Review

Die Boxwelt liefert wahrlich eine Menge interessanter Vorbilder, die innerhalb der nächsten Jahrzehnte noch verfilmt werden könnten. Der Halbschwergewichtler Micky Ward ist tendenziell zwar nicht so populär, doch hätte sich Regisseur David O. Russell nicht so deutlich auf die Milieustudie mit seinen familiären Konflikten konzentriert, würden ihm als reiner Actionfilm Substanz und Seele fehlen.

Dicky Eklund (Christian Bale) ist der Stolz von Lowell, Massachusetts, denn er stand einst mit Sugar Ray Leonard im Ring und trainiert seit jeher seinen jüngeren Halbbruder Micky Ward (Mark Wahlberg), den er gemeinsam mit seiner Mutter Alice (Melissa Leo) bislang unglücklich vermarktete.
Als Micky die Bardame Charlene (Amy Adams) kennen und lieben lernt und Dicky kurz darauf wegen erneuten Drogenkonsums im Knast landet, wittert der Boxer eine seiner letzten Chancen auf einen WM-Kampf…

Eine Zeit lang wirkt das heruntergekommene Arbeiterviertel der Unterschicht tatsächlich wie eine Parodie auf die typische Umgebung des White Trash. Die unzähligen Schwestern und Halbschwestern der Familie artikulieren sich wie die hinterletzten Bratzen und auch Mom Alice macht sich von vornherein unsympathisch als parteiisch unkontrolliert blubberndes Muttertier. Hinzu kommt der latent mindere Intellekt der umliegenden Anwohner und Freunde, denn niemand der Interviewten bemerkt, dass das TV-Team eine Reportage über den Crack-Konsum von Dicky dreht, anstatt ihn als ehemaligen Boxer zu glorifizieren.

Als Freund krachender Action vermisst man hingegen eine Zeit lang die fliegenden Fäuste im Ring, doch als es dann endlich im Fight gegen einen fast zehn Kilo schwereren Gegner geht, bemerkt man deutlich die Bemühungen der Choreographie, die Szenerie möglichst realistisch darzustellen, was in nahezu jeder Einstellung gelingt.
Auch später beim Titelkampf gegen Neary fliegen die Schweißperlen und scheinen die Fäuste manchmal wirklich zu treffen: Die Inszenierung der Kampfmomente ist effektiv und überzeugend ausgefallen, wozu Wahlberg nicht nur mit physischer Präsenz und Beweglichkeit beiträgt.

Denn darstellerisch glänzen hier neben Wahlberg in eher zurückhaltender Performance vor allem Christian Bale als völlig ausgemergelter Junkie mit Hang zu nervösen Bewegungen und einer merkwürdigen Haltung des Kopfes, als auch Melissa Leo als aufbrausende Übermutter.
Angenehm ruhige und auch sympathische Pendants verkörpern hingegen Amy Adams als warmherzige Freundin und Jack McGee als zurückhaltender Vater mit Herz.
Das Darstellerensemble liefert durch die Bank glaubwürdige und facettenreiche Auftritte ab.

Auch wenn die Menge an Kämpfen für reine Actionfans etwas zu kurz kommt, zumal jene sehr rasant inszeniert sind, so birgt auch der Konflikt zweier ungleicher Halbbrüder Momente zum Mitfiebern.
Zwar wirkt das Milieu an einigen Stellen arg überzeichnet und driftet mit zahlreichen Klischees ins Lächerliche ab, doch Dank hervorragender Mimen kann ein Großteil des leichten Leerlaufs im Mittelteil wieder wettgemacht werden.
Ein durchaus interessanter Streifen für Boxsportfreunde, mit vielleicht manchen Dialogen zuviel und einigen Ringszenen zu wenig, aber im Gesamtbild recht unterhaltsam.
Knapp
7 von 10

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