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Wie hoch liegt die Halbwertzeit bei einem Film, der damals auf der durch "Scream" ausgelösten Teenie-Slasher-Welle mit schwamm und dessen auffälligstes Merkmal sein ungewöhnlicher langer Titel ist ?

Der Spruch "Ich weiß was du letzten Sommer getan hast" widerspricht jeder Regel für einen griffigen Filmtitel und ist vielleicht gerade dadurch in unserem Sprachgebrauch gelandet - eine durchaus bemerkenswerte Entwicklung. Doch wie verhält es sich mit dem Film selbst nach knapp 10 Jahren ?

Betrachtet man die Schauspieler, so fällt auf, daß dieser Film für einige inzwischen sehr bekannte Akteure der Start in die Karriere war. Allerdings konnten sie sich nicht so recht von diesem Vorbild lösen - außer mit Abstrichen Ryan Phillipe fand Keiner der vier Hauptdarsteller ins ernsthafte Fach ,insgesamt blieben bei allen Protagonisten Zweifel hängen, ernsthafte Schauspieler zu sein.

Dabei fällt auch nach so langer Zeit noch die Frische des Films auf - Jennifer Love Hewitt agiert äußerst natürlich, Gellar wirkt noch nicht annähernd so abgemagert wie heute und auch Ryan Phillipe überzeugt als aggressiv - arroganter "Reiche-Leute-Sprößling". Einzig Freddie Prinze Jr. ist hier schon das, was er immer bleiben wird - der leicht langweilig wirkende Wunsch-Schwiegersohn.

Die Bildsprache des Films und die idyllische Optik wirkt fast ein wenig altmodisch, aber atmosphärisch dicht. Auf irgendwelche Mätzchen wird verzichtet und so unterscheidet sich der Film deutlich von heutigen Hochglanzprodukten, die dieses Genre vielleicht blutrünstiger, aber gleichzeitig auch austauschbarer gestalten.

Ähnlich verhält es sich mit der Story, die hier langsam entwickelt wird und psychologisch nachvollziehbar ist. Die vier jungen Menschen, die unmittelbar nach Beendigung ihrer High-School nur vor Selbstbewußtsein und positiver Erwartungshaltung in ihre Zukunft strotzten, werden jäh in den emotionalen Abgrund gestürzt, als sie auf der Heimfahrt einen unbekannten Mann überfahren. Sie versuchen den vermeintlich Toten zu "entsorgen", doch der regt sich noch kurz vor seiner Versenkung. Panikartig vollenden sie ihr Werk und fliehen vom Ort des Geschehens im Bewußtsein, einen Mord begangen zu haben.

Doch ganz so geschickt sind sie wohl bei der Vertuschung nicht vorgegangen, denn Irgendjemand weiß ,was sie letzten Sommer taten...

Wer den Film einmal gesehen hat, wird sich immer an die Grundzüge der Story erinnern - das liegt in der Natur der Sache - aber interessant bleiben die Details, die das Wiedersehen zum Vergnügen machen.
So konfrontiert uns der Film keine Sekunde mit dämlichen Verhaltensmustern, nicht einmal mit idiotischen Haltungen. Im Gegenteil - der typische Beginn mit den üblichen Loser/Winner-Mustern und dem Glauben an die eigene gloriose Zukunft wird völlig demontiert. "Ich weiß, was..." leistet sich durchaus einen kritischen Blick auf übliche "Ami - Ryten" und ist in seiner kompletten Ausgestaltung absolut ernsthaft.

Auch die jeweiligen Versuche das Getane zu verdrängen sind glaubwürdig, genauso wie die emotionalen Verbindungen zwischen den Protagonisten. Betrachtet man die üblichen später entstandenen "Teenie-Slasher" mit ihren meist dumm-dreist handelnden Akteuren, so sind solche Momente in denen Gellar traurig bemerkt, "früher wären sie doch beste Freundinnen gewesen" erstaunlich anrührend und noch weit entfernt von üblicher Kämpfer- und Durchhalte - Thematik.

Ohne zuviel in diesen der reinen Unterhaltung dienenden Film hinein interpretieren zu wollen, so kann man doch feststellen, daß "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" auch eine Parabel über das Erwachsen werden und den Zwang zur Konsequenz ist .Aus diesem Grund bin ich auch der Meinung, daß der Film bei seiner Entstehung keineswegs für eine Fortsetzung gedacht war, denn diese verrät den melancholischen Grundtenor der Geschichte und entläßt auch den Racheengel mit dem Haken in die Beliebigkeit.

Gerade diese altmodisch wirkende Anmutung - noch gestärkt durch die zurückhaltenden und eher wenigen Gewaltszenen - machen auch heute noch die Qualität des Films aus.

Fazit : früher Teenie-Slasher, der noch auf eine psychologisch fundierte Story setzt und eine logisch wirkende Lösung anbietet. Die Story selbst ist nicht besonders originell und nach dem ersten Ansehen kaum noch überraschend, aber "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" überzeugt mit einer dichten Atmosphäre und einem melancholischen Grundtenor, der weit entfernt ist von üblicher amerikanischer Zwangs-Fröhlichkeit.

Wenn man an diesen Film nicht mit der Erwartungshaltung herangeht, wieder die nächste Steigerung zu erleben, sondern sich auf die Stimmung darin einläßt, so kann "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" auch heute noch überzeugen - fast traurig, die Akteure so jung und erfrischend darin zu erleben mit dem Wissen, wie sich ihre weitere Karriere danach entwickelte (7/10).

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