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Bekanntermaßen hat die zunehmende Gewaltbereitschaft Jugendlicher in den vergangenen Jahren in den Medien regelmäßig für Schlagzeilen gesorgt und gleichermaßen war es für einige Filmemacher der Antrieb, diese Tendenz zum eigenen Thriller umzufunktionieren.
„Eden Lake“ und „Them“ haben in diesem Bereich ordentlich vorgelegt, doch der etwas eigenwillige Beitrag des britischen Regisseurs Johannes Roberts ist trotz oder gerade wegen seiner ungewöhnlichen Zusammensetzung nicht zu verachten.

Im Mittelpunkt steht der desillusionierte Lehrer Robert Anderson (David Schofield), der von einem Schüler die Nase gebrochen bekommt, weil er ihm ein „F“ (wie ungenügend oder durchgefallen) für seine Arbeit gab. Anstatt den Schüler von der Schuler zu verweisen, wird Robert beurlaubt. Er wird zum Alkoholiker, Frau und Tochter Kate wenden sich von ihm ab und just an dem Abend, als Robert seine Tochter Kate nachsitzen lässt, will ihm niemand glauben schenken, als vermummte Jugendliche das Gebäude unsicher machen…

Die Handlung setzt zu Beginn untypische Schwerpunkte und widmet sich zunächst ausschließlich Robert und seinem Umfeld, was zunächst wie eine bittere Studie sozialer Ungerechtigkeit anmutet. Der Job eines Lehrers erscheint nicht gerade beneidenswert, umso nachvollziehbarer wird es, dass sich Robert mit dem Problem zunehmender Gewalt Jugendlicher beschäftigt und dieses mit einer Rundmail sämtlichen Kollegen vermittelt, welche ihn daraufhin und speziell an jenem Abend nicht mehr ernst nehmen.
Ein zynischer Aspekt, der im Verlauf der zweiten Hälfte umso mehr an Bedeutung gewinnt.

Die Bedrohung schleicht sich schließlich in Form Jugendlicher ins nahezu verlassene Schulgebäude, deren Gesichter im Dunkel der Kapuzen komplett verschwinden. Hinzu kommt die Tatsache, dass diese zu keiner Zeit sprechen und katzenähnlich über Regale, Tische oder Geländer huschen, was ihnen eine gewisse Form von Überlegenheit einräumt, obgleich sie natürlich nicht unverwundbar sind.
Gorefreunde werden sich zunächst wundern, dass Szenen häufig damit enden, wie das Opfer umzingelt ist und jemand mit einer Waffe ausholt, als wäre eine gnadenlose Zensur angesetzt worden, doch weit gefehlt. Denn während die eigentliche Tat nicht zu sehen ist, gibt es später ein paar deftige Einlagen zugerichteter Opfer, wobei die Sportlehrerin in Sachen Entstellungen schon rekordverdächtig aussieht.

Was der beklemmende Atmosphäre zusätzlich dient, ist die hervorragende Ausleuchtung der schummrigen Flure und verwaisten Klassenzimmer und die grundsolide Kameraarbeit, welche auch mal die beobachtende Perspektive der Eindringlinge einnimmt, etwa hinter einem Vorhang oder dem schmalen Schlitz eines Regals.
Ferner ist der markante Score zu erwähnen, der ab und an einen Kindergesang mit viel Hall einbindet und auch sonst recht nuanciert abgestimmt ist.
Auf darstellerischer Seite fällt hingegen lediglich David Schofield als Robert auf, obgleich der Rest der Riege durchweg überzeugend performt, was nicht zuletzt auf seine ambivalente und zugleich starke Figur zurückzuführen ist.

Zugegeben, wer hier einen gängigen Slasher im Milieu einer leeren Schule mit nur wenigen Anwesenden erwartet, könnte ein wenig enttäuscht werden, da die Konfrontationen dramaturgisch ungewöhnlich in Szene gesetzt sind und die potentiellen Opfer überwiegend Erwachsene sind. Auch das Ende dürfte einigen Betrachtern missfallen, da eine moralische Entscheidung im Raum steht, die bis zuletzt nicht eindeutig beantwortet wird.
Dennoch wissen die rund 78 Minuten in ihren Bann zu ziehen, denn die Unberechenbarkeit der gesichtslosen Angreifer im Zusammenspiel mit dem bitter-ironischen Unterton bringt eine außergewöhnliche Mischung, welche noch Raum für Feinheiten zwischen den Zeilen bietet.
7,5 von 10

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