Abteilung: Sauberer Schuss ins Klo.
"A Nightmare On Elm Street" hieß es heute für mich und einen Freund. Toll, dachte ich mir so nebenbei, die alten Teile um Fred Krueger hab ich nie im Kino gesehen (entweder zu jung oder schlicht nicht geboren), das kann ich ja jetzt mit dem Remake nachholen! Den Trailer fand ich nämlich ganz nett, und nach dem völlig verhunzten Remake vom 13. Freitag konnte es wirklich nicht weiter bergab gehen. Zur Verteidigung des Films und als kleines Fazit vorneweg: Schlechter als Jasons Rückher ist der neue Freddy nicht, er fährt viel mehr auf der selben, unspektakulären Schiene.
Zu Beginn der Vorstellung griff mein Freund und Sitznachbar unter seinen Sessel in feuchten Kaugummi. Ein böses Omen, dachte ich noch scherzhaft. Jetzt mein ich es völlig ernst.
Jetzt dehnte sich der Film nämlich wie Kaugummi vor uns aus. Der Vorspann flimmerte, einige gute Namen (Wes Craven), einige schlechte Namen (Michael Bay) erschienen. Und bereits während der ersten fünf Minuten durfte der neue Freddy Krueger mal kurz erscheinen und seinem ersten Opfer frontal die Hand (fast) zerteilen. Das geschiet alles in einem Cafe', wo die leicht schüchterne Nancy arbeitet. Schon jetzt merkt man: Nancy ist die einzige, die den Flug vom Original zum Remake überlebt hat. Alle anderen agieren zwar ähnlich wie ihre fast dreißig Jahre alten Vorbilder, heißen aber anders und haben auch andere Eigenschaften. Warum? Na, darum!
Nun ist es schwer, die Handlung noch aus dem Film zu filtern und in eine schöne Inhaltsangabe zu packen, da das Remake gar keine richtigen Geschichte hat. Vielleicht liegt es daran, dass ich das Original gesehen habe und mittlerweile weiß, wie da der Hase lief, denn hier interessiert es mich nicht die Bohne. Wenn ich alles mühsam zusammenkratze komme ich auf eine Reihe farbloser Teenager, die immer den selben Traum haben. Ein verbrannter Mann mit hässlichem Pullover und altem Stinkehut. Ein Junge namens Dean Russel erwischt es zuerst. Mit den Worten "Du bist nicht real!" schneidet er sich im eben genannten Cafe' die Kehle durch. Ach du große Scheiße, was ist denn da passiert?
Zugegeben, hier kommt Nancy mitsamt Anhang etwas schneller darauf, wer hier Faxen macht. Der Name Freddy Krueger fällt recht schnell und bereits nach dreißig oder vierzig Minuten kriegen wir eine nette Rückblende präsentiert. Fred Krueger als Hausmeister in einem Kindergarten. Spielt mit den kleinen Kindern, die für ihn das ein und alles sind. Doch hinter der betont freundlichen Fassade versteckt sich ein pädophiler, (wie so oft) unscheinbarer Mann, der die Kinder in seine "Höhle" lockt und da Dinge mit ihnen macht, die zwar unerwähnt, aber trotzdem deutlich sind. Aus Selbstjustiz verfolgten die Eltern der Kinder nun Krueger und verbrannten ihn bei lebendigen Leib. Die restliche Geschichte dürfte jedem bekannt sein.
Jetzt machen einige ein Riesenfass auf, weil Fred Krueger hier vom Kindermörder zum Kindervergewaltiger wurde. Manche fallen deswegen sogar tot um oder kriegen nervöse Zuckungen. Ganz so hauteng seh ich die Sache nun wirklich nicht, eher empfinde ich diese Änderung als eine der ganz wenig guten Neuerungen. Anno 1984 war ein Kindermörder nun mal das Höchstmaß, was man in einem Horrorfilm verarbeiten konnte, und schon damals werden sich welche gedacht haben, dass man sowas doch nicht zeigen kann. Heute sagen jene Jünger, die sich für den damaligen Film einsetzen "Pfui" zum neuen, pädophilen Freddy. Dabei ist das einfach nur konsequent, ist das Thema der Kinderschänderei doch heute aktuell und verachtenswert. Wie könnte man also besser diese Ängste und seelischen Abgründe darstellen, als durch eine neu aufgelegte Horrorikone, die ohnehin schon immer eine Schwäche für Kinder hatte?
Genug gepredigt. Bis auf diese nennenswerte Neuerung ist der Film nämlich uninspiriert und lieblos. Jackie Earle Haley macht als neuer Krueger einen guten Job, auch wenn die Maske ihm noch weniger Spielraum lässt wie zu jenen Zeiten Robert Englund. Leider sind aber (und auch nur teilweise) die 1:1 kopierten Szenen aus dem Original sehenswert, und das ist doch wirklich ein Armutszeugnis. Alles, was hinzugedichtet wurde, um die Geschichte "aktueller" zu machen tut schrecklich weh. Da wird im Internet dauerhaft mit einem merkwürdigen Google-Klon namens "Gigablast" (gibts tatsächlich) gesurft. Google durfte man wohl nicht zeigen. Ein anderer Jugendlicher teilt seine Leiden in seinen Träumen per Blog anderen Usern mit (warum eigentlich?).
Dann waren da natürlich noch die Schock- und Spannungsmomente. Entweder ich hatte einen schlechten Tag oder der Film war so erschreckend wie eine nasse Socke. Es kam wirklich überhaupt nichts rüber. Immer die selbe Schockmethode wurde benutzt. Erst unheilvolle Stille, dann plötzlich ein lauter Ton und Freddy, der aus irgendeiner Ecke schießt. Die Tatsache, dass diese Schocks den Film extrem vorhersehbar machen, ist alles andere als schön. Dadurch erst entsteht eine unsagbare Langeweile. Ich für meinen Teil habe mich mehr erschrocken, wenn im Kino jemand gehustet hat. Und das Finale erst... so etwas lahmes hab ich noch nicht gesehen. Freddy wird in die reale Welt gezogen, Nancy schneidet ihm den Hals auf, lässt ihn liegen und verbrennt ihn erneut. Boah.
Bis auf Harley würde ich dem gesamten Cast auch gerne mal sagen, dass sie in einem Film mitspielen, nicht in einer Werbung für Schlaftabletten. So kommen hier nämlich alle rüber. Da ist keiner bei, mit dem ich ansatzweise mitfiebern konnte, stattdessen agiert hier einer nutzloser und austauschbarer als der andere. Kyle Gallner als Quentin ist ein Unsympath erster Güte... und darf überleben... nach gefühlten zwanzig Stichen von Freddys Handschuhen... nachdem er quer durchs Zimmer gefeuert wurde. Total glaubhaft, aber damit hat es der Film eh nicht so. Die Charaktere schlafen teilweise an Plätzen ein, wo ich nichtmal an Schlaf denken würde. Quentin selbst pennt beim schwimmen (!) ein, Nancy beim laufen. Genau...
Was sagen uns also fast hundert Minuten neuer Nightmare? Nichts. Wir haben hier einen atemberaubenden Reinfall, allerdings so glatt poliert und aufgemotzt, dass Mainstreamler die Mängel in der Handlung gar nicht bemerken werden. Ergo erkennt man ganz klar Michael Bays polierte Handschrift, nicht aber Wes Cravens und Freddy Kruegers Charme, der immerhin sieben Teile lang überlebt hat, hier aber nie aufkeimt. Ich kann leider nichts anderes sagen als beim Remake von Jason - auch der neue "Nightmare" entpuppt sich als unglücklich zusammengeklebtes Best-Of ohne jede Atmosphäre. Da freut man sich doch umso mehr, wenn die Produzenten frohen Mutes ein Sequel ankündigen.
Fazit
Erschreckend schwachbrüstiges, aber zumindest typisches Remake eines Klassikers, der immerzu so toll und groß sein will wie sein großer Bruder, aber dazu einfach noch zu klein ist. Ich lege jedem, der Freddy Krueger kennenlernen will, nahe, sich doch das Original anzuschauen. Mahlzeit.
3/10