Olaf Ittenbach hat zwar bereits einige stärkere Vorläufe hingelegt und auch schon mal heftiger gesplattert, doch man kann seinen Geschichten wahrlich keine mangelnde Innovation vorwerfen, mit der er uns in diesem Fall auf einen alptraumhaften Trip ins Grotesk-Surreale schickt.
Zentrum der Handlung ist Jennifer (Irene Holzfurtner), die mit ihrem Freund und dem kleinen Sohn einen Umzug in die eigenen vier Wände plant. Doch nachdem sie ihren Sohn zur älteren Nachbarin gab und ein Freund mit einer furchtbaren Tragödie zu ihr kam, ist nichts mehr wie es einmal war. Als sie nach dem Abtauchen in der Badewanne in einem Szenario aus Blut, Innereien und Leichenteilen aufwacht, sieht sich Jennifer einem Mutanten mit Tentakeln gegenüber, der ihr schrittweise das Geheimnis ihres Schicksals offenbart…
Der Einstieg gerät beinahe zu alltäglich und zu ausladend, so dass es nachfolgend eine Weile benötigt, um mit der Hauptfigur warm zu werden und etwas anderes als ihre permanente Nacktheit, gepaart mit leicht nervigem Geheule wahrzunehmen.
Aufgeteilt in farbliche Episoden, von Rot über Grün, Blau bis Gelb erklärt ihr die Kreatur den Weg des Leidens, - eine hohe Strafe, doch wofür?
Hat Jennifer etwas auf dem Kerbholz oder gar Leichen im Keller, bildet sie sich ihre heile Welt nur ein oder ist alles lediglich ein fieser Trip auf Drogen?
Nur langsam erschließt sich das Ziel, wobei Ittenbach einige Twists bereit hält, von denen nahezu alle sitzen.
Und während der Tentakelmann mit Schlachterschürze über Leben und Tod philosophiert, immer wieder Bedeutungen von Farben und Farbmischungen anführt, wird Jennifer von einer bizarren Situation in die nächste begleitet.
Angefangen vom Leichenraum über einen S/M-Keller, der Einsicht mehrerer Videos hin zu einem Bankraub und der Situation mit einem Kobold, fühlt man sich in einer Mischung aus „Saw“ und „Nightmare On Elm Street“ merkwürdig unbehaglich, weil man zunehmend ahnt, dass die Hauptfigur womöglich ein zweites Gesicht verborgen hält.
Inszenatorisch kommen die schlicht gehaltenen Kulissen gut zur Geltung, die Kamera arbeitet solide, der Schnitt setzt häufig rasche Szenenwechsel und der Score driftet in sphärische, aber durchaus adäquate Gefilde ab und auch die sonstige Soundabmischung ist vollends gelungen.
Einziges Manko ist der wenig dezente Einsatz der verschiedenen Farbfilter, der die Szenerien oftmals ein wenig verwaschen erscheinen lässt, wodurch etwaige Bluteffekte nur schwach zur Geltung kommen, wobei sich diese auf einige Einschüsse und Schnitte beschränken.
Die Darstellerriege liefert einen rundum ordentlichen Eindruck ab, Irene Holzfurtner spielt die Rolle der Leidenden recht gut und es gibt einen kleinen Gastauftritt von Timothy Balme („Braindead“) als Pathologen.
Die Geschichte an sich bietet einen durchdachten Faden, lediglich einige Kontinuitätslücken fallen leicht auf (Buch per Post, Einkauf, Drogendealer, S/M-Keller), die keine nähere Erläuterung erfahren oder schlichtweg außer Acht gelassen werden.
Ferner tummeln sich gegen Ende einige Wendungen zuviel, da hätte man es bei einer schlichteren Auflösung belassen sollen, anstatt immer noch einen nachzusetzen, obgleich das Ende durchaus versöhnlich erscheint.
Letztlich ist Ittenbachs „No Reason“ ein ordentlicher Genrebeitrag, der mit simplen Mitteln eine effektive Höllenszenerie entwirft, dabei jedoch erstaunlich blutleer bleibt.
Glaubhaft performt und sauber abgemischt könnte die Chose zuweilen ein wenig mehr Tempo und weniger Faseleien vertragen, doch im Endeffekt unterhält der Ausflug in Zwischenwelten der menschlichen Psyche ganz solide.
6,5 von 10