Ein Fernsehteam begleitet den kleinen Zuhälter Woody auf seiner Reise durch die Londoner Unterwelt und zeigt seinen (Arbeits-) Alltag: Mädchen maßregeln, Geld abkassieren, Werbung verteilen, dafür sorgen dass alle arbeiten und Kohle reinbringen, dem großen Boss Stanley Bericht erstatten. Die Probleme beginnen, als das beste Pferdchen im Stall, Petra, verschwindet. Als sich ein Bandenkrieg mit den Chinesen anbahnt. Und als er in seinem Briefkasten eine DVD findet, auf der eines seiner Mädchen, Roxanne, in einem Snuff-Film ein blutiges Ende findet. Plötzlich sind alle in ziemlichen Aufruhr, und das Filmteam ist immer mittendrin.
Mockumentaries mit Wackelaufnahmen und „Ihr filmt hier doch nicht etwa?“-Zwischenrufen haben eine längere und oft sehenswerte Tradition. Angefangen bei Ruggero Deodatos CANNIBAL HOLOCAUST, über die Genre-Wiederbelebung BLAIR WITCH COUNTY bis hin zum Hollywood-Blockbuster CLOVERFIELD. PIMP ist ein paar Nummern kleiner als die genannten, und vor allem schmutziger und düsterer. Das (Über-) Leben in den Straßen zwischen Soho und Hackney ist kein Zuckerschlecken, und lässt sich im Normalfall nur mit Dope und Gewalt in den Griff bekommen. Vor allem, wenn man nicht der 08/15-Brutalinski von der Stange ist, sondern für seine Mädchen auch ein Herz hat. Keiner kann mit den Nutten so gut wie Woody, weil Woody im Grunde seines Herzens nun mal ein guter Kerl ist. Eine Art englischer Luca Canali, weswegen er, anders als Luca, bei Schlägereien auch prinzipiell den Kürzeren zieht (und damit als Identifikationsfigur erstklassig taugt). Mit Woody ziehen wir nun also los: die verschwundene Petra suchen, das von den Chinesen geklaute Mädchen Bo auf Linie bringen, und dem arroganten Chef Stanley Bericht erstatten. Petra ist und bleibt verschwunden, zu Bo baut sich langsam eine zärtliche Beziehung auf, und Stanley entpuppt sich zunehmend als Psychopath von Ausmaßen einer Guy Ritchie’schen Figur. Kein wirklich leichter Arbeitsalltag …
Aber was mit einem sehr humorigen und leichten Ton beginnt, und damit Woody wirklich perfekt und auch sehr sympathisch einführt, wird im Lauf des Films zunehmend schwärzer und brutaler. Die Hinrichtung der Chinesen ist alle andere als angenehm, aber zu diesem Zeitpunkt ist der Zug für alle Beteiligten eh längst abgefahren. Was als pittoreskes Straßenmärchen über nette Zuhälter und willige Mädchen begann, ist da bereits eine tiefschwarze und verstörende Wackel- und Nahdraufhalt-Reportage über einen Krieg geworden, der jeden Tag in allen großen Städten der Welt hinter den Glitzerfassaden der Amüsierbetriebe stattfindet: Gang 1 gegen Gang 2, Boss gegen Untergebenen, Untergebener gegen die Mädchen, und die wiederum sind ganz am Ende der Nahrungskette zu finden und dürfen, wenn sie Glück haben, wenigstens einen schnellen Tod sterben. PIMP zeigt dies, mockumentary-eigen, in realistischen und schmutzigen Bildern. Unsicherheit, Tod und Angst werden gezeigt, und nur das dreckige Geschäft der Frauen wird eigentlich zu kurz angerissen. Die schauspielerischen Leistungen lassen durchweg vergessen dass es sich bei PIMP um einen Spielfilm handelt, zu realistisch sind Machart und Darstellung.
PIMP ist kein Gangsterfilm der gängigen Art, und er ist vor allem kein FOOTSOLDIER. PIMP ist ein kleiner und dreckiger Bastard, der hässliche Dinge in hässlichen Bildern zeigt. Ein Film, nach dessen Genuss sich der Zuschauer auf seinem heimeligen Sofa so richtig wohl fühlt, und weiß wie gut es ihm geht. Und nur zwei Dinge verhindern eine höhere Bewertung: Zum einen das übliche Mockumentary-Problem, dass es nach einem „Hier nicht filmen“-Ausruf trotzdem filmisch immer noch weitergeht (was hier übrigens teilweise sehr geschickt gelöst wurde, zudem auch die Filmcrew öfters in die Handlung noch mit einbezogen wird). Und zum anderen ist der Schluss etwas unbefriedigend: Warum die letzten Personen des Films so gehandelt haben wie sie handeln, das erschließt sich mir auch nach längerem Nachdenken leider nicht. Aber trotzdem: Wer ein Herz hat für die englische Unterwelt kann hier einigen Stoff zum Gernhaben finden.