Review

Animes sind nicht jedermanns Sache. Die einen mögen sie, die anderen nicht. Letztere haben ein Problem mit dem eigenartigen Humor, der in zahlreichen Serien zu finden ist. Der Durchschnitts-Zuschauer kennt wahrscheinlich sowieso nur das RTL2-Programm. Pokemon, Yu-Gi-Oh, Dragonball...diese dürften die wohl bekanntesten in Deutschland sein, da diese am meisten in der Werbung zu finden sind. Und diese sind nun wirklich nicht der Gipfel auf dem Anime-Olymp. Diese Leute wissen hoffentlich, dass es auch weitaus andere Sachen gibt, als die eben genannten Serien. Für Anime-Skeptiker könnte Cowboy Bebop eine interessante Erfahrung sein, da er zum einen massentauglicher ist, und dann wiederum doch cooler Geheimtipp ist mit einem besonderen Style.

Massentauglich in der Hinsicht, weil Erwachsene sich mit der Serie sicher mehr anfreunden können als mit Pokemon, und auch Kinder können daran Gefallen finden, auch wenn es nicht wirklich für diese geeignet ist.
Trotzdem ist Cowboy Bebop eher ein Geheimtipp, da es kein 08/15 Abenteuer-Anime gewohnter Machart ist, der bloß einer unter vielen ist.
Die Serie hatte großen Erfolg in Japan, trug zur steigenden Popularität von Animes in den USA bei und besitzt auch hier eine Fangemeinde unter der die Serie bereits Kultstatus genießt. Dennoch ist die Serie nicht auf dem Mainstream gelandet...Zum Glück! Das hat sie auch nicht nötig...

Die Serie spielt in einer nicht allzu fernen Zukunft; im Jahre 2071 wurden die Planeten des Sonnensystems durch die Erfindung sogenannter "Gateways" miteinander verbunden, die das hin- und herreißen zwischen den verschiedenen Planeten auf wenige Stunden reduzieren. Interplanetarische Reisen sind nichts besonderes mehr und sind eines Jedermanns Alltag. Durch den Fortschritt der Menschheit ist dies und auch das Kolonisieren sämtlicher Planeten (inklusive deren Monde) gelungen; nur die Erde selbst ist durch einen kosmischen Unfall unbewohnbar geworden.
Diese Umstände sind Grund dafür, dass sich die Kriminalität über das ganze Sonnensystem verbreitet hat. Ein Universum ohne Gesetz und Ordnung.
Zum Glück gibt es noch genügend Kopfgeldjäger, die gefährliche Verbrecher gegen eine hübsche Summe Geld fangen und der Polizei übergeben. Spike Spiegel, Jet Black, Faye Valentine, Edward und Ein bilden ein Kopfgeldjäger-Team und jagen Verbrecher, jedoch nicht als Wohltäter um den galaktischen Weltfrieden zu sichern, sondern in erster Linie, um mit dem erbeuteten Kopfgeld für einen gefüllten Kühlschrank zu sorgen...

Dies ist lediglich nur das Szenario der Serie, denn die eigentliche Story dreht sich um die 4 Hauptcharaktere (5 wenn man den Hund mitzählt) und deren Vergangenheit.
Es ist dem Produzenten Produzenten und Figurenzeichnern gelungen völlig verschiedene Charaktere zu schaffen, die trotz ihrer nicht immer gerade moralischen Einstellung symphatisch sind.

Spike Spiegel:
Er ist der lockere, gelassene, relativ sorglose happy-go-lucky-Typ mit der Afro-Föhn-Welle, der in dieser harmlosen Erscheinung überraschen kann. Er ist im Umgang mit Schusswaffen vertraut und beherrscht zudem Bruce Lee's Selbstverteidigungskonzept "Jeet Kune Do". Er ist ein Kettenraucher wie er im Buche steht; weder Regen noch „Nicht-Raucher-Schilder“ halten ihn davon ab, eine Zigarette anzuzünden. Ihn interessiert eigentlich nichts außer das Kopfgeld und seine Ruhe vor unnötigem Stress. Er mag weder Hunde, Frauen- Zicken, noch Kinder, nur leider ergibt es sich, dass er mit all denen zusammen leben muss.

Jet Black:
Spikes Arbeitskollege und bester Freund. Durch einen Unfall ist sein linker Arm eine Maschinelle Prothese. Er macht sich mehr Gedanken über das Leben als Spike, dennoch hat das Kopfgeld für ihn eine sehr hohe Priorität (schließlich lebt er und die anderen davon).

Faye Valentine:
Die Zockerbraut. Sie liebt das Glücksspiel. Wenn es geht bescheißt sie auch gerne dabei, denn Geld regiert die Welt (Zitat von Faye). Sie hat es auch faustdick hinter den Ohren, denn wer sie angrabscht kommt nur mit blauen Flecken und blutiger Nase davon, denn hinter ihrem nuttigen Outfit befindet sich auch eine gefühlvolle Frau die gerne geliebt werden möchte.

Ed:
Der abgedrehteste Charakter in der Serie. Ein etwa 13-jähriges Mädchen, das so aussieht wie ein Junge und begnadete Hackerin ist. Ihr hat es die Bebop Crew zu verdanken an diverse stremgeheime Informationen zu kommen. Ed ist sehr verspielt und singt immer fröhlich, hüpft vor Begeisterung durch die Gegend und nimmt so gut wie keine Situation ernst.

Ein:
Obwohl Spike Hunde hasst, hat er sich zusammen mit Jet entschlossen den Hund zu behalten, und dieser erweist sich öfters mal als nützlich.

Alle Figuren wurden sehr gut herausgearbeitet, und jede bringt eine andere Geschichte mit sich, die im Laufe der 26 Folgen erzählt werden. Dabei handelt es sich um separate Geschichten, die in sich geschlossen sind und nur selten auf die nächste Folge beziehen. Jede Folge beschäftigt sich mit einer ganz anderen Geschichte, die es sich aber zu Nutzen nimmt die Vergangenheit eines der Charaktere aufzuwerfen. So bleibt es nicht immer bei geschäftlichen Fällen, wo es darum geht einen gesuchten Verbrecher zu finden, und das Kopfgeld zu kassieren. Manchmal wird auch wegen persönlichen Gefühlen zur Waffe gegriffen. Meistens jedoch handelt jede Episode von einer Kopfgeldjagd, wobei diese eigentlich nur als Gerüst für das wahre Thema dieser Folge dient. Die Kopfgeldjagden geraten oft in den Hintergrund, da sich die Charaktere plötzlich mit anderen Problemen rumschlagen müssen, was auch dazu beiträgt, dass die Bebop Crew öfters pleite ausgeht.
Die Space-cowboys müssen sich oft mit Geldpleiten und den daraus resultierenden leeren Mägen quälen.

So unterschiedlich die Charaktere sind, so sind es eben auch die Episoden, die zwischen ernst und lustig wechseln. Mal steht die Action im Vordergrund, mal der Character-Development.
Viele Folgen haben lustige Einfälle und können gut zum Lachen animieren, andere dagegen sind sehr ernst und dramatisch dass man teilweise auch eine Gänsehaut bekommt. Selbst das Szenario wechselt oft zwischen Raumschiff-Schlachten im All und ganz „normalen“ Städten auf den verschiedensten Planeten, die sich in Sachen Kultur und technischen Fortschritt nicht allzu sehr von unserer heutigen Zeit unterscheiden. Folgen, die in solchen Szenarien spielen, lassen schnell vergessen, dass es sich eigentlich um eine Sci-Fi Serie handelt, da weder alltägliche Aliens durch die Gegend laufen, noch Laserkanonen die Standardbewaffnung darstellen, womit ich nicht sagen will, es gäbe keine futuristischen Utensilien. Der Science Fiction Anteil der Serie hält sich jedoch in Grenzen. Sci-Fi Hasser können hier also auch ihre Freude haben.
Mir persönlich gefallen auch die Episoden lieber, die nicht im All spielen, sondern auf der Erd-(oder welcher Planet/Mond auch immer)-Oberfläche. Eigentlich könnte mir der Sci-Fi-Teil der Serie gestohlen bleiben, doch der gehört zum zum Stil der Serie, der es schafft trotz der Futuristik unsere Gegenwart mit all ihren Kulturen und Problemen zu zeigen. Unterschiedliche Rassen, Klamotten und Handfeuerwaffen wie wir sie im aus dem echten Leben kennen, finden sich auch hier originellerweise in einem Science Fiction Anime!

Ein weiteres einzigartiges Merkmal der Serie ist die Komik! Sie ist sehr stilvoll gehalten, wie auch der ganze Anime. Cowboy Bebop kommt ohne Anime-typischen Comedy-Elemente aus wie das plötzliche Umfallen oder die symbolischen Explosionen vor Überraschung, Tränen wie ein Wasserfall, oder der berühmte Anime-Tropfen, der vor dem Gesicht eines gerade verzweifelten Charakters auftaucht. Die Serie verzichtet auf albernen Slapstick und setzt an passenden Stellen auf unterhaltsame Situationskomik ohne auch nur ein einziges mal selbstzweckhaft zu wirken. Es ist der einzige Anime den ich kenne, der komplett ohne alberne anime-typische Slapstick auskommt, und dennoch gezielt komisch sein kann, wenn er will.
Der Humor macht Spaß aber zugleich vermisst man ihn keineswegs, wenn die nächste Episode umso seriöser ist. Sinichiro Watanabe ist ein hervorragender Regessieur, und weiß wie man eine dramatische Geschichte gut umsetzt. Die Geschichten wurden gut aufgebaut, die Action passend platziert und dazu noch klasse inszeniert. Doch am wichtigsten an diesen Stellen (und das gilt eigentlich für alle Folgen) ist der Soundtrack.
Cowboy Bebop ist einer der wenigen Animes, die wahrlich von ihrem Soundtrack leben. Dieser von Yoko Kanno komponierte Soundtrack ist keineswegs ersetzbar und verschafft der Serie ihren einzigartigen Stil. Ein Musik Stil, er sich heute leider nicht mehr so häufig in der Gesellschaft findet. Jazz und Blues!! Das mag sich für einen Sci-Fi-Anime unpassend anhören, ist es aber nicht und macht Cowboy Bebop zu einer Klasse für sich. Zu jeder Situation wird ein passender Song gespielt, vor allen an ernsten Stellen, bei denen es um alles oder nichts geht, wie der letzten Doppelfolge, hätte die musikalische Begleitung kaum besser sein können. Eigentlich ist es schwer das zu beschreiben, man muss es eben wirklich selbst erlebt und gehört haben. Auch wenn sich nicht jeder mit den Tracks an sich als musikalischen Zeitvertreib anfreunden kann, passen sie einfach verdammt gut in die Serie und wissen beim Ansehen dieser sehr zu gefallen.

Einen Kritikpunkt muss ich dennoch loswerden, und zwar, dass die Serie mit nur 26 Episoden verdammt kurz ist. Und das meine ich ernst!! Wie erwähnt behandelt jede Folge eine andere Geschichte, und diese ist auch abgeschlossen, wenn die Episode zu Ende ist. Und da muss ich leider sagen, dass sich viele Stories auf nur 25 min sehr überfrachtet wirken. Es hätte ruhig mehr Zweiteiler geben können, damit wichtige Details nicht schnell runtergekurbelt werden, oder sogar ganz weggelassen werden, nur um auf vorgeschriebene Episodenlänge zu kommen. Es passiert nicht selten, dass nach einer Episode noch einige Fragen offen bleiben und man sich doch noch mehr Erklärungen gewünscht hätte.
Was war das nun eigentlich für ein Wesen aus „Toys in the Attic“?
Wie ist Spike mit seinem alten Kameraden in „Wild Horses“ sicher auf der Erdoberfläche gelandet?
Wer hat Faye das Tonband und den Beta-Recorder aus „Speak Like a Child“ geschickt?
Auch die Handlungsweisen und Reaktionen einiger dritter Personen sind nicht immer ganz nachvollziehbar!
Selbst die beiden Zweiteiler „Jupiter Jazz“ und „The Real Folk Blues“ lassen Fragen auf. Was in „The Ballad of Fallen Angels“ angedeutet wird bleibt in diesen Zweiteilern, die sich um Spikes Vergangenheit und seinem Erzfeind Vicous drehen, bei Andeutungen. Es werden kurze Rückblenden an eine alte Zeit gezeigt, jedoch gibt es dort keinen Zusammenhang und bestimmte Ereignisse bleiben ungeklärt. Zum Beispiel erfährt man auch nie, was das nun für ein Unfall war, der Spike’s rechtes Auge gekostet hat
Sie Serie hätte wirklich weitere 20 Episoden nötig, die Geschichten ruhiger, detaillierter erzählen und Spike’s Vergangenheit intensiver auseinandernehmen. Dadurch bekäme die Superlative Cowboy Bebop die fehlende Krone aufgesetzt.

Doch abgesehen davon handelt es sich um eine einzigartige Anime Serie, die in ihrem originellen Stil sehr zu gefallen weiß. Comedy, Dramatik, Action, Spannung, alles vorhanden, perfekt ausdosiert, mit einem großartigen Soundtrack übersehen und einwandfrei inszeniert. Stylische Chakatere (allen voran Spike Spiegel) sowie das eigenwillig kreative Szenario verleihen der Serie einen gewissen Flair der die Serie vollkommen zurecht zum Kult werden lässt!! Für ernsthafte Animefans Pflicht und für Anime-Skeptiker durchaus einen Blick wert.

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