Review

Da freut sich der Genrefan doch angesichts von Pitch und Poster schon mal präventiv: Monster, Zombies, die Apokalypse, Gottes Zorn und Erzengel im Schlachtemodus, das riecht doch stets nach dem neuesten Horrorkracher aus der seligen, weil zuletzt zu oft vernachlässigten B-Schublade, der es bis in die Kinosäle geschafft hat.
Doch dann beschleicht den Zuschauer dieses merkwürdige Gefühl, nachdem sich ein Unbekannter in dunkler Gasse die Schwingen absäbelt und anschließend noch mal den "Terminator" in Sachen Waffenbeschaffung nachskizziert: da war doch mal was, damals im letzten Jahrhundert...

Ja genau, da war mal was und alles Grusel- und Mysteryfreunde, die nicht ganz den Anschluß verpaßt haben, werden dieses wohlige Bekanntheitsgefühl aus zwei Duftmarken nachempfinden können: einmal das Bibelmysterienspiel "Das siebte Zeichen", in dem Jesus in Gestalt von Jürgen "Kaleun" Prochnow zur Erde zurückkehrte, um mal so richtig zu apocalypsen, weil Gott die Schnauze und die Hütte (bzw. die Halle der Seelen) voll hatte, und dann noch das dezente Engelsgekloppe "God's Army", in dem Christopher Walken verzweifelt gegen seinen Abstieg aus der A-Liga ankämpfte, indem er als fieser Gabriel ein gar finster Seelchen jagte, daß einer seiner Kollegen in einem kleinen Mädchen verbuddelt hatte. Und im Hintergrund winkt eine um Regisseur John Carpenter und seine Western-Vorlieben versammelte Gruppe bunt zusammen gewürfelter Studies, die sich just zum jüngsten Tag in einer alten Kirchen gegen die gegen sie anrennenden Mächte des Bösen verbarrikadieren müssen, weil die "Fürsten der Dunkelheit" im Spiegel dürsten.

Alle gesehen?
Schön, dann wird "Legion" ab diesem Moment eine enorm pappige Angelegenheit, ein Best-Of dieser auch nicht so ganz taufrischen Ideen, denn Gott hat mal wieder Wochenende und läßt die Engelshorden los und nur im Desert Inn, das hier (hint, hint...) "Paradise Falls" heißt, weiß man nicht, daß a) die Welt am Arsch und b) in der Röhre von Kellnerin Charlie der Heiland los ist. Artillerie-Man entpuppt sich baldigst als Erzengel Michael, der reichlich Ammo gegen die bösen Besessenen und Mutanten ins Spiel bringt, die in der Folge gegen die Bretterbutze anrennen. Und alle fragen sich, was der Herr, die alte Schluse, noch so alles im Ärmel hat...

Ganz im Ernst, Scott Stewart, der hier seinen Popo auf dem Regiestuhl angewärmt hat, ist ein enorm patentes Kerlchen, der uns mit seiner FX-Firma "The Orphanage" schon so manche Socke hat wegfliegen lassen, aber das heißt nicht, daß er auch Filme drehen kann. Und schreiben schon gar nicht, wie das Skript beweist (das er übrigens mit seinem Kumpel Peter Schink zusammengeklötert hat, der sonst im Schneideraum die Penisse in den Nachspann einarbeitet), welches so ziemlich jedes allmählich mumifizierte Bibelklischee aus dem hintersten Psalmenreißer noch einmal schön aufwärmt und so belanglos und platt serviert, daß man Belag auf den Zähnen vom Zuschauen bekommt.

Was durchaus ein suspensereicher Thriller nach klassischen Westernmotiven hätte werden können, gerät immer stärker zur Ansammlung schwülstiger Sentimentalitäten, während sich die Figuren in den Kampfpausen mal eben ihre Schwächen und Ängste erklären, denen sie fünf Minuten später zum Opfer fallen sollen und dabei heiße Glycerintränen weinen. Der Plot ist so offensichtlich, daß er dem Publikum praktisch um die Ohren gehauen wird und die Kamera ist dermaßen auf goldbraune Patina und Wackelschwenks ausgerichtet, daß man es glatt für "digital video" halten könnte.
Ein paar gute Ideen haben sich auch in die Einöde verirrt - speziell betone ich jetzt mal drei "creepige" Szenen mit einer Monster-Oma, einem blutrünstigen Kleinkind und einem mutierenden Eismann - aber die Kamera steht meistens am falschen Platz, John-Woo-Editor Steven Kemper montiert sich einen hektischen Wolf zusammen und wie üblich fragt stundenlang während des Verbarrikadierens keine Sau nach dem Sinn der Tätigkeit, bis die Besessenen einen schon längst in den Po beißen.

Was dann als Erklärung nachrückt, ist in knappen und belanglosen Sätzen der simple Inhalt ohne Biß und Witz, aber verpackt in um Coolness bemühte One-Liner, die aber im Nichts verpuffen. Und an diesem Punkt darf man sich dann mit Fug und Recht fragen, wer diese Besetzung zusammengebacken bekommen hat und ob da Erpressung oder Schulden im Spiel waren.
Da wäre Paul Bettany, der hier den mystisch-coolen Ex-Engel geben soll und nur heiser ein paar vordergründige Sätze absondern darf.
Da ist Dennis Quaid als versoffener Tanke-Besitzer, dessen Funktion in diesem Film mehr als diskutabel ist. Noch schlimmer ergeht es seinem Kumpel Charles S.Dutton, der sich schon zur Halbzeit funktionsarm verabschiedet. Der durchaus action-erfahrene Tyrese Gibson ein seliges Enigma, Privatpraxis-Schnitte Kate Walsh ein Kleiderständer, Prophet Lucas Black ein Beispiel an ausdrucksarmer Transparenz, nichts will hier funktionieren, weil die Charaktere erst nur umrissen sind und dann keine Funktion in der Belagerung entwickeln dürfen.

Aber was braucht man auch Schauspieler, wenn man einen kugelsicheren Erzengel mit Wikingerkriegskeule hat, die sich bei Bedarf in einen rotierenden Drillbohrer verwandeln kann, in einem Showdown, der so gut getrickst ist, daß Kevin Smiths Engel in "Dogma" dagegen wie eine FX-Offenbarung von James Cameron wirken. Und seit wann ist Gott eigentlich so tierisch vergnügungssüchtig und wankelmütig, daß er sich alles an einem Tag noch mal überlegt, wenn endlich einer mal was "Amüsantes" macht...

Neenee, Potential hat der Bibelhorror noch immer, wenn man es geschickt verkauft, mysteriös und unheimlich und mit wenigstens ein paar kleinen Überraschungen in der Manteltasche, "Legion" wirkt entweder übermäßig emotional übertrieben oder rein funktional runtergerissen, ohne jeglichen Haken oder Wendung. Und so bleibt nur noch, zunehmend spöttisch auf die Hampeleien zu reagieren, die noch dazu mit Dialogzeilen wie "Charlie, sie müssen jetzt pressen, wie sie noch nie zuvor gepresst haben!" garniert sind. Da wünscht man sich selig, Viggo Mortensens "Luzifer" aus "God's Army" hätte mal für fünf Minuten vorbeigeschaut, um das todernst runtergekurbelte Spektakel in seiner lächerlichen Endzeitlichkeit mit einer Prise infernalischem Witz zu würzen. Hölle, wo ist dein Sieg? (3/10)

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