Einst war es der Stock mit Silberknauf, der das blutrünstige Treiben eines Werwolfs beenden konnte, der Einfachheit halber wurden daraus im Verlauf der Filmgeschichte Silberkugeln, auf die man auch beim Remake des Klassikers „Der Wolfsmensch“ zurückgreift.
Regisseur Joe Johnston („Jumanji“) gelingt die optische Reminiszenz an die atmosphärischen Gruselklassiker recht gut, doch leider versteht er es kaum, der narrativen Ebene eine mitreißende Tiefe zu verleihen.
Denn trotz wohlklingender Besetzung, - Anthony Hopkins als John Talbot und Benicio Del Toro als Sohn Lawrence Talbot - bleiben die Figuren recht blass und beim immer wieder kehrenden Vater/Sohn - Konflikt, der vorhersehbarerweise in einem finalen Twist kulminiert, ist man weder auf der Seite des Monsters, noch des Opfers.
Wie der Streifen am Ende selbst die Frage stellt, wo der Übergang zwischen Mensch und Bestie sei, bezieht er daraufhin keine Antwort und konzentriert sich stattdessen auf seine optischen Reize, die durchaus für Atmosphäre sorgen. Nicht zuletzt durch die akustische Unterstützung von Danny Elfman, dessen Score zwar in vielerlei Hinsicht an Kilars „Dracula“ erinnert, doch recht abwechslungsreich zwischen Strings und Choir variiert und von vornherein munter drauf los marschiert.
Zur Story nur Soviel: In Blackmoor wird anno 1891 Ben Talbots Leiche schrecklich zugerichtet aufgefunden, dessen Witwe Glen Conliffe (Emily Blunt) bittet seinen Bruder Lawrence von London aus zum düsteren Ort seiner Kindheit zu reisen.
Und während die engstirnigen Dörfler noch an eine Bestie in Menschengestalt glauben, wird Lawrence bei einem Angriff in einem Zigeunerlager selbst von der Kreatur gebissen…
Also haben wir offensichtlich zwei Werwölfe, doch das Ratespiel um eventuelle Identitäten fällt, selbst für Newcomer im Genre, zu überschaubar aus.
Nichts desto trotz können zwischenzeitlich einige Landschaftseinschübe atmosphärische Eckpunkte setzen: Herbstnatur, Moor, Nebel, Vollmond, Herrenhaus, ein uriges Wirtshaus und ein latentes Gothic-Flair halten zumindest bei Laune.
Klassische Motive erstrahlen in kräftigen Farben, zuweilen führen jedoch zu stark am Computer bearbeitete Szenen zu etwas glatt polierten Einstellungen.
Auf etwaige Actionszenen muss man indes ein wenig länger warten und im Gesamtbild erscheinen jene auch zu selten im Kontext zur eher oberflächlich gehaltenen Geschichte.
Hier und da mal eine Hatz durch den Wald, ansehnliche Splattereffekte in Form von offenen Brustkörben, abgetrennten Gliedmaßen und einigen Reißwunden und nicht zu vergessen eine sehr ansehnlich gestaltete Flucht über den Dächern Londons im ausgehenden 19. Jahrhundert, - doch von solchen Szenen hätte man, im Angesicht der an sich voluminösen Optik, gerne mehr gesehen, anstatt auf redundante, im letzten Drittel gar langatmig erscheinende Dialoge zu setzen.
Denn Johnston hat seinen Streifen leider sehr ernst und ohne jegliches Augenzwinkern angelegt, so dass selbst Anthony Hopkins kaum markante Momente beizusteuern weiß, während Del Toro latent wie ein Dackel kurz vorm Zwangs-Einschläfern wirkt, - prominent besetzt heißt hier nicht zwangläufig auch gut performt.
Infolgedessen plätschert die oberflächlich implizierte Emotionalität an einem vorbei, während die abwechslungsreich gestalteten Kulissen zumindest ein wenig Liebe zum Detail an den Tag legen.
Kurz gesagt: „Wolfman“ unterhält, wenn man ihn auf visueller Ebene auf sich wirken lässt und daraus seine atmosphärischen Stimmungspunkte bezieht, doch er lässt einen nahezu gänzlich im Stich, wenn man auf Originalität innerhalb des Werwolf-Sub-Genres aus ist.
Mit anspruchsloser Erwartungshaltung herangegangen, geht der Streifen ergo als halbwegs lockerer No-Brainer durch, - unterhaltsam, aber ohne den erhofften Tiefgang.
5,5 von 10