Dass Steven Seagal ein gefährlicher Mann ist, das wussten wir ja schon immer, aber „A Dangerous Man“ sagt es noch mal im Titel.
Shane Daniels (Steven Seagal) ist also der gefährliche Mann, der sich auch direkt an die Verfolgung eines Räubers macht, der seine Frau angreift. Blöd nur, dass der Knilch tot aufgefunden wird, und da alle Welt weiß, dass Shane ein gefährlicher Mann ist, wird er eingeknastet – solange bis das Gegenteil bewiesen wird, aber da ist die Frau schon stiften gegangen. Heissa, was ein gebrochener Held, wie die Verurteilung ohne brauchbare Beweise möglich war, fragt man da lieber nicht – vermutlich war Shanes Reputation so stark.
Shane kassiert Schmerzensgeld, aber das holde Weib ist weg, also gönnt er sich kleine Freuden wie Hochprozentiges kippen oder Straßendiebe aufs übelste zuzurichten, ja regelrecht zu verstümmeln. Das erinnert an die unnötigen Gewaltexzesse eines „Kill Switch“ und auch wenn Seagalfilme immer recht weit gingen – das geht doch etwas zu weit, aber es bleibt zum Glück die einzige Szene. Kurz nach diesem Spaß will Shane allein auf einem Parkplatz sein.
Allerdings ist besagter Parkplatz wohl ein heißer Abhängort, denn auch zwei Autodiebe chillen dort und Triaden knallen einen Cop ab, der sie beim Chillen stört. Logo, dass Shane einschreitet, die Triaden verdrischt und in deren Kofferraum die entführte Tia (Marlaina Mah) findet. Doch dafür gibt es Stress mit der Gangsterhorde…
Die letzten drei Seagalfilme waren allesamt solide, doch jeder scheint Fehler des Vorgängers auszubügeln, um wieder andere zu machen. Über die Actionknappheit von „The Keeper“ kann man sich bei „A Dangerous Man“ nicht beschweren, in der Mitte ist zwar eine Durststrecke angesagt, dafür wird davor und danach ordentlich geballert und gekämpft, gerade im letzten Drittel laufen die Flintenrohre heiß. An die Choreographien alter Tage kommen die Fights nicht heran, dafür wird wenig bis gar nicht gedoubelt und Seagal ist in recht guter Form, darüber hinaus suppt es bei den Shoot-Outs ordentlich und Keoni Waxman inszeniert versiert, wenngleich nicht ganz so stylisch wie bei „The Keeper“.
Leider geht man plottechnisch weg von den erfreulichen, ehrlich-simplen B-Actionfilmen der letzten Zeit, sondern versucht sich wieder an einer verworrenen, pseudokomplizierten Plotte – ähnlich wie jene, an denen die Seagalfilme 2005/2006 häufig krankten. Hier sind also neben dem Helden noch die aufrechte Tia inklusive gekidnapptem Onkel, die Russenmafia (die hier aber zu den Guten gehört) sowie zwei Fraktionen von Triaden, die zwischendrin versuchen einander zu betuppen, beteiligt. Sicher, so verworren wie diverse Vorgänger ist „A Dangerous Man“ glücklicherweise nicht, aber mit gradlinigerem Plot wäre man hier wohl besser gefahren. Doch es gibt genug Action, um das Manko teilweise auszugleichen; außerdem tritt Waxman mächtig aufs Gas, damit man nicht so schnell auf die Idee kommt die Chose zu hinterfragen.
Etwas störend sind allerdings mal wieder die Seagalesken Eigenheiten, die der B-Star sich ins Drehbuch schreiben ließ, vor allem was das mal wieder frisch aus Neandertal importierte Frauenbild angeht. Denkt Shane an die Ehefrau, die schon viel zu jung ist, dann spielen sämtliche Erinnerungen im Schlafzimmer (schien keine besonders vielseitige Ehe zu sein), der Film endet allerdings mit einer angedeuteten Romanze zwischen Shane und Tia – und da ist der Altersunterschied dermaßen groß, dass man sich echt fragen muss, ob der Tatbestand der Pädophilie bereits erfüllt ist.
So launig wie in „The Keeper“ spielt Seagal dann leider auch nicht, aber immerhin: Er spielt und ist meist selbst dabei, nur gelegentlich müssen mal Körper- und Sprachdoubles ran, weil er gerade keinen Take mehr absolvieren wollte. Byron Mann hingegen wird etwas verschenkt, ist zwar charismatisch fies, kann aber aufgrund der geringen Screentime kaum zur Geltung kommen. Der Rest ist ebenso solider wie unscheinbarer Support, allenfalls Marlaina Mah kommt noch ein wenig zur Geltung.
Wer die Handlung bei Seagalfilmen wahlweise überspult oder geistig ausblendet, der darf sich vor Freude kugeln, denn „A Dangerous Man“ bietet reichlich derbe Action. Wer die Filme allerdings aufmerksam verfolgt, der wird sich am etwas verhunzten Plot und kleineren Details stoßen können – ein brauchbarer B-Actionfilm ist dennoch entstanden, nur keine Genreperle.