Review

"I Have A Dream.“ – Dr. Martin Luther King

Ich bin gewiss nicht der Einzige, wenn ich jetzt behaupte mit „Nightmare On Elm Street“ und seinen Sequels aufgewachsen zu sein. Zwar fuhr ich immer ein bisschen mehr auf die „Freitag der 13.“-Reihe ab, aber Freddy rockte schon auch ziemlich derb. Neben Jason Vorheese, Pinhead und Michael Myers avancierte Pizzagesicht Freddy Krueger im Laufe der 80er Jahre schnell zu einer der Vorzeigefiguren des modernen Horrorfilms. Insbesondere sein beißender Wortwitzes und der abfällige Sarkasmus, mit dem er seine Opfer ins Jenseits beförderte, verhalfen ihm – neben seinen Markenzeichen: Kringelpulli, Schlapphut und Rasiermesserhandschuh – zu enormer Popularität weit über die Grenzen der Horror-Gemeinde hinaus. Da gab es Freddy-Halloween-Kostüme, Freddy-Poster in der „Bravo“, „Nigtmare On Elm Street“ als Game für den Nintendo, Freddy-Gastauftritte bei den Simpsons… und die eiserne Regel der Reihe – „Wenn du im Traum stirbst, stirbst du in echt!“ – dürfte Filmgeschichte geschrieben haben.
Nun, über 25 Jahre nachdem Wes Craven der Legende Leben eingehaucht hat, erreicht uns das Remake des Klassikers. Über die Relevanz, die Notwendigkeit dieses Remakes brachen wir in einer Zeit, in der Regisseure ihre eigenen Filme nur wenige Jahre nach der Uraufführung des Originals erneut auflegen… und im Grunde eigentlich alles, selbst der hinterletzte Dreck ein Remake erfährt, im Grunde gar nicht zu diskutieren.

Fans werden zu gleichen Teilen skeptisch und brennend gespannt darauf sein, was der neue „Nightmare“ alles so zu bieten hat und ob es Regisseur Samuel Bayer gelingt an die Klasse der alten „Nightmare“-Teile anzuknüpfen.
Das Resultat dürfte dann jedenfalls sowohl Skeptiker als auch Hardcore-Fans die Lust am (Alp-)Träumen vergehen lassen, was aber definitiv nicht nur daran liegt, dass Robert Englund nicht mehr den Fratzenmann mimt.

Kritikpunkt Nr. 1: „Freddy“
Freddy Krueger wurde, im Gegensatz zu allen anderen Horrorlegenden (sei es Jason, Leatherface oder Michael Myers [Ausnahme: der Candyman]), in jedem Teil von ein und demselben Schauspieler verkörpert. Englund war die Rolle auf den Leib geschrieben, er verwuchs mit ihr, machte praktisch nichts anderes und tauchte er mal in einem anderen Horrorstreifen auf, sagten alle: „Hey, das ist ja Freddy!“. In dem 2003 gedrehten Fan-Film „Freddy Vs. Jason“ schlüpfte Englund ein letztes Mal in die vernarbt und verhornte Latexhaut des Traumdämons, der ihm Weltruhm einbrachte, aber auch alle andere Rollen verbaute.
Im Remake streift sich nun Jackie Earle Haley (wohl am bekanntesten als der „Rorschach“ aus „Watchmen“) den verlotterten Streifenpullover über. Stellt man Haleys Interpretation des Freddys mit der Englunds gegenüber, so klaffen Welten auseinander. Der neue Freddy ist einfach komplett anders, viel mehr Brandopfer als Pizzagesicht, eher Schattengestalt als Popstar und mehr Kleingeist als Allmacht. Man erkennt ansatzweise, was hier versucht wurde: Freddy sollte böser ausfallen, ernster, nicht mehr so sarkastisch und keine Spielchen mehr treibend wie in den Teilen 3 bis 6.
Die Rechnung geht leider alles andere als auf: Fans werden die bissigen verbalen Seitenhiebe des Schlafschlächters vermissen, auch ist der neue Freddy lange nicht mehr so fies wie der in den 80ern, von einem allmächtigen Traumdämon, der während unserer REM-Phase, die Zügel übernimmt, weit entfernt, ebenso von dem kultigen Moviekiller, den wir kennen und lieben, was mich unweigerlich zu

Kritikpunkt Nr. 2, den Kills, führt.
Das typische an den Kills in den „Nightmare“-Filmen war, dass sie 1.) immer eine fiese Note besaßen und 2.) oftmals recht clever ausgeklügelt waren und einen möglichst trickreichen Zusammenhang zwischen dem Tod im Traum und dem im wahren Leben herstellten. Ich erinnere mich da an den legendären Tod von Johnny Depp, der von seinem Bett eingesaugt und in Einzelteilen wieder ausgespuckt wird, die Tussi, die sich in Teil 4 in eine Kakerlake verwandelt und dann von Freddy zerquetscht wird, oder an Patricia Arquette, die von Freddy, dem Riesenwurm, verschlungen wird. Derartige Morde finden sich hier gar nicht. Der neue Freddy killt ausgesprochen lahmarschig und ideenlos. Die einzigen nennenswerten Kills sind die, die das Remake vom Original übernommen hat. Wer sich an den Mord aus Teil 1 erinnert, bei dem Tina vom Bett über die Wand an die Decke kullert und dann in eine dicke Blutlache plumpst, dürfte hier ein saftiges Déjà-vu erleben. Der Streifen bietet genau einen coolen Mord, den er sich praktisch selbst ausgedacht hat, und der ereignet sich doch tatsächlich 3 Sekunden bevor der Abspann erscheint – ich brech’ ab, ey!

"I’m Just A Dreamer, I Dream My Life Away…“ – Ozzy Osbourne

Parallelen zum Original sind neben den gerade erwähnten Mord noch die tote Jugendliche, die in der Schule im Leichensack spazieren geht, und die Klingenhand in der Badewanne, wobei aber jede erwähnte Szene im Original mehr Spaß machte. Da gibt sich das Remake irgendwie nicht genug Mühe.
So fesselnd die „Alpträume in der Ulmenstrasse“ in den 80ern waren, so lahm und banal sind sie heute (Kritikpunkt Nr. 3): Es fehlt das subtile Spiel mit den Urängsten, typische Traumelemente (z.B. nicht laufen können) werden nur beim Vorbeigehen angeschnitten, die Mädchen seilspringen hier nicht mal in Zeitlupe und die Degradierung Freddy Kruegers vom Kindermörder zum vermeintlichen Kinderschänder dürfte sich der eingesessene Fan auch aufs Ärgste verbitten.
Die Schauspieler, ich hab’ sie bewusst bis jetzt übergangen, sind alles Jungspunde ohne Wiedererkennungswert. Die Kulissen, Freddys abgefucktes Haus und die Fabrikanlage, hat man alle schon einmal besser gesehen. Es fehlt einfach an allen Ecken und Enden. Es tut mir Leid das zu sagen, aber der Streifen ist einfach alles andere als der Bringer.
Klar, meine Sichtweite ist die eines Fans der alten Schule. Wie der Streifen auf Leute wirkt, für die die Freddy-Thematik jetzt komplettes Neuland ist, kann ich freilich nur erahnen. Doch selbst als eigenständiger, von der ursprünglichen Freddy-Serie unabhängig betrachteter Horrorfilm funktioniert dieses halbgare Unterfangen meiner Meinung nach nicht. Zu viel Lehrlauf in der Storyline, zu wischiwaschi die Charakterzeichungen, zu fadenscheinig und ausdrucksschwach die Figur des Freddy Krueger, als dass das Teil wirklich Spaß machen könnte.

Welche Schlussfolgerungen wir von diesem Fiasko nun ziehen können:
1. Robert Englund ist Freddy Krueger. Und sonst niemand!
2. Äh…
3. HÖRT ENDLICH AUF MIT DIESEM REMAKE-WAHNSINN ! ! !
4. UND LASST DIE HELDEN UNSERER KINDERTAGE IN FRIEDEN ! ! !
5. DAS KÖNNT IHR DOCH ECHT NICHT BRINGEN, EY ! ! !
6. …Na gut, bei Batman hat’s ja irgendwie geklappt…. DA DARF SICH HALT NICHT JEDER DAHERGELAUFENE HANSWURST, DER SICH REGISSEUR SCHIMPFT, DRAN AUSTOBEN DÜRFEN! MANNN, DER SCHEIß IST HEILIG!

Fazit:
Aus der Traum! Für mich noch schlimmer als das „Freitag, der 13.“-Remake. Nein, das hat mir auch ganz und gar nicht gefallen. Rob Zombie sein „Halloween“ war etwas besser, im Grunde aber der gleiche Mist. Und ich sag euch noch was: Mir ist echt jeder einzelne Teil der „Nightmare On Elm Street“-Reihe lieber (jeder bis auf Teil 7!) als dieser sterile, auf Hochglanz polierte Saubermann-Horror.
Doch der nächste potentielle Remake-Murks sitzt bereits in den Startlöchern. Wehe die Neuauflage von Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“ wird nicht weltklasse und hypergenial! Dann setzt’s aber richtig was!

Details
Ähnliche Filme