Zu Beginn der 50er-Jahre, am Höhepunkt seiner Karriere, begann bei James Stewart ein Wechsel seiner Filmrollen und seines Images. Spielte er bis dahin meistens den „etwas schüchternen und manchmal verwirrten oder naiven jungen Mann aus der Mittelschicht, der allerdings zugleich bodenständig und sympathisch ist und dem Zuschauer als Identifikationsfigur dient“ (1), so wurden seine Rollen ab dieser Zeit düsterer und auch oft abgründiger. Nicht nur unter Alfred Hitchcock sondern vor allem auch bei den Western von Anthony Mann konnte Stewart so seine Fähigkeiten erweitern und Rollen spielen, die zu dem durch den Krieg gereiften Mann auch gut passten.
ÜBER DEN TODESPASS ist einer dieser Filme. Zwar ist Stewarts Figur Jeff Webster ein grundlegend nicht unsympathisches Kerlchen mit einem sehr hinreißenden Charme, aber bei genauerem Hinschauen zeigen sich Charakterzüge, die in Figuren wie Django oder McQuade viele Jahre später wiederkehren würden: Der einsame Wolf, der unbedingte und absolute Einzelgänger, der einen Scheiß auf die Meinung anderer gibt und nur seinen eigenen Weg anerkennt. Er braucht keine Hilfe, er hilft nur sich selbst, aber dass er bereits in den ersten actiongeladenen 10 Minuten des Films mehrmals und ganz selbstverständlich die Hilfe anderer Menschen in Anspruch nimmt, das fällt ihm gar nicht weiter auf (etwas, was zugegebenermaßen Django nicht passiert wäre – Dass er die Hilfe anderer benötigt …). Ein Charakter fast wie aus einem Italo-Western, nur wesentlich selbstbezogener und egoistischer. Dass dabei während der Handlung eine gewisse Läuterung eintritt ist natürlich der Entstehungszeit des Films geschuldet, aber wenn man mal ehrlich ist, dann ist Webster eigentlich ein grandioses Arschloch – Die Sorte Mensch, die wir alle ab und zu gerne mal wären, vor allem wenn wir dabei noch den Charme des würdevoll älter werdenden Jimmy Stewarts hätten.
Dass die Handlung um den Goldrausch und diejenigen, die davon widerrechtlich partizipieren möchten, ein wenig klischeebeladen wirkt, dass die Grundstimmung trotz einiger gesunder Härten eher positiv ist, und dass vor allem die Nebenfiguren reichlich altbacken wirken, das kann man gerade aus heutiger Sicht nicht übersehen. Aber insgesamt vereint ÜBER DEN TODESPASS großartige Naturaufnahmen und eine packende Handlung mit einer leicht überflüssigen Liebesgeschichte und starken und knackig inszenierten Actionmomenten sowie mit genügend Härte, um auch heute noch problemlos zu begeistern. Ein guter und starker Western des Teams Stewart/Mann der mitreißt und erstklassig unterhält. Passt!
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/James_Stewart