Eine mild angenehme Ausnahme des sonstigen filmischen Lebens in HK, in der gerade die noch jungen Menschen scheinbar oft nur das im Tagesablauf tun, was im herkömmlichen Sinne keine wirkliche Beschäftigung ist, sie dabei aber trotzdem immer beschäftigt aussehen lässt. Dabei ist auch die Gesellschaft hier immer in Permanenz und ohne Unterbruch in einem scheinbar mikroskopisch kleinen Alltag gefangen, in der Jeder Jeden zu kennen oder zumindest anderweitig über mehrere Ecken im Schicksal hin verbunden zu sein scheint. Wobei Danny Pang Fat, die eine eher leicht weniger anerkannte Hälfte der bei weit größeren Produktionen als diese hier oft zusammenarbeitenden Pang-Brüder, die ganze Geschichte als die dramatischere Variante der in der Metropole heißbegehrten Patrick Kong Romanzentragödien, vorzugsweise L is for Love, L is for Lies erzählt.
Hier wie dort steht ein Bündel Heranwachsender im Mittelpunkt, gerechtfertigt nach Männern und Frauen gesplittet, die zwar meist schon wenigstens vorübergehend einen Partner gleichen oder anderen Geschlechtes gefunden haben, mit der sich in grober Hinsicht die Beziehung geteilt wird, sich ansonsten aber noch nicht Gegenwart und Zukunft konkret vorgestellt oder gar vorbereitet haben. Die Probleme nicht nur im Gefühls-, sondern auch dem beruflichen Bereich sind noch zu schwerwiegend, als für zu schwer betrachtet oder die damit noch Unkundigen überfordernd, als daß sich auf mehr als dem jetzigen und eventuell dem nächsten Moment konzentriert werden kann.
Dabei macht sich die kleine Universe Production gerade dieses Dilemma verbunden mit dem Anreiz meist außerhalb der Dreimeilenzone eh unbekannter, dafür darin gelegen umso für die Tabloids und ihre Käuferschar populärer Schauspieler(innen) und Sänger(innen) zunutze und erzählt díe Geschehnisse nicht nur als simple sozialpsychologische Struktur der Masse, sondern auch aus der Perspektive verschiedener Blickwinkel. Während schon der für den Film veröffentlichte Poster ganz eindeutig eine Kopie des Motives für den amerikanischen Vantage Point ist, so ist das Drehbuch von Danny Pang und seinem weiteren Familienmitglied Thomas Pang mit ebensolchen Bekenntnissprüchen und der theoretisch vorhandenen Eindringlichkeit mit Überzeugungscharakter aufgezogen. Nur, daß hier kein Anschlag auf den Präsidenten der Freien Welt, sondern – ganz banal, aber für die Beteiligten dafür auch in resignierender Einordnung immens bedeutsamer – ein Überfall auf einen 24h geöffneten Supermarktklitsche im Mittelpunkt steht:
Als Leo [ Leo Chim ] seine beiden Angestellten Chrissie [ Chrissie Chau ] und Rong [ Stephanie Cheng ] bei allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten an die Wäsche gehen will, plant Chrissie zusammen mit ihrem Freund Gut Chai [ Terence Siu ] einen Überfall auf die Abendkasse; am Besten zu der Zeit, als der Besitzer außerhalb weilt. Diese Chance bietet sich zu dem Moment, als Leo unter falscher Identität die Restaurantbedienung Ling [ Elanne Kong ] in ein Hotel und dort unter dem Vorwand des Geldverleihens auch ins Bett locken will. Währenddessen sucht Lings Freund Pak Ho [ Pakho Chau ] händeringend nach einer Möglichkeit, möglichst schnell und bequem an Geld zu kommen, um die offenstehenden Schulden beim Eintreiber William [ William Chan ] noch bis zur Ende der Nacht begleichen zu können. Ihre Wege kreuzen sich, und zwei Tote sind die Folge.
Der Überfall und sein Ausgang sind sowohl Prolog als auch Epilog des Filmes, nur noch ergänzt durch ein Postskriptum, daß die Geschichte kurz durch ein konstruiertes "was wäre wenn..." in die Ko-Existenz und so noch einmal vollkommen in die Gegenwendigkeit eines Happy End für Alle auflöst.
Bis dahin erschließt man in überschaubaren 75 Filmminuten eine gewisse Zahl von Anwendungsmöglichkeiten, die Schindluder mit dem Schicksal treiben; ein Entgrenzen all der Faktoren, die tatsächlich zu der blutigen Nacht und dem Schaden eigentlich unbeteiligter Personen führen.
Die Macht der Verhältnisse wird mit der Zunahme der Figuren und Faktoren umso deutlicher, je mehrdeutiger die anfangs geschaltete Perspektive in ihren immer wieder eingespeisten Bildern kurz vor, kurz nach und während dem versuchten Raub wird. Dabei stellt man nicht das Theorem der anfänglichen Wahrnehmung und ihre Widerspiegelung in Frage, aber ergänzt um die Vorgeschichte und löst die erst konkrete Abbildung allmählich in ihre Knotenpunkte, eine parteiliche Wiedergabe und gleichzeitig in der sekundenkurzen Wahrnehmungsgabe auch den Scheincharakter der Gesellschaft und ihre Widersprüche auf. Der Zeitgeist der Informationsssammlung über das rein selektive Interesse nur für diesen, nicht den nächsten und schon gar nicht den davor her gegangenen Augenblick wird hier paradoxerweise in eine Objektivität durchbrochen, die auch das subjektive Bewusstsein konfiguiert. Dabei tischen die Autoren sicherlich kein Meer von Gedanken auf, und halten sich eher an einem blanken, wenn wegen der vieldimensionierenden Wirklochkeit da auch redigierenden und korrigierenden Verlaufs- als einen Thesen- und Ergebnisprotokoll fest.
Sich dabei in die Umstände der handelnden Personen versetzen zu können, ist dabei weniger gegeben als sich schlichtweg an der Erforschung und Beobachtung des gesamten Zusammenhanges zu erfreuen; die Personen werden angesichts der Kürze des Filmes und seiner Dienung als Wegweiser nur für den Überfall auch nur als grundweg verständlich für die knappe Empfindung eingeführt. Ob sich nun zwei Brüder auf der jeweils anderen Seite des Gesetzes befinden und sich gleichermaßen ungeliebt im Herzen ihrer Mutter fühlen, ist hierbei ebenso ein Thema für einen fünfsekündigen Dialog wie auch die Bedeutung des Vortäuschens einer Beziehung, um die richtige Affäre mit einer ganz anderen Person vor der Exfreundin geheimhalten zu können. Im Grunde genommen und gerade aus der Draufsicht von Mimesis und Ratio wirkt dies auch meist null und nichtig, aber Alles Ausführliche würde für die jetzige Zivilisation und ihre vorreflexive Einstellung auch schon wieder zu unersetzlichem Zeitverlust führen. Als Reizpunkte der Aufmerksamkeit dient neben den anderweitig aufgeführten Vergehen und Verbrechen wie Nötigung, Autodiebstahl, Illegales Wettspiel vor allem auch das altbewährte Lockmittel der Sexualität, und wird gerade zu Beginn durchaus offensiv auf die Mädels und ihre Oberweite gestiert.