Killers from Beijing ist der missing link zwischen der Long Arm of the Law Trilogie [ 1984, 1987, 1989 ] - die neben der A Better Tomorrow und der Infernal Affairs Reihe die Saga schlechthin im neueren Kantonesischen Kino darstellt - und der Lumpenversion Hidden Enforcers, der 2002 eine Art Neuauflage der Geschichte präsentierte. Auch hier geht das Angebot in diesselbe Richtung. Erneut wird ein Bunch Festlandchinesen in das kapitalistische Hong Kong gelockt, wo man schnell vom Kommunismus und anderen Skrupeln abfällt und sich demgemäss auch beizeiten in einem Krieg zwischen Gangstern und Polizei wiederfindet. In der Hinsicht bietet man hier materiell nichts Neues, kreiert auch nicht die bis zum verzweifelten Zynismus reichende Reflexion von der Entsagung der Menschlichkeit wie bei A Punch to Revenge [ 1989 ] und wirft in Sachen formaler Attraktivität auch nicht gerade die absolute Hochleistungsmaschine an. Schafft es aber angesichts Vorgaben, Herkunft und sparsamer Mittel vor allem zu unterhalten, und dies auch noch mit etwas mehr Klasse als erwartet und gewohnt. Dabei eilt dem Film nicht wirklich ein Ruf voraus, und wenn dann höchstens ein sehr leiser; Regisseur Bowie Lau ist auch eher ein Mensch, der in irgendwie alles verwickelt ist und jede Tätigkeit der Unterhaltungsbranche ausübt. Nur nichts davon so richtig.
Von Director über Producer, Associate producer, Writer, Actor, Planning und Production Manager war schon fast die gesamte Palette an Beschäftigungsmöglichkeiten dabei, wobei die sechs anderen Regiearbeiten wie Deadly Camp, Haunted Office und To Seduce an Enemy nicht nur ausserhalb des Actiongenres angesiedelt waren, sondern auch dort keinerlei Reputation erzeugen konnten.
Umso erstaunter ist man als aufgeschlossener Zuschauer dann, dass das hiesige Projekt die Versprechungen aus dem grosstönenden Trailer anscheinend auch einlösen möchte und sich nicht beizeiten in anmassender Selbstüberschätzung auflöst. Das Intro steigt mit einer Vorstellung ein, die eines Dragon Squad würdig wäre und dort gleichfalls praktiziert wurde. Die jeweiligen Mitglieder der späteren Mercenary - Truppe werden getreu ihrer Fähigkeiten vorgestellt und mit einem schwarz/weiss festgehaltenen Standbild fixiert: Cat [ Patrick Tam ], Wan [ Chin Kar Lok ], Mui Choi [ Michael Tong ] und Pig Skin [ William Tuan ] sind Mitglieder der Chinesischen Militärpolizei und damit auch ausgebildete Kung Fu Master. Diese Fähigkeit behalten sie auch, nachdem sie unehrenhaft aus dem Dienst entlassen werden. Den Grund dafür bekommt man nicht erzählt und leider sieht man von ihren Martial Arts Künsten auch nichts mehr; sobald man die durchaus langgehaltene Exposition über die Bühne gebracht hat, sprechen nur noch die Waffen.
Die Geschichte verzichtet auf ein komplexes Geflecht aus Frage- und Infragestellungen, lässt sich aber trotzdem seine retardierenden Momente, bevor man sich an die Aufräumarbeiten macht. Zuerst kommt der Versuch einer Charakteristika der vier "Helden" und die Aufstellung der Motivation, sich vom Diener des Vaterlandes zum Handlanger eines Triadenbosses zu entwickeln und den Weg von China in die Großstadt anzutreten. Dabei spielt die unterminierende Kraft des Geldes natürlich die Hauptrolle im Zerrbild. Ohne die nötigen Finanzen ist die Gegenwart dröge und die Zukunft schwarz. Familie, Ehe, eigenes Heim stehen in weiter Ferne. Ausserdem kann man sich damit auch den nötigen Respekt erkaufen und die Leute daran hindern, auf einen herabzusehen.
In der heutig gebrochenen Gesellschaft ist das traditionelle Ethos der Ehre aufgelöst und nicht durch andere stabilisierende Faktoren ersetzt; nur in der Ex - Armeeinheit herrscht immer noch die Achtung vor dem Anderen und das strikte Vertrauen in die Gemeinschaft. Die vier ausgebildeten Einzelkämpfer werden nicht separiert betrachtet, sondern ineinander in ein Team verwoben, in dem Kameradschaft, Loyalität und Solidarität über den Tod hinausgehen und man alles für das Wohl des Freundes tut. Als sie sich dem Triadenschergen Chick [ Joe Ma ] anschliessen und dessen Boss beseitigen, müssen sie schnell lernen, dass man die Ideale einer Kumpanei nicht automatisch auf Aussenstehende übertragen kann und sich das erträumte Paradies als korrumpierte Illusion mit desolatem Inneren herausstellt.
Natürlich ist die Handlung trotz morality play Anklängen kein Modellfall sozialkritischer Filmarbeit über übersteigerten urbanen Egoismus. Sondern ein zuweilen schäbiges B - picture mit Hang zum Eigensinn, das weder Klischess noch Phrasen scheut und auch desöfters mit dem Sturrkopf voran durch die Drehbuchwand geht; anstatt auf jede Logikfalle und allgemein analytische Fähigkeiten zu achten. Man ist sich wohl auch bewusst, dass das kundige Publikum die narrative Abfolge des durchsichtigen Ränkespieles erahnen kann und hält deswegen auch bereits frühzeitig Vorahnungen des tragischen Endes bereit; eine mechanisch - klassische Plotkonstellation mit knapp formulierten Dialogen und dem programmierten Konflikt von Idee und Ideologie als Folge. Eine emotionale Verdichtung wird dabei durch polemische Absicht, viel Naivität und fragwürdig unsinnigen Wendungen verhindert. Die versucht dramatischen Szenen, vor allem bei andauerndenden Sterbemomenten zu getragenem Klang, wirken seltsam falsch und gehen dadurch regelmässig daneben. So klug kalkuliert ist man dann doch nicht, aber wenigstens schert man sich auch nicht zu sehr um seine offensichtlich vorhandenen Mankos und kombiniert es eher mit manchen [unfreiwillig] humoristischen Einfällen und Typenkomik.
Für die inszenatorische Dominante der Action ist Douglas Kung verantwortlich, der zwar nicht zu den Autoritäten der Materie gehört, aber auch bereits seit Ende der 90er seinen Beruf ausübt. Sich bei Miniklassikern wie City Cops, Point of No Return, Mission of Condor und Deadly Target verdient gemacht hat und sich dadurch gestärkt in die Bresche der Shootouts werfen kann. Sicherlich ist man von den einstmals glorreichen Tagen ein ganzes Stück weit entfernt und lässt die bestimmt eher schlichte Budgetkapazität auch keine weitflächigen Strassenschlachten oder andere opulente Spektakel zu. Aber man bindet immerhin genug Möglichkeiten für Gewaltkollisionen und Schusswechsel in den verschlissenen back alleys ein und legt sich dann bei der Umsetzung des Zündstoffes auch engagiert - disziplinierter ins Zeug.
Ist Ausdehnung und Rauminhalt noch so gering, so gelingen aufgrund der wohlbedacht zwischen Zeitlupe und Zeitraffer wechselnden Montage, der verstärkt treibenden Tonkunst und einiger ausgiebiger Blutpäckchen direkt in die Kameralinse immer wieder mal die gewisse rabiate Ausdruckskraft ausgeprägten Stilwillens, die der Film auch für sein Weiterkommen benötigt. Der Ausbruch der widerborstigen Brutalität in streng regionaler Ordnung und Übersicht erwächst nicht aus Verzweiflung oder blossem Überlebenswillen, sondern zum Ziel des Weiterkommens im Machtgeflecht. Eine shoot to kill Haltung, die die Gewalt in einer grausamen Welt gegenseitiger Ausnutzung bejaht und für die Frontkämpfer A.D. in ihrer sozial deklassierten Situation folglich nur adäquat ist.