Der Vorteil der Biographie über Lehrmeister Kong ist der, daß er nicht so sehr als ein Repräsentant bestimmter und in seinem Fall auch scheinbar typischer Vorstellungen und entsprechend gerichteter Neigungen und Anschauungen des Lebens porträtiert, sondern ein Teil seiner Biographie mit zur gleichen Zeit geschehenden geschichtlichen Ereignissen von Politik und den sich darin verzahnenden Machtkämpfen kategorisiert wird. So bleibt seine eigene Familie, Frau und Kinder nahezu vollständig aus dem Bild außen vor und wird sich mehr auf ein zwischenzeitlich rast- und ruheloses Umherwandern auf dem Schachbrett widerstreitender Gesellschaften konzentriert, in dessen allgegenwärtigen Chaos das ausgesuchte Ziel von Harmonie und Mitte, Gleichmut und Gleichgewicht trotz des naiv blinden Vertrauens doch schon wieder erstrebenswert erscheint.
Der Nachteil ist, dass man nicht zu diesem einzigen Urteil genügt und als traurige Notwendigkeit schon von dem autoritären Parteiabzeichen und der Volksbildungs-Kompanie hinter dem Film auch Zucht und Anstand in bald entsetzlicher Regelmäßigkeit zu predigen hat. Daß die Haupt- und Titelrolle getreu aller Vorwarnungen fehl-, da überdimensioniert besetzt und von unfreiwilliger Ironie nicht frei, aber unzulässig ist. Und daß all die Diskussionen vor der Fertigstellung und in der eingreifenden Nachproduktion des Filmes, vor allem der von den Behörden schließlich auch per Bann genötigte Rausschmiß der parallel laufenden, beim gar nicht so bildungsbegeisterten Publikum wesentlicher besser ankommenden Konkurrenz Avatar aufregender als das Produkt selber sind:
Etwa 500 v. Chr.
Das Land ist in mehrere Feudalstaaten zerrissen, die auch innerlich in Aufruhr sind und sich dennoch nach außen hin der Herrschaft über das jeweilige Nachbarreich erstreben.
Kong Qiu [ Chow Yun-fat ] wurde gerade vom Herrscher seines Heimatlandes Lu [ Yao Lu ] zum Justizminister ernannt, wird dadurch aber auch in die politischen Wirren und die heimlichen Bestrebungen des Generals Gongshan Niu [ Zhang Xingzhe ] mithinein bezogen. Als der Herrscher von Qi [ Ma Jingwu ] einen Hinterhalt auf den Nachbarstaat plant und Kong Qiu zusammen mit seinen treuesten und besten Schülern Yan Hui [ Ren Quan ], Ran Qiu [ Ma Qiang ] und Zilu [ Li Wenbo ] erneut seine Weisheit zu Diensten stellen kann, erregt er auch die Aufmerksamkeit von Nazi [ Zhou Xun ], der Konkubine und Beraterin des Herrschers von Wei, die ihm nach der Abschiebung in das Exil und dem Ausbruch eines über das ganze Reich verteilten Krieges auch die erste von vielen noch kommenden Aufenthalten anbietet.
In den besten Momenten erscheint das mit teils regen Zu- und teils ebenso heftigen Widerspruch verwirklichte und letztlich allen recht machen wollende und so auch gescheiterte Relikt [aus] der Vergangenheit dabei wie ein schwereloses dramaturgisches Erzählen; fern von dem kulturellen Phänomen des Konfuzianismus und seines mittlerweile auch in die begrifflich leere Allgemeinbildung eingegangenen Philosophen. Abgelöst von der Versuchung, sich sowohl in der Glückskeksmentalität zu räsonieren als auch als das proklamierte und propagandierte Staatskunstwerk zu Ehren des Chinesischen Volkes zu erscheinen. Zwar wird auch schon bei Founding of a Republic mit entsprechender hoher Kopienzahl, diesmal gar die Rekordmarke von 2500 prints und begleitender Unterstützung vom Chinese Film Board und der State Administration of Radio, Television and Film in den Verleih gestartet, ruht man sich aber nicht per se auf dieser bloßen ideologischen Existenzgrundlage zur Feier des Jahres aus, und formuliert seine Ideen auch nicht mit der Maxime eines programmatischen Aufsatzes. Besonders die erste, die geschlossene und meist an einem Ort stattfindene Hälfte stellt sich vielmehr als ein auf beliebig verschiedene Umstände anwendbares Vorgehen aus Taktik und Kalkül fast wie bei Red Cliff und so auch eher als ästhetischer als denn sozialer Diskurs dar; wobei hier zusätzlich so manche Bilder und die Muster ihres Verhaltens noch fast näher an westliche Monumentalfilme 50er und 60er Jahre vergangenen Jahrhunderts und so gar nicht an ein Rekurs von Beweggründen erinnern.
Gestaffelt auf einen relativ kurzen Zeitraum aus Kong Qius Leben und oft allein die militärischen und rhetorischen Begleitumstände betrachtend, verschafft der Film der Beijing Film Academy Graduentin und fifth-generation Regisseurin Hu Mei der Debatte selber genauso nur einige Indizien wie er auch der Leitfigur keine eigene vollständige Existenzgrundlage darreicht. Die ersten fünfzig Jahre seines Lebens sind schlichtweg nonexistenz, die Familie ist für zwei Minuten anwesend und wird dann zugunsten der ihn in das Exil begleitenden Gefolgschaft vollkommen vernachlässigt, und auch die heftig diskutierte Episode mit der gefürchteten Konkubine Nan Zi ist den Aufreger in den Medien nicht wert. Zwar verbürgt die Handlung eine allgemeine Verständlichkeit und wird dies noch durch allseits bereit gehaltenen Begleittext zur Vorstellung der Örtlich- und Persönlichkeiten unterstützt, könnten sich die Begebenheiten allerdings auch einer ausführlicheren Untersuchung erfreuen und geht die durchaus vorhandene Kommerziabilität und Konsumentenfreundlichkeit als Mitteilungsform doch auf Kosten der Substanz. Was den Unterschied zwischen der Vision einer Person – [ der der Regisseurin; neben Fei Mus gleichnamigen, als verschollen geglaubten und unlängst der Restauration übergebenen Filmes aus dem Jahre 1940 die einzige andere cinematographische Variante ] – und dem Produkt eines Kollektivs – [ des Anbiedern an Jedermanns-Geschmack ] – und auch den Unterschied zwischen toten Wissen und wahrer Bildung deutlich zu ungunsten des jeweils Letzteren verschiebt.
Hu, die es in den letzten Jahren als Schöpferin diverser immens erfolgreicher TV costume drama productions wie Emperor Yongzheng, The Great Emperor Xiaowu of the Han Dynasty und Qiao Family zur großen Vollkommenheit gebracht hat, gestaltet die 22 Millionen Dollar Produktion als folgerichtig kompetente Dekoration, die von der anfangs allgegenwärtig edlen Kameraarbeit Peter Paus und den überwältigenden Landschaften – reizende Gemälde der wirklichen Natur – transportiert und auch kokettiert, deren versuchte Eposhaftigkeit und damit einhergehende Wahrheit der spektakelhaften Vorstellung aber auch immer wieder durch einige deutlich erkennbare Projektionen aus dem Computer in das dünne Nichts gezerrt wird. Gerade die wenigen Schlachtszenen, die zwar im Marketing noch als ausführlich angekündigt, nach weiteren Protesten aber auch getilgt wurden, vermögen nur von der schieren Masse an Rechenkraft zu beeindrucken und stellen sich als panoramabreites Pixelmeer an eher schlechten Effekten dar, die nur von einigen realen Situationstotalen nach dem Kampf selber wieder in das Positive umgekehrt werden.