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Ein dunkel kostümierter Rächer räumt mittels seiner beachtlichen Kampfkunstfertigkeiten unter einer Schar Bösewichter auf: Ein Bild, an das man sich im modernen Blockbusterkino schon gewöhnt hat. Doch weshalb fühlt es sich im vorliegenden Falle, in dieser speziellen Szene, so anders an? Was unterwandert da den aufgekratzt-augenzwinkernden Ton des Films?

Es ist die Musik von John Murphy. Sie entstammt seinem Soundtrack zu den 28-Days/Weeks-later-Filmen, und sie hat sich bei denjenigen, die diese Filme kennen, unauslöschlich mit apokalyptischen Bildern vom Zerfall der modernen Gesellschaft und dem Ende aller Sitten und Regeln verbunden. Welch‘ eine famose Idee, sie hier nun beim einsamen Kampf eines traumatisierten Mannes erklingen zu lassen, der nebenbei auch noch seine kleine Tochter für seinen Selbstjustiz-Feldzug eingespannt hat. 

Dies ist nur einer der vielen hintersinnigen Momente jenes vordergründig launigen Spektakels namens „Kick-Ass“. Ein Film, der dem uninformierten Zuschauer als weiterer Versuch á la „Superhero Movie“ anmuten muss, der den Rahm vom erfolgreichen Superhelden-Vermarktungstopf mit einer schnellen, flachen Parodie abzuschöpfen gedenkt. Aber so ist es nicht. Nein, diese Geschichte nach der Vorlage von Comic-Autor Mark Millar (Wanted, Civil War), möchte ihrem Publikum bei aller Ironie auf Augenhöhe begegnen. Ihre Figuren ernst nehmen. Und das Menschliche in den abstrusesten Momenten finden. Wie in dem glücklichen, stolzen Vater-Lächeln von Nicolas Cage, als seine elfjährige Filmtochter sich von ihm ein Klappmesser wünscht. 

Wer den Film mit seinen prügelnden und schießenden Kindern oberflächlich als lärmendes, in der Aussage bedenkliches Knallbonbon versteht, tut ihm Unrecht. Denn er übersieht das feine erzählerische Gespinst, das sich mit Selbstzweifeln, Einsamkeit und dem Gefühl der Ohnmacht beschäftigt, und das, locker unter dem genregerechten Gepolter gesponnen, die gesamte Geschichte trägt. Es bleibt dem Zuschauer überlassen, ob er diese Bälle auffängt, die ihm der Film immer wieder zuwirft. Spaß kann man auch so haben, sicherlich. Aber wer sich wirklich von der Aufrichtigkeit hinter der grellen Fassade anstecken lässt, wird umso mehr von einem gänzlich untypischen Beitrag zum grassierenden Superhelden-Hype belohnt werden. 

Und „Kick-Ass“ zugestehen, dass dieser so sehr bei seinen Figuren sein möchte, dass er ihnen und ihrer Wahrnehmung zuliebe im Finale hemmungslos zu delirieren beginnt und einen heldenhaften Action-Ritt abliefert, der sich gewaschen hat. Mit Recht. Man muss das Publikum auch mal bewusst mit Krawall verwöhnen können, wenn es bis dahin die zugrundeliegende Tragik des Ganzen verinnerlicht hat. Das Ergebnis ist schlichtweg pure Kino-/Comicfantasie mit Tiefsinn.

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