Review

„Mad world"

Dass die Musikuntermalung eines Trailers mal perfekt Ton und Stimmung des beworbenen Films trifft, ist eher die Ausnahme. Gary Jules Coverversion des Tears for Fears-Klassikers „Mad World" wirkt wie für The Crazies komponiert. Die beunruhigende Melancholie der Instrumentierung und der zutiefst pessimistische Text lassen Böses erahnen. Und Böses wird definitiv kommen ...

„All around me are familiar faces ..."

Anfangs scheint noch alles in bester Ordnung in der verschlafenen Kleinstadt im Mittleren Westen der USA. Sheriff Dutton (Timothy Olyphant) sorgt für die Sicherheit und seine Frau Judy (Radha Mitchell) für die Gesundheit der Bewohner. Man kennt und schätzt sich. Plötzlich zeigen einige Bürger ein seltsam apathisches Verhalten ...

„No expression, no expression ..."

Nach einer Weile kommt es zu extremen Gewaltausbrüchen, die in der Ermordung von Familienmitgliedern oder Mitbewohnern gipfeln. Dutton und sein Deputy Russel (Joe Anderson) entdecken unterdessen in einem Sumpfgebiet ein abgestürztes Militärflugzeug. Ein biologischer Kampfstoff ist ausgetreten und hat offenbar das Trinkwasser der Stadt verseucht. Als Truppen der US-Armee die Stadt hermetisch abriegeln und möglicherweise Infizierte in extra eingerichteten Quarantänelager internieren, scheint sich die Vermutung zu bestätigen. Familien werden brutal getrennt, Verzweiflung weicht blanker Panik ...

„Hide my head I want to drown my sorrow. No tomorrow, no tomorrow ... "

Dutton hat in dem ganzen Chaos nur noch ein Ziel. Seine Frau aus der Internierung zu befreien und das versuchte Krisengebiet hinter sich zu lassen. Dabei müssen sie nicht nur an den schwer bewaffneten Militärpatrouillen vorbei, sondern sich auch zahlreicher amoklaufender Infizierter erwehren ...

The Crazies ist ein Remake des Horrorklassikers Crazies von 1973. Kultregisseur George A Romero schuf seinerzeit eine bitterböse Politparabel auf inneramerikanische Verunsicherung und Misstrauen gegenüber der Regierung vor dem Hintergrund des Vietnamkriegs. Da die seit ein paar Jahren in Hollywood grassierende Horrorrecycling-Flut meist wenig erfreuliche Resultate hervorbrachte, mussten Genrefans auch in diesem Fall das Schlimmste befürchten.

„Their tears are filling up their glasses ... "

Und siehe da, es geht auch anders. The Crazies ist jedenfalls kein seelenloser Hochglanzabklatsch, der von der einfallslosen Neuabfilmung ganzer Sequenzen bis zur exakten Kopie sämtlicher Schockszenen an Kreativ- und Ideenlosigkeit nicht mehr zu unterbieten ist. Zwar bleiben das erzählerische Grundgerüst sowie wesentliche Plotbausteine erhalten, dafür sorgt Regisseur Breck Eisner mit einem simplen aber entscheidenden Perspektivwechsel für einen ordentlichen Spannungsschub und übertrifft zumindest in dieser Hinsicht deutlich das Original. Der Zuschauer erlebt das Schreckenszenario ausschließlich aus der Sicht einer kleinen Gruppe Uninfizierter um Sheriff Dutton. Gefühle wie Angst, Ausweglosigkeit, Ungewissheit sowie die ständige Bedrohung werden somit unmittelbar erfahrbar. Der albtraumhaften Erfahrung einer plötzlich über die Menschheit hereinbrechenden tödlichen Epidemie haben wir in den letzten Jahren ja häufiger beiwohnen dürfen, so mittendrin wie hier waren wir dabei allerdings nur selten.

„The dreams in which I´m dying are the best I´ve ever had ... "

Brett Eisner weiß jedenfalls, wie man einen effektiven Horrorthriller inszeniert. Die clever austarierte Spannungskurve steigt langsam aber stetig an. Die Gewaltszenen sind explizit, die diversen Schockmomente wohldosiert und -platziert. Die finstere Atmosphäre ist dicht und die Figuren so konstruiert, dass sich zahlreiche Empathiemöglichkeiten ergeben. Timothy Olyphant und Radha Mitchell geben ein sympathisches und nachvollziehbar handelndes Heroengespann ab, das keinesfalls - wie häufig in diesem Genre - in unglaubwürdiger Manier über sich hinauswächst. Anders als im Original fehlt zwar ein klar definierter politischer Referenzrahmen, die Ohnmacht des Einzelnen gegenüber einer anonymer Staatsgewalt im Angesicht einer eskalierenden Extremsituation wird allerdings sehr drastisch deutlich.

"I find it hard to tell you, cos I find it hard to take. When people run in circles, it´s a very very mad world."

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