In den vergangenen Jahren hat sich die von Brian Yuzna und Julio Fernandez ins Leben gerufene spanische Filmschmiede "Fantastic Factory" durch interessante Genreproduktionen wie "Faust", "Beyond Re-Animator" oder "Romasanta" in Fan-Kreisen einen Namen gemacht. Auch "Darkness" stammt aus jenem Hause und präsentiert Regisseur Jaume Balagueros lang erwarteten Nachfolger zu dessen Überraschungserfolg "the Nameless" (welcher mir persönlich nicht unbedingt zusagte), bei dem er sich mit einer Geschichte um ein unheilschwangeres Haus auf klassisches Grusel-Terrain begeben hat...
40 Jahre nach einem mysteriösen Vorfall um verschwundene Kinder zieht endlich wieder eine Familie in das schön gelegene Haus wenige Kilometer außerhalb einer spanischen Metropole ein: Nach Jahren in den USA kehrt Mark (Ian Glenn - "Tomb Raider") zusammen mit seiner Frau Maria (Lena Olin - "Romeo is Bleeding") sowie den beiden Kindern Paul (Stephen Enquist) und Regina (die junge Oscar-Preisträgerin Anna Paquin aus "the Piano") in sein Heimatland zurück. Natürlich hat das Haus wegen der langen Zeit des Leerstehens anfangs seine Macken, und vor allem Regina fällt es schwer, die neue Umgebung zu akzeptieren, aber Marks Vater, der angesehene Arzt Dr.Rua (Giancarlo Giannini - "Man on Fire"), müht sich redlich, ihnen die Umstellung in allen Aspekten zu erleichtern.
Nach drei Wochen beginnt sich jedoch drohendes Unheil anzukündigen: Mark sieht sich auf einmal mit aufblitzenden Erinnerungsfragmenten konfrontiert und erleidet einen Zusammenbruch, während Pauls Malstifte immer wieder verschwinden, er zum ersten Mal Angst vor der Dunkelheit entwickelt und irgendwann gar blaue Flecke aufweist, deren Entstehen sich keiner erklären kann. Zudem legt Mark in der Folgezeit ungewöhnlich aggressives Verhalten an den Tag, ist leicht reizbar und verhält sich merkwürdig gegenüber seiner Umgebung. Während Maria davor die Augen zu verschließen scheint, glaubt Regina, alles würde irgendwie mit dem Haus in Zusammenhang stehen, weshalb sie gemeinsam mit ihrem Freund Carlos (Fele Martinez) Nachforschungen anstellt – dabei stoßen sie auf den Architekten des Gebäudes, der ihnen die Geschichte um die Errichtung sowie den Vorfällen vor 40 Jahren offenbart. Darüber hinaus verweist er auf Zusammenhänge mit einem geheimnisvollen Kult, der während einer Sonnenfinsternis per Ritual das Böse aus der Dunkelheit erwecken will – und genau diese Konstellation steht nun unmittelbar bevor...
Regisseur Balaguero ist es mit "Darkness" gelungen, einen stimmigen und nahezu perfekten Gruselthriller zu inszenieren, der mit guten Darstellern, düster-schönen Bildern sowie einer überzeugenden Atmosphäre aufwarten kann. Aufgrund seiner relativen Ruhe, aus der sich das Grauen stetig herausentwickeln kann, ist der Film weniger für Freunde des "Holzhammer"-Horrors im Stile eines Videoclips zu empfehlen (wie etwa "House on Haunted Hill"), sondern eher an Feingeister gerichtet, die noch wissen, was das Wort "subtil" eigentlich bedeutet. F/X-Ausschweifungen sucht man daher vergeblich – stattdessen wird die Vorstellungskraft des Zuschauers animiert, indem gekonnt Erwartungshaltungen (beispielsweise bei der Szene, in welcher Mark Kartoffeln schneidet) und Urängste (wie vor der Dunkelheit, den Schatten unterm Bett etc) angesprochen werden.
Ein nicht unerheblicher Anteil an der Glaubwürdigkeit ist sicherlich der starken Besetzung zu verdanken, aus der vor allem die jüngeren Darsteller herausragen – allen voran Anna Paquin ("X-Men"), die in der Hauptrolle durchweg überzeugt. Charaktermime Giancarlo Giannini ("Hannibal") spielt einen eher zurückhaltenden Part, hält aber eine entscheidende Schlüsselposition inne. Die Story ist gut ausgearbeitet worden und fügt sich mit der Zeit immer weiter zusammen. Einige Kritiker bemängelten das sprunghaft erscheinende Verhalten der Eltern, doch bei genauerer Betrachtung wird dieses durch die Ereignisse kurz vor Pauls Geburt erklärt, aus denen man Erfahrung im Umgang mit den Veränderungen und Anfällen schöpfen konnte.
Natürlich hat man gerade in den letzten Jahren eine Vielzahl ähnlicher oder artverwandter Produktionen zu Gesicht bekommen (von "the 6th Sense" über diverse B-Filme bis hin zu "the Gathering" oder gar "Cold Creek Manor"), und im Drehbuch wurden zudem Motive anderer Größen verarbeitet (z.B. "the Shining" oder auch "the Nameless"), doch das fertige Produkt stellt sich als selbständig und vor allem in sich stimmig heraus, wobei es das Genre natürlich nicht neu erfindet. Vielmehr nutzt Balaguero bekannte Elemente, die man schon fast als "Klischees" dieser Art von Filmen ansehen kann (zu denen sicherlich flackerndes Licht, starker Regen, kurzzeitig erleuchtende Gewitterblitze, schemenhafte Gestalten im Halbdunkeln, mysteriöse Geräusche, Stimmen und Anrufe zählen), und spielt diese im Rahmen klassischer Verläufe optimal aus: Der Vorspann erweckt mit seinen schnell und effektiv zwischengeschnittenen Bilderfetzen Interesse, dann folgt die Einleitung der Geschichte sowie der Hauptteil mit ihrer Entfaltung – bis hin zum letzten Drittel, in denen etliche Überraschungen preisgegeben werden, welches letztlich in einem finalen Höhepunkt mitsamt konsequenten Ende mündet. Die Spannung wird komplett über den gesamten Verlauf hinweg gesteigert, was man heutzutage eher selten erleben darf.
Unterstützt wird das alles von dem vorbildlichen Einsatz der Kameraarbeit (z.B. die teilweise verzerrte Optik), Schnitttechnik (die Zwischensequenzen) und Musikuntermalung (toller Score!), welche die Gänsehautatmosphäre fördern und weiter ausbauen. Es sind aber auch einige besonders intensive Momente, die mich begeisterten, welche man schlichtweg als "perfectly creepy" umschreiben kann: Da wäre etwa der Augenblick der Begründung, warum das Ritual damals nicht klappte, das alte Foto mit den drei Gestalten, das Wesen an der Decke sowie in der U-Bahn – oder auch nur die zwei Schaukeln inmitten des dunklen und blutbeschmierten Hauses...
Fazit: Zwar erfindet "Darkness" das Genre nicht neu, liefert aber ein Paradebeispiel dafür, wie ein spannender, atmosphärischer und perfekt inszenierter Gruselthriller auszusehen hat ... starke 8 von 10.