit ein differenzierter, keineswegs einseitiger Blick auf den zentralen Konflikt gewährleistet wird und das Konstrukt durchaus epische Ausmaße annimmt.
Dass es sich bei "Prinzessin Mononoke" nicht nur um einen sehr guten Film, sondern ein Meisterwerk, vielleicht den besten Animationsfilm aller Zeiten, handelt, ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass Miyazaki in seinem Handlungskonstrukt den Überblick behält und es narrativ gekonnt und übersichtlich vorträgt. Dabei schafft er es, seinem Film mit seinen ambivalenten, aber doch sehr menschlichen, glaubhaften, teilweise sehr sympathischen Helden, Seele einzuhauchen und auch auf dramaturgischer Ebene zu fesseln, weswegen man seinem Film auch das etwas plakative Ende, das für Frieden zwischen der Öko- und der Zivilisations-Front wirbt, nicht krumm nehmen kann.
Fazit:
"Prinzessin Mononoke" ist nicht nur der beste Film von Hayao Miyazaki, sondern einer der besten Animationsfilme aller Zeiten (wenn nicht sogar der beste). Zeichnerisch, narrativ und akustisch exzellent umgesetzt, fesselt der japanische Zeichentrickfilm durchgehend und nimmt permanent an Fahrt auf, wobei er auch auf der inhaltlichen Ebene auf ganzer Linie überzeugt, da die ambivalenten Charaktere und der gelungen konstruierte Plot den zentralen Konflikt zwischen Mensch und Natur hervorragend und tiefgründig behandeln. Für die kleineren Zuschauer ist "Prinzessin Mononoke" dabei zwar nicht geeignet, aber umso deutlicher fällt der Appell an die übrigen Zuschauer aus: Lasst euch von Miyazaki in die Welt des Mystischen, Fantastischen entführen, bereuen werdet ihr es nicht.
96%