Unter den Mondo-Filmern nehmen natürlich die Genre-Väter Jacopetti und Prosperi einen ganz besonderen Platz ein, gefolgt von zahllosen uninspirierten Nachahmern. Die Mondos der Brüder Castiglioni können allerdings im Schatten von „Mondo Cane“ und Co. bestehen und sind klare Empfehlungen für Genre-Fans.
Die ungeschnittene Fassung bietet einige deftige Sequenzen, die den Begriff Shockumentary durchaus rechtfertigen: Blutige Tier-Tötungen und detaillierte Bilder von Operationen sind ebenso zu sehen, wie archaische Rituale, bei denen auch des öfteren echtes Blut fließt. Mindestens eine Szene ist gefaked (wie schon von ManCity angemerkt), allgemein ist der Anteil authentischen Materials aber sehr hoch.
Kritisch zu betrachten ist der extrem sexistische Aspekt in „Addio Ultimo Uomo“, welcher den Trash-Faktor enorm anhebt und viel von der Glaubwürdigkeit der Dokumentation nimmt. Oftmals setzt man auf stark voyeuristische Szenen, welche teilweise schon die Grenze zum Hardcore übertaumeln.
Ein großer Schwachpunkt ist der nervige Score von Franco Godi, der offenkundig abkupfert von Ortolanis Arbeiten für Jacopetti, letztlich aber niemals zum Dargebotenen passt und in seiner Wirkung total versagt. Anders die Kamerafahrten und der stimmige Schnitt, visuell überzeugt der Film mit einigen unvergesslichen Aufnahmen und abwechslungsreichen Natur-Aufnahmen.
Die Tier-Snuff-Szenen sind teilweise extrem brutal und fordern viel Durchhaltevermögen vom Zuschauer, besitzen aber eindeutig ihre Daseinsberechtigung. Schließlich handelt es sich um einen Mondo, der seine plakative Intention auch nur selten verhüllt.
Allerdings merkt man einfach, dass man es mit einem besonderen Genre-Beitrag zu tun hat. Immerhin drehten Alfredo und Angelo Castiglioni einige Afrika-Mondos und scheinen sich außerordentlich viel mit dem schwarzen Kontinent auseinander gesetzt zu haben.
Nichts für schwache Nerven, was man hier aufgetischt bekommt und schon gar nichts für sensible Tier-Schützer. Stumpfe Exploitation trifft auf interessante Dokumentaraufnahmen und so entsteht ein ansprechendes Gesamtbild. Der Unterhaltungswert ist auf jeden Fall sehr hoch und wer mehr sehen will, dem seien die Castiglioni-Dokus „Magia Nuda“ oder „Africa Ama“ angeraten.
Im Gegensatz zu platten Flickwerken wie „Gesichter des Todes“ oder „Faces of Gore“ wirkt „Addio Ultimo Uomo“ in sich viel stimmiger und runder. Außerdem wird der Zuschauer nicht in Blut und Eingeweiden ertränkt, die Schocks sind wesentlich besser verteilt und könnten auch die ein oder andere Diskussion zum Thema Kultur-Relativismus hervor treten.
Unter den Ethno-Mondos sind die Castiglionis die extremsten, aber auch gelungensten Vertreter ihrer Art und lassen Filme wie „Guinea Ama“ weit hinter sich. Für Splatter-Freaks ist die gestellte Kastrations-Szene ein Augenschmaus und zählt zu den härtesten ihrer Art.
Fazit: Insgesamt schon ein bemerkenswerter Mondo-Film mit einigen beeindruckenden Aufnahmen. Schon fast zu empfehlen für Freunde seriöser Dokus, dafür bleibt es aber stets eine Stufe zu sleazig und voyeuristisch.
6,5 / 10