Franks Bewertung

starstarstarstar / 6

0-5 Sterne für den Film, gefolgt von dem "Härtegrad" auf einer Skala von 0-10

03.08.2016
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Review

von Frank Trebbin

Frankreich 1944. Der Arzt Julien Dandieu hat sich mit der deutschen Besatzungsmacht dergestalt eingerichtet, dass er sich aus allem heraushält und politisch den Neutralen spielt. Doch weil er auch Resistance-Mitglieder behandelt, droht man, ihm und seiner Familie etwas anzutun. Aus diesem Grund schickt Julien seine Frau Clara und die Tochter auf das ländliche Schloss eines Freundes. Eine Woche später will er die Familie besuchen und muss mitansehen, wie eine versprengte SS-Einheit in dem Schloss wütet und ein Massaker anrichtet. Rasend vor Wut und Schmerz greift sich Julien ein altes Jagdgewehr und zieht auf einen Rachefeldzug…

Robert Enricos „Das alte Gewehr“, ein möglicherweise nur auf den ersten Blick vermeintlicher Anti-Kriegsfilm aus dem Jahre 1975, hatte es schon von Anbeginn an schwer, trotz deutscher Produktionsbeteiligung ein hiesiges Publikum zu finden. In der BRD aufgrund einiger drastischer Szenen nur in gekürzter bzw. alternativer Fassung, mit einer leicht abwandelnden Synchronisation versehen (Juliens politische Leck-Arsch-Haltung wurde mal kurz ins Heroische verdreht) und unter dem eher auf Romy-Schneider-Fans zugeschnittenen Drama-Titel „Abschied in der Nacht“ aufgeführt (inkl. schmalzigem Plakat), machte der Film wenig Kasse und versank schnell in Vergessenheit. Ganz anders in der DDR, wo man dem Film unter dem Titel „Das alte Gewehr“ nicht nur eine Uncut-Aufführung gönnte sondern auch eine weitaus gelungenere, wahrhaftigere Dialogfassung. Aufgrund ständiger TV-Wiederholungen gleich nach dem „Schwarzen Kanal“ wurde auch „drüben“ im Westen „Das alte Gewehr“ zumindest unter Fans etwas härterer Kino-Kost bekannt. Nun ist Robert Enricos „Das alte Gewehr“ in eben jener Version auch auf HD-Medium erschienen und der geneigte Zuschauer darf sich trotz des Alters des Films auf ein sauberes Bild freuen, welches lediglich in den bewusst „weicher“ inszenierten Rückblenden nicht mehr heutigen Ansprüchen entspricht.

Kommen wir zum Film selbst: So wie Sam Peckinpahs „Steiner – Das Eiserne Kreuz“ trotz der durchaus kritischen literarischen Vorlage („Das geduldige Fleisch“ von Willi Heinrich) nie ein diskussionswürdiger Anti-Kriegsfilm war, so verdient auch Robert Enricos „Das alte Gewehr“ diesen Titel nicht wirklich. Klar, es wird auch hier der Schmerz, den der Krieg bereitet, deutlich in den Vordergrund gestellt, doch schon alleine wegen der neutralen Haltung vieler Protagonisten und dem eher an Italo-Western erinnernden „personalisierten“ Rachefeldzug Juliens bezieht Robert Enrico nicht wirklich eine politische Position sondern setzt ganz getreu seinem bis dato veröffentlichtem Oeuvre („Die Abenteuer“, „Ho!“) seine filmische Linie um einsame Helden bzw. Rächer fort – und das auf seine ganz eigene Art. In „Das alte Gewehr“ sitzen nämlich Melodrama und Rache-Action so dicht beieinander, so dass der Kritiker sich gar nicht entscheiden mag, zu welcher Gattung Film das Ganze eigentlich zählen soll. Liebesszenen und deftige Schockbilder – kein Wunder, dass „Das alte Gewehr“ hierzulande immer noch zu den am wenigsten entdeckten Filmen Romy Schneiders gehört. Zeit, dass dies geändert wird, die BD-Neuauflage von „Das alte Gewehr“ ist es allemal wert. Bildformat: 1,78:1. Mit Philippe Noiret, Romy Schneider, Jean Bouise, Karl Michael Vogler u. a.

© Selbstverlag Frank Trebbin

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