Review

Thunderball (1965, Terence Young)

„He always runs while others walk, he acts while other men just talk, he looks at this world and wants it all, so he strikes like Thunderball.”
- Tom Jones

Nach dem exorbitanten Publikumserfolg des dritten James-Bond-Films GF war es für die Produzenten Broccoli und Saltzman an der Zeit, Das Filmphänomen Bond endgültig auf den Weg in neue Sphären der Produktions- und Schauwerte zu schicken. So ist die Verfilmung von Ian Flemings Roman TB in erster Linie ein üppiges und fantasievolles Kinospektakel, das sich aber zugleich auf die dramaturgischen Stärken und das Arbenteuerflair des Erstlings DN zurückbesinnt, und zu diesem Zwecke sogar den Regisseur Terence Young zurück ins Boot holt. Die Vermengung und gleichzeitige Weiterentwicklung verschiedener Stärken der Vorgänger macht TB zu einem frühen Highlight der langlebigen Kinoserie, vor allem aber zu einem sehr vergnüglichen Film.

Die Geschichte um den Raub zweier Atombomben als Druckmittel für die Erpressung der westlichen Grossmächte dient Young eigentlich nur als Aufhänger für seine visuellen Schauwerte, aus denen er sich effektvoll seine eigentliche Geschichte spinnt. Mehr hätte TB auch gar nicht nötig gehabt, auch wenn es bestimmt interessant gewesen wäre, dem Film in dieser Hinsicht etwas mehr Ernsthaftigkeit und Spannung zuzuführen. So stehen aber die Unterhaltungsmechanismen im narrativen Fokus, und die sind absolut superb! Der zentrale Drehort und Schauplatz Bahamas wird von Young spektakulär und sehr atmosphärisch eingefangen und kombiniert auf wunderbare Weise pittoreskes Urlaubsfeeling mit zeitlosem, verwegenem Abenteuercharme. Dazu dienen Young die karibischen Strände immer wieder als stimmungsvolle Kulisse für seine clever arrangierten Actionsetpieces sowohl über als auch unter Wasser, wobei die Geschichte stets in Schwung gehalten wird. Die spektakulären und oftmals atemberaubenden Tauchaufnahmen bilden den visuellen Rahmen, was schon lange vor Bonds Ankunft auf den Bahamas im malerischen Vorspann von Designer Maurice Binder zu Tom Jones‘ fantastischem Titelsong mehr als deutlich angekündigt wird. Der Score von John Barry ist bis dahin sein allerbester und kontrastiert die farbigen Bilder gekonnt mit einer Breite an ruhigen und eleganten Klängen.

Wo Guy Hamiltons Regiestil im Vorgänger GF oftmals noch etwas ideenlos wirkte und seine eigenen Over-the-Top-Ambitionen mehr schlecht als recht erfüllen konnte beweist der bonderprobte Terence Young ein glückliches Händchen dafür, seinen Film erzählerisch aufzurollen. Young lässt sich Zeit, um seine Geschichte in edle Bilder zu verpacken und die Atmosphäre wirken zu lassen. Gleichzeitig ist TB aber zu weiten Teilen von abwechslungsreicher Handlungsdichte und energetischer Dramaturgie erfüllt, viele Szenen funktionieren auch für sich gesehen sehr gut, sind aber dennoch solide mit dem Handlungsrahmen verzahnt. Dieser narrative Kontrast geht wunderbar auf und verleiht dem Film eine kraftvolle Ruhe, die selten bis kaum in Leerlauf abzugleiten droht. Das Zusammenspiel von Kamera und dem wiederum sehr effektvollen und modernen Schnitt spielt den Akteuren und Stuntverantwortlichen auf ebenso einfallsreiche wie unauffällige Weise die Bälle zu und akzentuiert zugleich den atmosphärischen Charme. Besonders gelungen sind in dieser Hinsicht die intelligent integrierten Kampfszenen, alleine die Keilerei in der PTS, eine rasante und wuchtige Choreographie von Akteuren und Montage ist pures Gold wert. Seinen Höhepunkt findet TB aber in der spektakulären und bekannten Unterwasserschlacht am Ende, in der zahlreiche einzelne Aktionen und Kampfhandlungen auf überschaubarem Raum in den Tiefen des Meeres flüssig und markant an- und ineinander geschnitten und von Barrys Soundtrack weiter angeheizt werden.

Genau wie seine Vorgänger ist auch TB wieder von einer Riege bunter Charaktere bevölkert, die dem Film neben den Stärken der Action und der Inszenierung zusätzlichen Esprit verleihen. Adolfo Celi mag sich zwar nicht im Kreis der allerbesten Schurkengestalten einreihen, spielt aber vorzüglich als energischer Spectre-Topagent Emilio Largo, der auf der einen Seite Vitalität beweist und selber mit anpackt, auf der anderen aber einen weltmännischen Charme zur Schau stellt, der sich vor demjenigen von Bond nicht zu verstecken braucht. Dazu gesellen sich mit Claudine Auger als Largos ausgenutztes Protegée Domino und Luciana Paluzzi als feurige Killerin Fiona Volpe die beiden für mich attraktivsten Damen der gesamten Bondserie. Die süsse Unschuld und Reinheit von Domino kontrastiert dabei optimal mit Fionas feuriger Erotik, beide Frauen stellen in meinen Augen die bis heute kaum erreichten Prototypen zweier unterschiedlicher Bond-Girls dar und werten den Film zusätzlich auf. Zusätzliche Erotik gibt es in Gestalt von Bonds Assistentin Martine Beswick und seiner Kurtherapeutin Molly Peters, zwei kleine aber durchaus zweckdienliche Rollen. Wenn es an den Stränden der Karibik zu einem Abenteuer kommt darf natürlich auch Bonds amerikanischer Kollege Felix nicht fehlen, und der wieder einmal neubesetzte Rik Van Nutter geht typmässig genau in die Richtung, in der ich mir den lässigen CIA-Mann vorstelle. Gekrönt wird dieses rundum ausgewogene Ensemble natürlich erneut von Sean Connery, der in TB vielleicht nicht seine beste 007-Interpretation zum besten gibt, aber die Figur in seiner männlichen und eleganten Art immer noch prägend und passend verkörpert.

In Summe lässt sich von meiner Seite wahrlich nur wenig Negatives über den vierten Streich in der Bondgeschichte sagen. Die hintergründigen Aufhänger bleiben für ihr Bedrohungspotential etwas zu sehr an der Oberfläche, sind aber um ehrlich zu sein auch kaum von Nöten. Die ansonsten so feinsinnige Inszenierung wird in der ersten Hälfte durch den unpassenden und häufigen Einsatz von Wischblenden anstelle harter Schnitte etwas getrübt und im späteren Verlauf ist es die längere Szene beim Junkanoo, die im Kontext des Films eher farblos daherkommt und der Figur der Fiona Volpe kein allzu einfallsreiches Ende zugesteht. Von diesen beiden Makeln und der einen oder anderen Kleinigkeit abgesehen präsentiert sich TB jedoch als bunter und atmosphärischer Abenteuerfilm voller grandios aufgelegter Akteure, origineller Actionmomente und zeitloser Bildsprache. Kein absolutes Meisterwerk, aber ein wahrlich grosses Vergnügen.

Wertung: 8 / 10

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