Sie kommen ganz selten zustande. Diese kleinen, aber extrem feinen, weil bis ins kleinste Detail einfach voller Liebe zum Medium steckenden Filmperlen. Verfügen sie dann noch über erfrischenden und jederzeit zündenden Humor, eine explizite Gewaltdarstellung, die weder mit Kreativität, noch mit Filmblut geizt, und eine einzigartige Geschichte, die auf diese Art und Weise noch nie erzählt wurde, dann ist es nicht mehr weit in die ewigen Ruhmeshallen der Filmliebhaber. Und diesem explosiven Streifen für wahre Filmfreaks, Superheldennerds und Comicfans gelingt das ohne große Mühe. Mit "Kick-Ass" wurde ein neuer Kultfilm geboren.
Allein die Grundidee von Regisseur und Drehbuchautor Matthew Vaughn begeistert. Mal ehrlich, wer wollte denn wirklich nie ein Superheld sein? Spätestens beim ersten Kontakt mit diversen Zeichentrickserien oder Comicheften hat man sich doch bestimmt schonmal der ein oder anderen Illusion hingegeben. Nur - und das ist allen rational denkenden Menschen klar - würde so ein zweites Superhelden-Ego an der Realität scheitern. Denn hat man wirklich immer sein Kostüm mitsamt Maskierung unter der Kleidung? Wie schnell dauert eigentlich das Umziehen? Wie eignet man sich Qualitäten an, die sonst niemand hat und die dem Helden einen Vorteil bei Auseinandersetzungen verschaffen können? Wie kann man sich gegen heftige Schläge, Messerklingen und vor allem Schusswaffen wirksam schützen?
All das und noch viel mehr beschäftigt den titelgebenden Helden, der ein wunderbar sympathischer Nerd ist und sich trotz aller damit verbundenen Schwierigkeiten für ein heroisches Alter-Ego entscheidet. Dave Lizewski, wie sein wahrer Name lautet, vergöttert in der Schule die bildhübsche Katie, hängt mit seinen Freunden im Comicladen ab, liebt die entsprechenden Hefte und ihre Heldenfiguren. Und außerdem ist er es schlichtweg leid, dass niemand mehr Zivilcourage aufbringt, um anderen zu helfen. Nun will er als Kick-Ass für ein Umdenken sorgen und das gelingt ihm, wenn auch nicht gleich auf Anhieb. Bei seinem ersten Einsatz bekommt er dermaßen die Fresse poliert, dass er nicht mehr weiß, wo rechts und links ist. Eine Stichwunde und einen ihm sämtliche Knochen brechenden Unfall später liegt er dann endlich im Krankenhaus und wird medizinisch versorgt. Die Heilung verläuft gut, nur sind fast alle Nervenenden seines Körpers kaputt, so dass er kaum noch Schmerzen spürt. Fortan kann er einstecken bis die Gegner keine Lust mehr haben oder schlichtweg erschöpft sind und so setzt er sich aufopferungsvoll für seine Mitmenschen ein. Als er bei einer Straßenrauferei in seinem lächerlichen Kostüm per Handy gefilmt wird und so über Nacht weltweiten Ruhm auf YouTube erlangt, erstellt er eine Homepage, bietet er seine Dienste im Internet an und geht Hilferufen via Email nach. Zumindest in New York. Doch dann wird ein fieser Gangsterboss auf Kick-Ass aufmerksam, welcher nebenbei ein paar Bekanntschaften mit weiteren Superhelden macht, die es allerdings richtig draufzuhaben scheinen.
Neben Niclas Cage, der als Big Daddy die lustigste (und wohl auch brutalste) Rolle seiner Karriere verkörpert, und Mark Strong, der abermals als charismatischer Bösewicht im Einsatz ist, spielen eigentlich nur unbekannte Gesichter mit. Aber diese werden allesamt ihren Weg gehen, denn auch schauspielerisch ist "Kick-Ass" absolut erhaben. Die Jungs und Mädels liefern wirklich einen erstklassigen Job ab. Hauptdarsteller Aaron Johnson macht als trotteliger, aber herzensguter Pseudoheld eine ausgezeichnete Figur und hat mit seinen 19 Jahren noch eine große Schauspielkarriere vor sich. Für mich ist er sogar die größte Neuentdeckung seit Shia LaBeouf und Chris Pine. Dazu macht die wunderschöne Lyndsy Fonseca alle anderen zur Zeit so angesagten Mittzwanzigerinnen in Hollywood vergessen. Wer bitte ist da schon Megan Fox? Einen Abend mit der 23-jährigen Lyndsy Fonseca würde ich jedenfalls jederzeit lieber verbringen. Und vor allem muss man die erst 13-jährige Chloe Moretz erwähnen, die als Hit-Girl der eigentliche Star des Films ist. Sie ist es, die für die derbste Action im gesamten Film sorgt. Sie ist es, die das gewaltige Finale des Films anzettelt. Und sie ist es, die als die jüngste und brutalste Superheldin in die Kinogeschichte eingehen wird. Wirklich unfassbar, wie Hit-Girl in diesem Film aufräumt.
"Kick-Ass" reiht tatsächlich einen Kracher an den nächsten. Der Film langweilt zu keiner Zeit. Er unterhält durchweg und dies auf einem unglaublich hohen Niveau. Die Musikuntermalung ist durchweg herausragend. Entweder rockt es so derbe, dass man am liebsten mitkämpfen möchte, oder es fetzt so kontrastierend, dass man sich wegschmeißen muss, weil alles ins Lächerliche gezogen wird. "Kick-Ass" hat sogar einen eigenen Score zu bieten, der vor allem gegen Ende richtig Atmosphäre zaubert. Der Humor ist punktgenau und schlichtweg erstklassig. Das Drehbuch lässt die Figuren Sprüche auffahren, dass man manchmal Tränen lachen muss. Eine Situationskomik ergibt sich sowieso in jeder dritten Kameraeinstellung und die kreative Erzählweise ist absolut wundervoll. Es gibt hier und da comichafte Einblendungen und sogar eine komplette Motion-Comic-Sequenz, die einen Rückblick erzählt und einfach nur begeistert. Zudem wartet der Film gegen Ende mit einem Ego-Shooter-Abschnitt auf, der einfach nur als krass zu bezeichnen ist. Es gibt auch ein paar ruhigere Momente, wo der Film sogar etwas fein eingestreute Moral darbietet, danach folgen aber zumeist in ihrer Gewaltdarstellung absolut konsequente Action-Spektakel, dass einem das Wasser im Mund zusammenläuft. Alles steigert sich nach und nach und mündet in einem so furiosen Finale, dass einem im Minutentakt die Kinnlade runterfällt oder man zumindest ein Grinsen bis zu den Ohren im Gesicht hat.
"Kick-Ass" ist einer der unterhaltsamsten, skurrilsten und heftigsten Filme, die ich je gesehen habe. So viel geilen Scheiß hat man in einem derart gut abgestimmten Mix aus Dynamik, Brutalität und Komik noch nicht erlebt. Wer "Wanted", "Shoot'em Up" oder "Kill Bill" mochte, wird "Kick-Ass" vergöttern. Ganz sicher. Denn er toppt sie alle.