Mark Millar schrieb "Wanted", eine Geschichte über Superschurken die die Welt regieren und einen Neuen in ihre Reihen einführen, aus dem düsteren, provokant-gewalttätigen Konzept wurde ein Film über um die Ecke schießen könnende Auftragskiller, welche ihre Taten von einem Webstuhl diktiert bekommen.
Nachdem der Kick-Ass-Sammelband mit den ersten acht Ausgaben, welche "Volume 1" ausmachen, durch war, begann das Rätselraten: Wie stark wird die Story nun wieder durch den Hollywood-Wolf gedreht?
Kick-Ass -> Ass-Kicked?!?
Dave ist ein Teenie wie viele Andere auch, Comic-Fan und fragt sich, warum eigentlich im wirklichen Leben die Leute nicht mehr einander helfen. "Warum wollen viele so sein wie Paris Hilton, aber niemand so wie Spider-Man?", gesagt, getan denkt er sich da, schnappt sich Kostüm, Maske und Schlagstock und fängt an in New York die Hinterhöfe zu patroullieren.
Gleichzeitig legen sich zwei kostümierte Gestalten in bester "Punisher"-Manier mit dem Kopf des organisierten Verbrechens der Stadt an: Big Daddy und Hit-Girl, die dann auch Kick-Ass in ihren Privatkrieg mit hineinziehen, während der Sohn des Gangsterbosses als "Red Mist" versucht, sich seinem Vater dadurch zu beweisen, dass er ihm die Helden auf dem Silbertablett serviert...
So weit, so Comic, aber "Kick-Ass" der Film findet seinen ganz eigenen Stil. Statt extrem düsterer Superhelden-Tragikomödie mit extremst bluttriefender Action, bekommt der Zuschauer die volle Ladung gelungene Hochglanz-Inszenierung mit dem Fokus auf schwarzer Komödie, derbe Gangster-Späße, Superhelden-In-Jokes (die auch nicht-Comic-Leser nachvollziehen können) und immer noch ziemlich harter Action (die von der Art und Weise aber dann doch zahmer ausfällt als noch in der Vorlage).
Nach einem seiner ersten "Kick-Ass" Einsätze wird Dave etwa stark verletzt und muss ins Krankenhaus, was im Comic zu einem mehrseitigen, depressiven Sequenz führt, die in Off-Monologen die gequälte Situatuion der Hauptfigur beschreibt, im Film wird aus dem Krankenhaus-Besuch eine sechs Sekunden-Sache mit abschließender Ablach-Pointe.
Auf den ersten Blick ließt sich das stark verändert, aber der Fokus hat sich im Film eben auch weg von der bitteren Realität, mehr hin zu irgendwas verschoben, dass zwar immer noch klar in der Wirklichkeit verankert ist, sich aber doch einige Freiheiten erlaubt um das Maximum an Unterhaltsamkeit aus dem Geschehen zu ziehen. Dank Matthew Vaughns grandioser Inszenierung nimmt "Kick-Ass" sehr schnell Fahrt auf und lässt bis zum Schluss nicht mehr los. Viel Ehre gebührt auch dem perfekten Sound-Design, welches schon jetzt eigentlich ein heißer Oscar-Kandidat ist.
Selten bekam man als Zuschauer so eine immer passende Vertonung um die Ohren gehauen.
Apropos hauen: Großes Kino auch die Darsteller. Von Aaron Johnson über Mark Strong, einen unglaublich witzigen Nicolas Cage, bis hin zu Christopher Mintz-Plasse, der mit "Red Mist" wohl den differenziertesten Charakter im Geschehen spielt.
Denn wenn man etwas schlechtes über den Film sagen will, dann das der Fokus in der Vorlage deutlich auf "Kick-Ass" liegt, im Film dann dessen Freund/Feind "Red Mist" mindestens(!) genauso gut ausgearbeitet ist wie unser Held. Ebenfalls hat der Streifen zum Ende hin dann doch einen großen "Was zum..."-Klopper, wenn trotz starker Verankerung in der normalen Welt am Ende die großen (und fliegenden) Kaliber ausgepackt werden, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass die Moral von der Geschichte stark verändert wurde.
War Dave als "Kick-Ass" im Comic noch dabei tunlichst Leichen zu vermeiden, so schnappt er sich hier zum Ende hin, nachdem mal wieder die eigentliche Grundthematik "Auch ohne Kraft kommt große Verantwortung!" genannt wurde, ein übertriebenes Baller-Spielzeug und holzt alle Bösewichte weg. Aber generell ist das ganze Geschehen teils sehr unmoralisch, während das Comic dahingehend stets die Balance gefunden hat.
Und ich hoffe mal, dass ist jetzt nicht zu abstrakt: Der Film, bzw. das Leben des Film-Dave ist dann sogar in etwa so, wie der Comic-Dave seines gerne hätte. Ebenfalls fühlt sich der Film auch durch viele Inszenierungs-Freiheiten und over-the-top-Momente nicht mehr so stark geerdet an, wie die eben oftmals bitter-realistischere Vorlage.
Aber, Hand aufs Herz, eine ernstere Herangehensweise wäre wohl auch nicht im Sinne der Produzenten gewesen, denn eine 1:1 Umsetzung der Vorlage hätte schon den einen oder anderen deutlichen Tritt in die Gute-Laune-Fresse parat gehabt, während "Kick-Ass: The Movie" schlicht und ergreifend 117 Minuten die wohl mit unterhaltsamsten Comic-Verfilmung bislang.. Tolle Optik, grandioses Sound-Design, richtig gute Darsteller, viel Action und noch viel, viel mehr Gags und schwarzer Humor.
In etwa so, als hätte man "Watchmen", "Death Wish 3" und eine Coming-of-Age zusammen in einen Mixer geworfen und mit viel bösem Spaß abgeschmeckt. Ansehen, lohnt sich!