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„What’s Opera Doc?“ wurde 1994 zum besten Cartoon aller Zeiten ausgewählt, ist ein Evergreen der bereits mehrere Generationen begeisterte und nichts von seiner alten Frische verloren hat. Schon der Titel ist eine schöne Anspielung an Bugs Bunnys berühmtestes Zitat, „What’s up, Doc?“, welches das erste Mal 1940 in „A Wild Hare“ Verwendung fand und danach in beinahe jedem Cartoon mit Bugs irgendwann fallen sollte. Chuck Jones kündigt im Film schon das Genre Oper an und inszenierte den Film auf der Grundlage der schwermütigen Kompositionen Richard Wagners. Die eigentliche Rahmenhandlung ist die simple Jagd von Elmer Fudd auf Bugs Bunny, doch sowohl visuell als auch akustisch setzt sich „What’s Opera Doc?“ deutlich ab vom ohnehin schon hohen Standard der klassischen Warner-Cartoons.

Das Konzept eines von Musik dominierten Cartoons war schon 1957 ein alter Hut, schließlich hatten sowohl die Disney-Studios (vor allem mit den „Silly Symphonies“) als auch Warner jahrelang von dieser Idee gezehrt, vor allem in den 20er und 30er Jahren standen die Animationen selbst und die musikalische Gestaltung noch weit näher im Vordergrund als die zumeist flache Geschichte. Und auch die Oper hatte sich das Genre schon erschlossen, erstmals bei Warner im kontroversen Propaganda-Cartoon „Herr Meets Hare“ (1945), später unter anderem im genialen „Rabbit of Seville“. Doch „What’s Opera Doc?“ konnte alle seine Vorgänger und Nachzügler in den Schatten stellen, vereinte erstmals perfekte Bildkompositionen mit einer klassischen Musikunterlegung, eingebettet in eine schlüssige und unterhaltsame Story. Die vielen Insider-Anspeilungen für die Kenner der Opern Wagners entgehen dem kindlichen Auge und erfreuen den abgeklärten, erwachsenen Zuschauer mit Sinn für Originalität und Timing.

Ein weiteres Vorbild ist eindeutig das Disney-Meisterwerk „Fantasia“, doch Chuck Jones schafft es sich vom übermächtigen Vorbild gänzlich zu lösen. Schon lange hatte der Routinier, der in seinen frühen Zeiten als Zeichner noch den Disney-Stil kopierte, hatte sich schon lange gelöst von der Konkurrenz und hatte zu eigenem Zeichenstil, Humor und Charakterdesign gefunden. So stellt der Cartoon einen absolut exemplarischen für Jones dar, verzichtet auf Naturalismus bei den Hintergründen und setzt auf grelles Artwork. Elmer und Bugs sind die einzigen auftretenden Charaktere und werden mit gewohnter Detailliebe gezeichnet – grandios unterstützt von den unvergleichlichen Sprechern Mel Blanc und Arthur Q. Bryn.

Die Farbdramaturgie in „What’s Opera Doc?“ ist einzigartig stimmig: Dynamisch inszenierte Schattenspiele, explodierende Gefühle werden manifestiert in der Farbgebung. Dieses Stilmittel findet den Höhepunkt am Ende, als der betrogene Elmer rasend wird vor Wut und sich die Bilder dunkelrot färben, lila und bösartig purpurn. Zum Schluss stirbt Bugs tatsächlich und Elmer ist außer sich vor Trauer, was in einem wunderschön arrangierten, melancholischen Schlussbild endet – Elmer trägt den toten Bugs in den Himmel hinauf, über eine gewaltige Treppe ins Jenseits. Anschließend fragt Bugs den Zuschauer noch gelassen:

„Well, what do you expect in an Opera? A Happy Ending?”

Obwohl ich persönlich kein Freund von Musical-Nummern in Zeichentrickfilmen bin, die hier vorgetragenen Lieder werden aber auch den größten Muffel überzeugen. Herrlich charmant und augenzwinkernd transportiert er düsteren Kompositionen in die Welt der Toons und andersherum. Nebenbei bringt er damit den Kleinen die Oper näher und vermittelt auf diese Weise ein Stück Allgemeinwissen. Auf die alten Melodien singen die Protagonisten inspiriert geschriebene Texte, die den Handlungsablauf komplett erzählen, auf gesprochene Worte wird gänzlich verzichtet. Ganz so wie in der Oper eben.

Fazit: Sowohl optisch als auch akustisch ein zwar kurzer, dafür umso schmackhafterer Klassiker für Jung und Alt. Originell, farbenfroh und wunderbar witzig – Ein perfektes Beispiel für einen perfekten Cartoon und eine liebevolle Hommage an Richard Wagner dazu.

10 / 10

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