Review

Die besten Momente in Chang Cheh Filmen sind oft die, in der die Personen in einer kleineren Umgebung agieren und dort ihre Handlungen konzentriert gebündelt werden. Nicht ausufernd in jede mögliche Richtung schweifen, sondern von allen Seiten eingeengt sind und sich die [innere und äussere] Gewalt stapeln kann und muss. Um dann in einer hinausgezögerten Eruption durchzubrechen.
In Heroic Ones war es der Moment, als die Attentäter nach ihrem Hit und dem folgenden Tumult in dem Ort der Ausführung eingeschlossen sind; die Mauern wurden abgeriegelt und die Stadt unter Quarantäne gesetzt. Sie wurden in die Enge getrieben, konnten sich nicht ohne weiteres entfernen und mussten sich dem nun Folgenden stellen. In Naval Commandos – eine ansonsten ebenfalls schwäche Arbeit – stellte sich dieses Dilemma der Beklemmung bei der finalen Attacke auf einem Kriegsschiff dar. Vorher zerbröckelte man die Handlung und zog sie in die Länge, nun schnürte man sie in einem Korsett von Aktion und Reaktion zusammen und bezog daraus seine Energie.
Einzelsituationen, die gegenüber dem Rest der Filme durch positive Aufmerksamkeit herausstechen und neben all dem Üblichen etwas bereithalten, was in Martial Arts Produktionen generell viel zu kurz kommt: Die Anspannung. Der Thrill. Suspense.
Savage Five versucht diesen Weg von Gut und Böse als nach innen gelegte Konstruktionen des Subjektes zu gehen und das Drehbuch hält auch prompt den passenden Kordon bereit.

Ein Dorf weitab vom Schuss wird von einem Trupp Banditen belagert. Diese kommen einfach an, erwarten nicht irgendeine Form von Widerstand und annektieren und okkupieren den gesamten Ort; obwohl sie zahlenmässig weit unterlegen sind.
Nachdem sie den Schauplatz in eine Zeitschaltuhr von Folter, Verwüstung und Tod verwandelt haben, regt sich langsam Unwillen bei fünf Männern:
Strauchdieb Chen Deng [ David Chiang ].
Holzfäller Ma Dao [ Chen Kuan Tai ].
Silberschmied Wei Min Hui [ Danny Lee ].
Der trunksüchtige Kung Fu Experte Master Fang [ Ti Lung ] und ein ortsfremder Erkrankter [ Wang Chung ].

Das, was den Film lange Zeit in erfreulicher Diktion von Anderen abhebt, ist die Tatsache, dass man sich tatsächlich um eine einschneidend taugliche Geschichte bemüht. Dazu bedient man sich bei bereits belegten concept movies und erschafft thematisch eine Mischung aus Die Sieben Samurai und Rio Bravo. Visuell kreuzt man die Genres Eastern und [Italo]Western und vergewissert sich auch eines voluminös – mitreissenden Scores, der eine nahezu mythische Aura erschafft. In der entsprechenden Gesamtheit liefert man einen kurrenten Spannungsaufbau ab; so ist die erste halbe Stunde trotz weniger an Taten ausnahmsweise dramatisch reizvoll und verfügt sowohl über eine bühnengerechte Einleitung als auch einen lebendigen Anlauf. Die Figuren nur knapp vorgestellt und schnell mit der Situation konfrontiert; wobei im Differenzierungsprozess Jeder nach seiner Fasson reagiert und sie weder vorher noch danach angesichts der Gefahr miteinander agieren. Dies auch das entscheidende Merkmal der Gesamtbevölkerung; die breite Masse tut nichts, weil kein Einzelner aus Ihnen heraustritt und den Rest geschlossen anführt. Auch die Fünf brauchen eine Zeit, bis sie sich zeitgleich – nicht gemeinsam – aufraffen können, doch zu handeln. Vorher wird sich genauso im Hinterhof nur darüber unterhalten und als einzig passive Gegenwehr auch nur die Tür abgeschlossen.
Man weiss einfach nicht, wie man sich angesichts der plötzlichen Bedrohung verhalten soll; fehlende Erfahrung und mangelnde Zusammengehörigkeit – die Wertigkeiten unter den Fünf verschieben sich auch alle naselang – als Vorteil der Banditen.

Mit Nachdruck beschwört Chang Cheh dabei die missliche Lage, ohne diese erste Betäubung zu einer Mahr ausweiten zu können; dafür ist es zu oberflächlich und gleichzeitig zu antriebsbewusst. Aber er hält von Beginn weg Hinweise dafür bereit, dass es sich nicht bessern, sondern nur die Vorboten für Schlimmeres eingezogen sind und sich der Konfliktstoff zuspitzen wird.
„Soon“ in der offen unwiderbringlichen Drohung. „What‘s the hurry“ und „take your time“ als Anzeichen dafür, dass die Gauner keine Eile haben und nur der erste Trupp sind. „Hey, the big hero is saving someone“ als ironisch - sarkastische Belustigung; Kennzeichen, dass man Nichts und Niemanden fürchtet und irgendwelche Abwehrmassnahmen nur als Gaudi betrachtet. Man hat sonst keinerlei Probleme gehabt und eh noch Etwas in der Hinterhand.
Ein auf beiden Seiten friedliches Rum- oder damit Aussitzen, also das Verfallen in einen Scheintod würde sogar etwas bringen, aber die Banditen treiben es zu weit. Irgendwann muss der Erste der Fünf trotz anfänglich resignativer Erkenntnis doch reagieren, wenn auch anfangs stickum und alleinstehend. Darauf folgt eine Antwort und so schaukelt man sich gegenseitig hoch; letztlich geraten die Fünf dennoch fast unbewusst und auf jeden Fall unvorbereitet in den offenen Kampf. Den man auch prompt verliert. Man startet einen zweiten Versuch, diesmal in Zusammenarbeit.

Das dabei aufgebotene Martial Arts ist deswegen am wenigsten interessant, weil es solchermassen gar nicht benötigt hätte. Natürlich muss man zu Fäusten und Waffen greifen, debattiert hat man vorher genug und mit Überredungskünsten ist hier Niemandem beizukommen. Aber die auch so als wahrlich nicht herausragend auffallende Choreographie steht eh als dem Zweck dienenden Ausdruck der Personen da und nicht als Vorführung von Schauwerten. Man sieht mehr den jeweiligen Akteur selber zu als davon abgetrennt nur dessen Fähigkeiten; entscheidend ist letztlich wie eigentlich immer bei Chang Cheh der Maßstab, wer mehr einstecken kann. Gefühlsmässig mehr aufregend ist die anderweitige Regungslosigkeit der breiten Masse, die selbst im Höhepunkt der Auseinandersetzungen Extraeinladung und Präsentierteller benötigen, um auch mal etwas für ihre Freiheit und ihr Leben zu tun. Erschien ihre pazifistische, kein Wässerchen trübend und keiner Fliege etwas tun könnend – Mentalität im Prolog noch als angenehm liebenswert, so werden sie dann komplett in die Rolle des maulfrommen Opferlammes gefesselt. Ihre Art von Befreiungskampf dann auch beinahe wie Lynchjustiz wirkend. Emotionen schüren kann Chang Cheh sonst nicht, aber hier funktioniert es mit sicherlich trivialer Banalität ganz vorzüglich. Ohne Schwierigkeiten drängen sich in der vollzogenen Belagerung negative Gefühle wie Verzagenheit, Verwirrung, Beängstigung und Niedergeschlagenheit zu einer dichten Knechtschaft aufgestauter Aggressionen zusammen, was sich auch auf den Betrachter verlagern und ihn derartig mit einbeziehen kann.

Als man später doch mit Methoden von Heimtücke und Hinterlist die Oberhand gewonnen hat – weil man den Aktionsradius noch mehr einschränkt und sich einen Besatzer nach dem Anderen vornimmt – ist der Film noch lange nicht zu Ende. Sondern fängt erst richtig an.

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