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1958 stellten die jugendlichen Charles Starkweather und Caril Fugate in Dakota ein Massaker an. Starkweather ermordete die gesamte Familie Fugates, gemeinsam fuhren sie in eine gesetzlose Zukunft voller Chaos und Mord. Ihr Trip dauerte nur kurz an. Sie wurden gefasst, und Starkweather wurde zum Tode verurteilt. 1973 sind es genau diese beiden kindlichen Serienkiller, die den Filmemacher Terrence Mallick dazu inspirierten, seinen Film "Badlands" zu drehen, einer biographischen, ruhigen Meditation über jenes chaotische, und doch liebevolle Leben zweier verwirrter, junger Menschen.

Kit Carruthers (Martin Sheen) ist ein neunzehnjähriger, elternloser Arbeiter bei der Müllabfuhr. Er verliebt sich in die behütete, erst 15 Jahre alte Mittelklassentochter Holly Sargis (Sissy Spacek), deren Vater (Warren Oates) streng gegen die Beziehung ist. Weder der Altersunterschied, noch die Tatsache, dass seine Tochter mit einem Jungen von der Müllabfuhr ausgeht, sind akzeptabel für den Mann. Doch Kit hat ehrgeizigere Pläne mit Holly: Eines Abends erschießt er vor Hollys Augen ihren Vater, und flieht mir ihr hinaus in die weite Welt, weiterhin bereit jeden niederzuschießen, der sich dem jungen Paar in den Weg stellt.

Kit und Holly sind Kinder, unschuldige, verwirrte, weltfremde Kreaturen, die aus einer völlig verzerrten Motivation heraus handeln. Sich zwar den gerichtlichen Konsequenzen bewusst, scheint Kit dennoch emotional gestört zu sein. Nachdem er Hollys Vater umgebracht hat, herrscht zunächst Stille zwischen dem Paar. Erst am Ende des Films entschuldigt sich Kit bei Holly für den Mord an ihrem einzigen engen Verwandten, und bietet ihr bizarrerweise an, sich irgendwann mal zusammenzusetzen, und darüber zu reden - jedoch sind ihm in dem Moment bereits Handschellen angelegt.

Holly dagegen scheint emotional völlig unbeteiligt zu sein. Mit Gleichgültigkeit stellt sie kurz vor dem Finale fest, dass sie den Mann, mit dem sie durch eine bluttriefende Hölle aus Chaos und Gewalt geht, nur um nicht allein zu sein, gar nicht mehr liebt. Sie geht zwar mit Kit den Weg, jedoch heißt sie weder Kits Brutalität gut, noch glaubt sie daran, dass sie beiden als Paar diese Situation überstehen könnten. Ähnlich wie Kit scheint sie zwar zu realisieren, was für eine drastische Gewalt vor ihren Augen passiert, und dass sie beide sich dafür verantworten werden müssen, jedoch kämpft sie nicht dagegen an, und verliert sich wie Kit in einer "Es kommt, wie es kommen muss"-Attitüde. Als wäre es ein schlechter Traum, aus dem bald alle wieder aufwachen.

Wobei der Vergleich mit dem Traum nicht wirklich hinkt, denn "Badlands" ist ein einziger gigantischer Traum. Mallicks konstant fantastische Regie, sein ungewöhnlicher Schnitt und seine umwerfend schönen Bilder fesseln den Zuschauer, während die Schauspieler trotz emotionalem Spiel auf objektiver Distanz gewahrt bleiben. Mallick zeigt uns wunderbare Bilder von kräftigen Landschaften, einem dunkelblauen Horizont mit einer gleißenden, untergehenden Sonne im Hintergrund, wundervolle Aufnahmen durch die Wolken des Himmels hindurch zu eben jener Sonne, aus dem Flugzeug heraus geschossen.

Mallick scheint mehr ein Poet sein zu wollen, als ein reinrassiger Filmemacher. Er geht einen durchweg eigenwilligen Weg. Manche Szenen scheinen unzusammenhängend montiert, manches unentschlossen und ohne Hintergedanken gedreht. Aber Mallick spricht "Badlands" nicht die Filmsprache der linearen Erzählweise, sondern verbindet seine hypnotisch-schöne Visualität mit einer beobachtenden Haltung und einer wunderschönen Musik. Mallick sträubt sich dagegen eine feste Aussage, einen klaren, moralischen Anspruch am Ende des Films zu erfüllen, sondern bleibt philosophisch und eher kryptisch-vielsagend, als alles andere.

"Badlands" ist ein faszinierendes Werk. Eine wundervolle Mischung aus Liebesdrama, sozialem Kommentar auf Amerika, Roadmovie und Gewaltstudie. Ein metaphorischer Film, so wunderschön, wie simpel.

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