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Was ist "Amer"? Die wortgetreue Übersetzung wäre "bitter". Diesen Beigeschmack dürften viele Konsumenten haben, die sich nach dem Film fragen, was das alles sollte. Wer einen klar strukturierten Thriller mit Mord, Motiv und Auflösung haben wollte, dürfte sich mit Sicherheit ärgern. Das ist "Amer" auf keinen Fall. Was ist er aber dann? Ein Giallo, wie er im Vorfeld oftmals benannt wurde? Jein! Er hat viele Zutaten aus dem Subgenre, aber nicht die Struktur. Das Farbenspiel ist umwerfend und klar an Bava sowie Argento angelehnt. Die Bewunderung an die beiden Herrschaften ist deutlich und wird weit über das normale Maß zelebriert.  Ob in der Farbgebung, der Locations oder der Kameraführung, alles riecht nach Giallo. Zudem sind die spärlichen Musikeinsätze grundsätzlich Originalwerke von Morricone oder Cipriani, die in alten Vertretern des Genre bereits zu hören waren. Trotzdem ist alles anders und auch wieder nicht. Es gibt kaum Dialoge, Musik ist selten zu vernehmen und keine Rätsel, wer denn hier nun der Bösewicht ist. Am ehesten kann man "Amer" als Kunstfilm in Giallo-Optik bezeichnen. Die Dreiteilung der Handlungsstränge, die fast völlig zusammenhanglos wirken, sind teilweise nicht erklärbar. Es wirkt auf den ersten Blick absolut konzeptlos und dennoch aufregend. Ein deutlicher Hang zu "Style over Substance" wird ihm nachgesagt und das ist auf den ersten Blick völlig korrekt. Zu sehr badet er in seinen eigenen Bildern, als das man irgendwann noch an eine tiefsinnigere Handlung glaubt. Doch halt! Vielleicht hat man auch etwas übersehen. Möglicherweise ist es doch nicht nur ein bunter Bilderrausch, der Kennern des Genres Augen-Closeups von Fulci bietet. Eventuell ist hier doch etwas vergraben. So seltsam es klingen mag, aber dieser völlig overstylte Kunstfilm geht im Grunde in die Analyse. Er zerlegt den Giallo in seine Einzelteile, durchleuchtet ihn und bietet damals gerne genommene Rückblenden chronologisch.  Ebenso die Motivationen hinter den Taten. Es kann aber auch sein, das ich völlig falsch liege und sich das Regie-Duo bei meinen Worten ins Fäustchen lachen würde.

Egal! "Amer" ist ein fantastischer Film der mich unglaublich beeindruckt hat und für mich einen hohen Wiederanschauungswert besitzt. Die Atmosphäre ist einfach phänomenal und in vielen Szenen kommt dadurch eine unglaubliche unterschwellige Spannung auf. Die Melange von Bild und Geräuschen ist überragend und sollte jedem Kunstfilmfan zusagen. Der Giallo-Fan kommt ebenfalls auf seine Kosten und wenn es nur der Wiedererkennungseffekt von vielen Szenen und Stilmitteln ist. Wer mit Filmexperimenten allerdings nicht viel anfangen kann und lieber klare Strukturen bevorzugt, sollte definitiv die Finger davon lassen.

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