Drachen und Wikinger stehen nicht ohne Grund im Generalverdacht, aktuelle Trends und damit die "Merchandising" - Einnahmen bedienen zu wollen. Angesichts der Plastikdrachen, die McDonalds zum Kinostart seinem "Happy Meal" anfügt, konkretisiert sich dieser Verdacht und könnte auf ein liebloses Machwerk hinweisen. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall, obwohl die Ausgangsposition des jungen Helden "Hicks" genretypisch verläuft.
Hicks - und das unterstreicht sehr schön die Animation - ist der ziemlich zarte Sprössling des muskulösen Wikinger - Anführers. Er geht zwar beim Ortsschmied in die Lehre, aber als Kämpfer ist er gänzlich unbrauchbar, was ihn auch bei der weiblichen Jugend - vor allem in Person der von ihm verehrten, sehr toughen Astrid - durchfallen lässt. Als wieder einmal Drachen über das Dorf herfallen, soll er sich in Sicherheit bringen, aber stattdessen schiebt er eine von ihm erfundene Netzwurf-Maschine nach draußen und erwischt damit ausgerechnet "Nachtschatten", den berüchtigten, als besonders gefährlich geltenden Drachen, dessen Anblick unbekannt ist, weil diesen bisher noch kein Wikinger überlebt hatte.
Natürlich glaubt ihm Niemand, aber als er am nächsten Tag im Wald Spuren eines Absturzes findet, führen ihn diese zu dem im Netz verwickelten Drachen, der hilflos am Boden liegt. Erst will Hicks ihn töten, aber angesichts dessen Angst befreit er ihn, was ihm gleich einen Gegenangriff einbringt. Aber auch "Nachtschatten" belässt es bei der Drohgebärde und fliegt davon. Allerdings nicht weit, denn sein Schwanz hat einen Teil seines Flügels verloren und ohne das vollständige Leitwerk kann er nicht mehr kontrolliert fliegen. Und auch nicht mehr für Nahrung sorgen, was Hicks schnell bemerkt.
Die Annäherung zwischen Hicks und "Nachtschatten" folgt den sensiblen Regeln, die man aus diversen Tierfilmen kennt, wodurch die fantastische Konstellation Mensch/Drachen einen realistischen Touch bekommt, der erstaunliche Emotionen erzeugt - eine für einen Animationsfilm ungewöhnliche Leistung. Natürlich ist die Geschichte vom ewigen Krieg zwischen zwei Parteien, die sich so lange bekämpfen, dass sie gar nicht mehr in der Lage sind, ihr Gegenüber genauer wahrzunehmen, auch eine bekannte Konstellation, aber durch Hicks Erzählung aus dem Off bekommt die fantasievoll ausgeschmückte Geschichte, die vor allem mit ihrer Drachen-Typologie punkten kann, eine moderne Anmutung.
Im Grunde ist "Drachenzähmen leicht gemacht" in Erzählweise und Charaktergestaltung ein Film der Gegenwart, der nur sein Szenario in eine theoretische Vergangenheit mit Wikingern, Holzschiffen und Drachen versetzt. Spielend gelingt es dem Film in seine actionreiche, dezent spannend erzählte Geschichte einen Vater/Sohn Konflikt und den Irrsinn einer tödlichen Auseinandersetzung zu integrieren. Das ist nicht neu, aber liebevoll kindgerecht verpackt und auch für Erwachsene ohne den aufrechten Zeigefinger gut zu ertragen.
Wirklich neu ist aber die Selbstverständlichkeit, mit der hier körperliche Behinderungen einbezogen werden - die Konstruktionen des Schmiedes erinnern zwar an heutige High-Tech-Prothesen, aber das ist nur konsequent angesichts eines Films, dessen Botschaft nicht weniger aktuell ist (8/10).