Vermutlich wird immer wieder „God’s Army“ als Vergleichsobjekt herangezogen, weil er wie „Legion“ ein Kinofilm ist. Ein Blick ins Fernsehen offenbart allerdings eine wesentlich deutlichere Inspirationsquelle: „Supernatural“.
In den Staffeln vier und fünf der Mysteryserie geht es ja ebenfalls um die Apokalypse, die Zuschauerzahlen zeugen von der Begeisterung des Publikums und was lag da näher mit dem eigenen Himmel-vs.-Hölle-Filmchen noch etwas Knete zu machen? Ohne genauere Kenntnis mag man da jetzt von einem großen Actionspektakel ausgehen und die anfängliche Waffensammelei der Engels Michael (Paul Bettany) ist tendenziell dazu geeignet derartige Erwartungen zu schüren.
Doch kurz darauf die Ernüchterung, wenn man sich einem kleinen Diner mitten in der Wüste zuwendet, das ein begrenztes Figureninventar beherbergt und schon so offensichtlich nach „Assault on Precinct 13“-Szenario brüllt, dass man sich kaum wundert, wenn später im Film die Belagerung der Location durch Besessene ansteht. Zudem mussten die „Supernatural“-Hauptfiguren ebenfalls ein Polizeirevier gegen eine Horde Dämonen halten, doch die Selbstreflexivität der Serie darf man in „Legion“ nicht erwarten.
Bald taucht also der erste Besessene Mensch vor Ort auf und wird mittels Knarre erledigt, irgendwann stößt Michael als himmlische Verstärkung dazu und schon kurz darauf gibt es die Besessenen im Dutzendpack, die das Diner und seine Insassen belagern…
„Legion“ läuft im Kino, versucht also die TV-Fans abzugreifen und ist dabei so sehr B-Movie, das er eigentlich in die direct to video Sparte gehört – kein Wunder, dass der Film bei keinem Zielpublikum so richtig ankam, zumal die Schreibe selbst für Videothekenware nicht unbedingt Topqualität wäre. Der in der Filmmitte präsentierte Clou, dass Engel und nicht Dämonen hinter der Sache stecken, ist an sich keiner, denn es ändert nicht die Bohne an der Geschichte und ob das Fieslingsvolk nun den im Uterus der Kellnerin Charlie (Adrianne Palicki) will oder das Rezept für den perfekten Schokoladenkuchen ist bei genauer Betrachtung herzlich egal.
Herzlich egal ist leider auch das Attribut, das den Umgang des Films mit seinen Figuren beschreibt. Einem blassen Ehepaar sieht man den Status als erste Opferlämmer bereits an, doch selbst Sympathieträger und wichtige Figuren gehen bei dem Engel-contra-Engel-Heckmeck mit erschreckender Nebensächlichkeit über den Jordan. Das ist schade, denn die Charakterzeichnung funktioniert trotz gewisser Stereotypen (zynischer Dinerkoch, väterlicher schwarzer Buddy usw.) überraschend brauchbar und so ist es schade, wenn die Figuren dann so lieblos abgemurkst werden.
Ansonsten übt sich die Regie in versiert abgefilmter Düsterstimmung, die an das Vorbild „Supernatural“ erinnert (ebenso wie die Tatsache, dass die Engelkontrahenten Michael und Gabriel sind), aber dem Film doch einiges an Flair verleiht. Immerhin genug um gewisse Effektschwächen und ins Trashige tendierende Ideen wie Gabriels Streitkolben, der mehr Zusatzfunktionen als die Gartenkralle plus besitzt, zu ignorieren.
Hätte man „Legion“ spannender, wenn schon nicht originell, geschrieben, dann hätte der Film durchaus Laune gemacht, denn gerade in den Actionszenen sieht man deutlich, was drin gewesen wäre: In den Feuergefechten wird herumgeholzt als ob es kein morgen gäbe, bei den wuchtigen Menschen-vs.-Monster-Gefechten lässt man sich gerne von den Schauwerten umhauen und bei den Nahkämpfen, wahlweise mit Schwert, Streitkolben oder bloßen Händen ausgetragen, kann „Legion“ sogar auf eine verteufelt schicke Choreographie setzen.
In den Kampfszenen machen die Engelsdarsteller Paul Bettany und Kevin Durand auch eine bessere Figur als in den Dialogpassagen, in sie sich Armageddonsplattitüden um die Ohren hauen, in denen es (wie in „Supernatural“) um die Stellung von Mensch und Engel in Gottes Gunst geht. Lucas Black steht meist nur nutzlos in der Gegend rum, Adrienne Palicki begnügt sich mit der damsel in distress Rolle, während Tyrese Gibson noch ganz gut was aus seiner Rolle macht. Auf dem Posten der abgestiegenen Altstars supporten Charles S. Dutton und Dennis Quaid (nach „Horsemen“ und „G.I. Joe“ erneut im B-affinen Kinofilm) ganz solide, während sich Willa Holland als kämpferische Tochter unerwartet gut schlägt, vielleicht sogar die beste Performance des Films hinlegt.
Doch am Ende scheint es, als seien Regie und Crew nur in den Actionszenen mit Herz bei der Sache gewesen, hätten dazwischen aber nicht so recht gewusst, wie sie den Film angehen. „Legion“ ist quasi eine auf Filmlänge gestreckte „Supernatural“-Folge, nur ohne deren Charakterzeichnung und Ironie. So bleibt Scott Stewarts Film hübsch anzusehen, aber leider ohne brauchbaren Spannungsbogen oder erinnernswerte Momente. Fressen und vergessen.