Spanien gilt allgemein nicht als der Exportschlager für hochwertige Filme und ist selbst auf der europäischen Filmebene, abgesehen von einigen ansehbaren Produkten, ein unbeschriebenes Blatt. Da ist es um so überraschender, dass diese 12 Millionen Dollar Produktion von Regisseur Jaume Balagueró locker sämtliche Genrekollegen aus Hollywood oder Asien locker in die Tasche steckt, obwohl die Idee nicht neu ist, aber eine perfekte Inszenierung darstellt.
Schon das unheimliche, bassige mit Herzklopfen unterlegte Intro bietet mehr Atmosphäre, als aktuelle Horrorblockbuster. Snapshots mit kaum zu erkennenden blutigen Szenen und Kindern begleiten ein kurze Befragung eines Jungen, der als einziger dem Horror entkam, aber seine geistige Blockade der Ereignisse nicht überwinden kann. Alles weitere bleibt erstmal offen.
Viele Jahre später Mark (Ian Glen, bekannt aus "Tomb Raider") zusammen mit seiner Frau Maria (Lena Olin, u.a. zu sehen in "Die 9 Pforten" oder "Königin der Verdammten"), seiner Tochter Regina ("X-Men" Star Anna Paquin) und seinem Sohn Paul (Stephan Enquist) in ein altes Haus in Spanien. Freundliche Nachbarn, Familienidylle, ein großes Grundstück: Das Glück scheint perfekt. Doch schon bald deuten mysteriöse Vorzeichen auf ein düsteres Geheimnis ihres Heims hin.
Mark, in der Vergangenheit von aggressiven Anfällen geplagt, rastet aus, schon bei Kleinigkeiten aus, bedroht einen Elektriker, weil der Storm im Haus nicht richtig funktioniert und wird für seine Kinder zu einem Monster. Die skeptische Regina ahnt als erstes, dass mit ihrem Vater (der angeblich seine Vergangenheitsprobleme überwand) was nicht stimmt und sucht Rat bei Dr. Rua ( Giancarlo Giannini, der Inspektor Pazzi aus "Hannibal"), der sie zu beschwichtigen versucht. Derweil nimmt ihr Vater mit einer Axt das halbe Haus auseinander, weil er glaubt Ungeziefer im Haus zu haben und stößt dabei auf einen Geheimraum, der lauter alten Plunder birgt. Würgemale an Pauls Hals schüren einen ungeheuren Verdacht Reginas, den aber ihre Mutter, die möglichst lange die heile Welt aufrecht erhalten möchte nicht einsieht. Auf sich allein gestellt versucht sie mit Hilfe ihre Freundes dem Unerklärlichen auf die Spur zu kommen und stößt schon bald auf Ungeheures...
Langsam aber stetig baut Balagueró nun den sich ankündigenden Horror auf, wobei er bekannte Stärken oder vielleicht auch Klischees des Genres exzellent einsetzt. Des Nachts stürmt, blitzt, donnert und regnet es, was als Grundlage für eine horrende Atmosphäre unumgänglich ist. Mysteriöse, unkenntliche Schatten huschen durch das Haus und sorgen dank perfekter Musikuntermalung und Schnitttechnik für Gänsehaut und sich aufstellende Nackenhaare. Flackerndes Licht, ein mysteriöser Beobachter mit Regenschirm vor dem Haus, sich verselbstständigendes Spielzeug und unter dunkle Betten rollende Stifte Pauls, der inzwischen unheilbekundende Bilder malt und Bilder leerer Flure sind nur das Vorspiel auf den wahren Horror. Schon bald terrorisieren rätselhafte Kinder das Haus, verschwinden Personen aus unheimlichen Bildern, Türen werden verschlossen und Geheimnisse ungeahnten Ausmaßes offenbaren sich.
Was hier geboten wird, möchte ich als den perfekten Horror betiteln, denn mit so vielen und effektiven Schocks kann nichtmal "Shining" und erst recht nicht "The Ring" aufwarten, die ich bisher zu den Gernekönigen zählte. Zwar sind die Einfälle Balaguerós nicht neu, (er recycelt nur Ideen anderer Horrorfilme), doch besitzt er eine ungeheueres Gefühl, wann er welche Szene wie schneiden und mit welcher Musik oder Geräuschen unterlegen muss. Da dürften selbst hartgesottene Burschen ihre Hände tiefer ins Gesäß krallen, so spielt der Film mit den Ängsten der Zuschauer, wobei auch hier wieder viel im Kopf abspielt und nichts wirklich Brutales oder Anstößiges gezeigt wird. Dabei fokusiert sich der Plot nicht nur auf die Location selbst, sondert wandert kurz und effektiv in Substorys eher nebensächlicher Personen, die sich dem Horror ebenfalls nicht entziehen können. Der Einbau längst vergangener Mythen und Ritualen verbunden mit Aberglauben ergänzen die ohnehin schon bedrückende Stimmung nur noch.
Fazit:
Regisseur Jaume Balagueró geling hier vielleicht der perfekte Horrorgruselfilm, der leider das Manko (wie so viele gute Horrorfilme) besitzt, nur beim ersten Mal Terror pur bieten zu können. Dank erstklassiger Schnitt- und Tontechnik, immens atmosphärischen Sets und gut aufgelegten Schauspielern, die ihre Rollen alle überzeugend verkörpern. Auch wenn es diesen Plot schon oft ähnliche Genrebeiträge zum Inhalt hatten, bleibt der Spannungsbogen konstant und kann bis, zum ebenfalls mankolosen, Ende dank einiger Überraschungen und Schockmomenten durchweg überzeugen. Seit Jahren durfte ich mich nicht mehr so gruseln. Schade, dass solche atmosphärischen, aber unblutige Hochkaräter so selten sind.