Review

"Eins, zwei - Freddy kam vorbei!" - womit wir die Pflichtaufgabe denn nun auch endlich hinter uns haben.
Lange hat er uns warten lassen, aber dennoch war das Wiedersehen, die Wiederbelebung, unausweichlich und unbedingt.
Es war einfach an der Zeit, denn spätestens als die Parodien auf Horrorerfolge sich nur noch selbst kopierten, blieb den demographischen Zuschnittsautoren, die selbst nie mehr als die offensive Variante des Horrors seit den späten 70ern mitbekommen haben, als immer mehr und später alles erlaubt, nichts anderes mehr übrig, als die alten Erfolge einfach für eine nachgewachsene Klientel neu einzuspielen, weil man den Kindern dank der überlichtschnellen Übersättigung der universellen Globalität nichts als zeitlos und unsterblich mehr verkaufen kann, was älter als zwanzig Jahre ist.

Also kaute man all die Ikonen des Horrors erneut durch, ohne sich in ihren soziologischen oder zeitgeschichtlichen Kontext mehr als halbgar verstanden zu haben, mehr Oberfläche, weniger Substanz = mehr Taschengeld an der Kinokasse.
Man verpaßte Leatherface und seiner Kettensäge einen omnipotenten Schmuddellook und einer wohlgeformten Magd ein verschwitzes, aber prall gefülltes T-Shirt, kondensierte für den Hockeystar Jason mal eben eine zehnteilige Filmserie auf den Sud ein und rekapitulierte dabei ironisierend einige Klischeeversatzstücke und verhedderte sich bei Michael Meier (oder so) irgendwo zwischen sozial abgründiger Vision und der Absicht, eben die bekannten Storybestandteile zu einem ins Genre passenden, aber absurden Gegenversuch aufzubrechen. Halbgare Experimente und alberne Spielereien - da war der Weg zum Traumdämon Freddy Krüger nicht weit, auch wenn Rob Zombie noch einmal versuchte, mit einer Fortsetzung den eigentlichen Spirit zu retten.

"A Nightmare on Elm Street 2010" ist nun die logische Folgeerscheinung dieser kreativen Einfallslosigkeiten und unausgegorenen Ansätze - die Kapitulation vor der Innovations, während der Renovierung.
Kurz gesagt: Musikvideoregisseur Samuel Bayers Neuverfilmung traut sich überhaupt nichts, sondern verhält sich wie das Mädchen, nachdem sie von dem heranwachsenden Mitschüler, den sie irgendwie mag, zum ersten Sex überredet wurde und dann feststellt, daß er es (noch) nicht draufhaut, stillhalten, dann wirds schon bald überstanden sein.
Bayer, der sich für kreativ genug hält, die marginalen Änderungen am Originalskript Cravens, als eine ungeheure artistische Leistung seinerseits zu verkaufen, inszeniert eigentlich den alten Film noch einmal nach, stellt ein paar Sets um und verändert die Personenkonstellationen latent, aber sonst ist es der gleiche Film.
Da ist es dann auch soft gesagt, scheißegal, ob Freddy Krüger nun für diesen Film von einem Kindsmörder zu einem pädophilen Kleinkindschläger mutiert ist (mehr deutet der Film nicht an, die Kinder haben lediglich Striemen, keine sexuellen Traumata - soviel zur erzählerischen Innovation), schlußendlich sind wieder die Väter und Mutter für den schmucken Barbequeue-Looks des Krügerschen Gesichts verantwortlich und die Kids müssen es ausbaden.

Immerhin, Bayer tritt das Objekt seiner Begierde nicht mit Füßen und macht es auch nicht lächerlich, vielmehr kleidet er die Jugendlichen in diesem Film in noch grimmigere Bilder als Wes Craven, der just Erfolg damit hatte, hinter die schmucke, bunte Mittelklassefassade zu blicken und die düstere Vergangenheit auszugraben. Stattdessen präsentiert sich hier eine Gruppe von Schülern eher grimmig-trübe im Diner, macht finstere Miene auf der Beerdigung und geht sich nicht mal an die Wäsche, als dazu Gelegenheit wäre. Mittendrin Rooney Mara als neue Hoffnung der Marke "Ich laß den Teenstar bald hinter mir", die so abgründig verzweifelt ihre Rolle als Schülerin/Dinerbedienung/sich kreativ ausdrückende Indiebraut gibt, daß die wenigen Lächelattacken fast schmerzhaft motiviert wirken. Glückliche Kindheit war gestern - nur leider macht Bayer nichts aus den Kids von heute, ein paar Pillen, kein Alkohol, keine Drogen, kein Sex - die Opfer von heute sind enorm puritanisch.

Wenn es dann ins Traumland geht, bleibt der Film sich und dem Vorbild treu, allein die mäandernde Spannungsmusik deutet viel zu oft viel zu schnell an, daß jetzt von der Wache-Ebene weggeblendet wurde, wobei aber angenehm zu vermerken ist, daß die exaltierten Traumwelten der realistischen Gruselumgebung des Original-Originals angepaßt wurden.
Alles also im Gleichschritt, allein die Bedrohung durch das Schlafen-Müssens kommt nicht halb so schmerzhaft rüber wie noch im Vorgänger, weswegen der Plot auch stets so wirkt, als müsse man ihn nun mal gezwungen durchexerzieren und gut ist es dann.

Bleibt noch die Ikone Freddy Krüger, die von Jackie Earle Haley wenigstens optisch ähnlich grimmig dem Englund-Vorbild nachempfunden wurde, Haleys schmales Wieselgesicht wirkt dabei zwar verstörender proportioniert, es fehlt aber die Persönlichkeit, das signifikant-sadistische Leuchten Robert Englunds, der das Wahnsinnige besser aufs Tapet brachte. Ein paar grimmige Sprüche sind vorhanden, rumgealbert wird aber selten, dafür greift Bayer öfter in die graphische Splatterkiste, ohne jedoch alles unsäglich auszuwalzen.
Das summiert sich nach dem Film zu dem Eindruck, eben den gleichen Film ein Vierteljahrhundert später noch mal gesehen zu haben, ohne daß sich in der Welt irgendwas groß geändert hätte. Es ist ein solider Horrorfilm, der aber von dem Echo des Bekannten, Berühmten lebt, ohne daß er eben nur ein weiterer ordentlicher Grusler mit Traumbezügen wäre. Stilbildend, modern oder zielgerichtet auf aktuelle Probleme und Ängste, ist er keinesfalls.

So macht Bayer genau das, was der Film darstellt, ein kaum angreifbares Cash-In mit einem großen Namen, er macht es recht gut, er macht es nicht zu speziell, zu individuell oder zu abstrakt. Er macht Kohle, weil es "Nightmare" ist, aber hat dazu keine Ideen, die Ideen waren vor ihm da, die Bilder auch, die Bedrohung, die Gefahr. Nachbau ohne schöpferische Kraft, aber wenigstens mit einer Portion nötigen Ernst. Brauchbar gespielt, sauber getrickst, antiseptisch. Warum auch nicht - den Teenagern beizubringen, wie aus Innovationen Langzeitqualitäten generiert werden, ist so erfolgsversprechend, wie PC-Spiele zu verbieten.
Das Reboot als Mikrowellenmenu, aber mit dem Namen vom Meisterkoch drauf. Ist das jetzt der Untergang des Abendlandes oder besser als nichts? (6/10)

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