Review
von Cineast18
Das französische Schauspieltalent Jean Reno mimt in diesem kleinen Gangster-Thriller einen alternden Mafiaboss, der sich für ein brutales Attentat auf ihn an seinen ehemaligen Partnern und Freunden gnadenlos rächt. Mehr gibt es zum Inhalt dieses Streifens tatsächlich kaum zu sagen, obwohl hier ein ganzer Clan von Kriminellen, eine toughe Ermittlerin der Polizei und allerhand zwielichtige Verbindungen eine Rolle spielen.
Trotz eines leichten Hangs zum Pathos scheint der Einstieg noch recht vielversprechend zu sein: Mit emotional starker Musik unterlegte Bilder zeigen Reno mit seinem kleinen Sohn und seiner Mutter, eine idyllische Autofahrt in die Stadt, die schließlich in einem brutalen Überfall mündet - gleich eine ganze Bande schwer Bewaffneter schießen den Gangster-Boss über den Haufen. Wie er dieses Inferno aus nächster Nähe überleben kann, bleibt die erste von einigen offenen Fragen, die schwer an der Glaubwürdigkeit und Logik der Geschichte zerren. Komplexe Zusammenhänge zwischen den Figuren, nicht immer nachvollziehbare Handlungen einzelner Akteure und sogar einige Morde, deren Sinn und vor allem deren Auftraggeber nicht ganz klar werden, hinterlassen einen eher wirren Eindruck.
Und auch das größte stilistische Problem wird schon in dieser heftigen Schießerei deutlich: Eine stakkatohafte Schnittmontage und heftig verwackelte Handkamera in jeder auch nur annähernd nach Action aussehenden Szene (und manchmal sogar in eigentlich ruhigen Momenten) lassen einen mitunter visuell komplett die Orientierung verlieren. Im Bemühen, hier Tempo und Hektik zu erzeugen - was die Filmemacher wohl mit Spannung verwechselt haben - geraten die Bilder oft viel zu rasant und zerstückelt, um noch irgendetwas deutlich darzustellen. So sitzt man des öfteren davor, weiß nicht ganz, was genau gerade geschieht, und wartet eigentlich nur darauf, dass die Szene vorbei geht und man wieder einen Überblick gewinnen kann. Diese hemmungslos hektische Inszenierung wird dadurch zum absoluten Spannungskiller.
Selbst Reno, für viele Zuschauer wahrscheinlich der Hauptgrund, sich diesen eher in der B-Liga angesiedelten Thriller überhaupt anzusehen, bleibt deutlich hinter seinen sonstigen Möglichkeiten zurück. Ja, er verströmt wie eh und je kräftiges, elegantes Charisma und beherrscht die Szene, sobald er ins Bild tritt. Und ja, auch in melodramatischen Szenen kann er mitunter unter seiner harten Maske verborgene Emotionen andeuten. Wenn es jedoch wirklich menschlich wird, versagt er komplett: Sein verzweifelter Dialog mit der Polizistin zur Rettung seines entführten Sohnes wirkt nicht nur aufgrund der allgemein plumpen Dialogzeilen eher peinlich, sondern auch, weil Reno es nicht versteht, diesen Ausbruch echter Menschlichkeit in seiner sonst knallharten Figur überzeugend darzustellen.
Alle anderen Darsteller bleiben sowieso nicht erwähnenswerter, stabiler Durchschnitt. Dazu kommt ein insgesamt recht schöner Soundtrack, wenige, kaum spektakuläre Actionszenen und allerhand Brutalismen, von denen einige nur dazu dienen, die Bösartigkeit des Hauptgegners zu zeigen. Mit der besonders am Anfang durch zu viele Rückblenden eher wirren Anlage der Story und arg vielen Klischees vermag „22 Bullets" somit kaum zu überzeugen. Einzig Renos Charisma rettet den Film vor dem Totalabsturz. Aber man muss schon echter Fan des Franzosen sein, um sich auch diesen Streifen anzutun.