"Manchmal haben die mit der meisten Macht den geringsten Anstand."
Ein Krieg unter den Adelsfamilien in Westeros ist ausgebrochen. Der unrechtmäßige König Joffrey Baratheon (Jack Gleeson) hat den eisernen Thron in Königsmund bestiegen und sorgt durch Hungersnöte für Missmut. Nicht einmal seine Mutter Cersei Lannister (Lena Headey) kann sein tyrannisches Gemüt zügeln. Stannis (Stephen Dillane) und Renly Baratheon (Gethin Anthony) beharren jeweils auf ihr eigentliches Recht an der Krone, scheinen jedoch chancenlos. Nur Tyrion Lannister (Peter Dinklage) versucht in Königsmund, die brisante Lage unter Kontrolle zu halten.
Währenddessen führt Robb Stark (Richard Madden) seine Kampftruppen immer weiter Richtung Königsmund. Arya Stark (Maisie Williams) ist auf der Flucht, Sansa Stark (Sophie Turner) eine Geisel der Lannisters in Königsmund, wohingegen Jaime Lannister (Nikolaj Coster-Waldau) eine Geisel der Starks ist.
Jenseits der hohen Mauer im Norden befindet sich die Nachtwache auf einer Expedition um eine Invasion durch die Wildlinge zu verhindern. Auf dem Kontinent Essos weit im Osten setzt die Drachenkönigin Daenerys Targaryen (Emilia Clarke) derweil ihren Weg zur rechtmäßigen Thronerbe fort.
Staffel 2 der aufwendig produzierten Fantasy-Serie "Game of Thrones" setzt direkt an die erste an. Basierend auf den beiden Romanen "Der Thron der Sieben Königreiche" und "Die Saat des goldenen Löwen" von George R. R. Martin, weicht die Serie diesmal mehr von der Vorlage ab als zuvor.
Wer Quer einsteigt wird seine Probleme mit den zahlreichen Charakteren und Verstrickungen untereinander haben. "Game of Thrones" entwickelt sich zusehends zu einem Werk, dessen Komplexität und Vielschichtigkeit kaum größer sein könnte. Obwohl die Übersicht dadurch das ein und andere mal schnell flöten gehen kann, fasziniert die opulente Vielfalt. Besonders die Spannungen unter den alten und neu hinzu kommenden Figuren.
Auch die zweite Staffel "Game of Thrones" wird bestimmt von moralischen Konflikten, von Intrigen und Korruption, von Missgunst und Zwietracht. Manche Figuren kämpfen um Macht, andere ums Überleben, allen gleich jedoch ist die Bedrängung durch familiäre Verästelungen, die sie in ständige Zwangslagen manövrieren. Statt des Nordens und dem Hause Stark steht diesmal die Mitte des Reiches und das Haus Lannister im Rampenlicht.
Erzählerisch beginnt die Serie sehr stark und temporeich, bricht dann im Mittelteil etwas ein und fängt sich wieder Richtung Finale. Man spürt, dass die langwierige Charaktereinführung diesmal kaum eine Rolle spielt, sich die Handlung jedoch ab der vierten Folge etwas streckt.
Erneut wirkt Westeros sehr realistisch. Die Fantasy-Elemente sind nun zwar stärker ausgeprägt, die Balance ist aber ausgewogen. Gerade das sehr mittelalterliche Setting und die eindrucksvollen Kulissen sorgen für eine bestimmende Bodenständigkeit. Genauso wie die durchdachten Kampfchoreographien, auch wenn diese eher selten vorkommen. Und besonders eine Schlacht gegen Ende zeigt, dass die Serie auf ganz hohem Niveau spielt.
Mit Blut, Sex und verbalen Obszönitäten geizt freilich auch die zweite Staffel von "Game of Thrones" nicht. Die derben Details, schmierigen Figuren und die völlig unverkrampfte Darstellung illustrer Sexeinlagen wurde glücklicherweise aber etwas reduziert.
Die Schauspieler wirken von Beginn an eingespielt und teils sehr spielfreudig. Besonders heraus treten Peter Dinklage ("Penelope"), Lena Headey ("Dredd"), Jack Gleeson ("Batman Begins"), Liam Cunningham ("Centurion"), James Cosmo ("Braveheart") sowie Charles Dance ("Alien 3").
Spürbar weiterentwickelt haben sich die Kinderdarsteller Sophie Turner und Maisie Williams. Carice van Houten ("Black Book"), Emilia Clarke, Kit Harington ("Silent Hill: Revelation 3D") sowie Michelle Fairley präsentieren sich bemüht, erhalten aus erzählerischer Sicht jedoch nicht genug Zeit um sich völligst zu entfalten.
Beeindruckend ist anzusehen, wie eine schon sehr gute Serie noch besser wird. Aufbauend auf den Romanen und der ersten Staffel entwickelt sich Staffel 2 von "Game of Thrones" noch weiter, baut neue Spannungen unter den Figuren auf, unterhält durch hochwertige Dialoge, eine durchdachte Handlung, setzt im Finale auf eine eindrucksvolle, epische Schlacht und öffnet einen Übergang zur nächsten Staffel. Neulinge seien gewarnt, haben sie doch keine Chance mitten hinein einzusteigen. Und ein jeder muss sich mit einer erzählerischen Bremse in der Hälfte der Serie abfinden. Knappe ...
10 / 10