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Werwölfe hatten es ja immer etwas schwerer im Kino, schließlich sind die Möglichkeiten für reißende, unkontrollierbare Bestien ziemlich begrenzt, wenn der erste Schrecken über das "Monster" an sich erstmal weltweit bekannt ist (das wäre dann so ca. 60 Jahre her...), insofern finden die Fluchbeladenen in den letzten Jahren zwar wieder verstärkt Jobs im Kino, allerdings stammen sie dort meistens aus der schnellen Computerretorte und auch meistens diese Animationsschwächen um die Ohren.

Es ist also allen Lobes wert, wenn man sich bemüht, die Originale aus der klassischen Zeit (also so bis vor ca. 60 Jahren...) endlich einem soliden Remake zu unterziehen, denn die gute alte Zeit ist wieder in, wenn auch mit modernen Zutaten vermischt, sei es nun inhaltlich (Steampunk etc.) oder rein technisch (Verwandlungen, Schnittfolgen der Actionszenen).
Die Geschichte von "Wolfman" wäre dann vermutlich auch einige Kapitel wert, denn selten dauerte eine startbereite Produktion so lange, bis sie endlich mit der Wahrheit rausrückte. Erst gabs Budgetprobleme, dann stieg deswegen fünf Minuten vor Toreschluß Mark Romanek als Regisseur aus und als mal nach monetär-intensiver Suche endlich den lange arbeitslosen Joe Johnston mittels ABM-Maßnahme zu den bestehenden Bedingungen verpflichtet hatte, machte der Autorenstreik Ärger, um während der Produktion durch Querelen mit den Darstellern ersetzt zu werden. Die hatten nämlich gegen ein hektisches Spektakel Marke 21.Jahrhundert so einiges und forderten die Charakterszenen wieder ein, die ihnen dann auch gewährt wurden. Nachdem man den ganzen Wirrwarr dann noch eine Weile hatte gehen lassen, war nach gut 3 Jahren endlich alles backfertig.

Und siehe da: oberflächlich betrachtet hat man tatsächlich etwas "alte Schule" in diese Produktion gerettet, die nicht ganz so aufdringlich mit CGI-Kreationen und geränderten Oberflächen, sondern mit Atmosphäre und viktorianischem Stil daherkommen will.
Das war nicht unbedingt zu erwarten, denn Johnston ist kein Filigrankünstler mit Figurentiefe, sondern eher ein Breitbandhandwerker, der massentauglich Oberflächenreize ausreizt, wie etwa bei "Jumanji" oder "Jurassic Park 3". Allerdings gehört auch schon einiges dazu, einen Cast mit Benicio del Toro, Emily Blunt und Anthony Hopkins in den Dreck zu reiten, von dem nachträglich ins Drehbuch geschriebenen Hugo Weaving als die historische, aber hier fiktionalisierte Figur des Scotland Yard-Beamten Abberline ganz zu schweigen.

Dennoch bleibt unter dem Strich das gleiche Fazit: im Wesentlichen sieht "Wolfman" gut aus, ein atmosphärischer und hervorragend ausgestatteter Blick zurück in die Zeit der vorletzten Jahrhundertwende, mit Elementen aus den verschiedensten Klassikern.
Oh Moment, das ist natürlich parallel auch ein qualitatives Problem, denn wirklich etwas eingefallen ist hier den Drehbuchautoren nicht, weder dem inzwischen außer Form geratenen Andrew Kevin Walker ("Sieben", "8mm") und auch dem Polier David Self, der vor einem Jahrzehnt unverzeihlicherweise das "Haunting"-Remake versaute.
Gemeinsam haben sie eine Art Werwolf-Classic-Best-of geschaffen, daß Mythen nicht erschafft, sondern sie einfach gegeben in einen großen Kessel wirft, um Wiedererkennungseffekte zu provozieren, auch eine Form von massentauglicher Popularisierung.
Der Plot folgt in Grundzügen dem Lon-Chaney-jr-Klassiker von 1941, sogar der Figurenname Talbot ist geblieben - hier als Schauspieler mit psychisch angegriffener Vorgeschichte, der nach dem Tod seines Bruders in das halbverfallene Haus seines Vaters (Hopkins) zurückkehrt und bald Bekanntschaft mit dem Fluch macht, als er beim Zigeuneraufmischen beiwohnt. Die haben diesmal aber nichts damit zu tun, dürfen aber mysteriöse Andeutung machen, Amulette verteilen, Genreregeln rekapitulieren - wie überhaupt der Storyprozess sehr mechanisch repetitiv wirkt. Also läuft del Toro mit Chaneys Wolfsstock rum (ohne Funktion), wird im Vortext die Wolfsblume erwähnt (Werwolf of London, 1936), ohne das sie eine Funktion innehätte und alle Welt ist fleißig dabei den Familienschmuck zu Silberkugeln einzuschmelzen, weils so einfach besser läuft mit Wolfi.
Alles sozusagen ausgebreitet, damit ja keiner Publikum sagt: ach, das weiß ich doch schon!

Wenn man also nichts Neues hat oder bieten will, dann müssen es Story und Darsteller rausreißen und da wird die Produktionsgeschichte leider zum Fluch: Johnston setzt zwar seine Sets gut in Szene und selten sah ein Film in der letzten Zeit so ausnehmend schön aus, aber wirklich Zeit, diese Tableaus auszukosten bleibt nicht. Das Skript wird hier im Eiltempo durchgedroschen, denn Action muß auch sein und zwei Oscarpreisträger wollen ebenfalls ihre Szenen.
Das ist aber nicht so ganz einfach, denn Anthony Hopkins spielt den knurrigen, angeblich innerlich abgestorbenen Patriarchen als eine Mischung aus wortkargem Westerner und Lector-Parodie, während del Toro (dessen hispanisches Erscheinungsbild ähnlich wie beim seligen Arnie mit seiner Mutter Herkunft erklärt wird) mit seinem tumben Hundegesicht allerdings mimisch kaum die innere Qual transportieren kann, die die Rolle benötigt hätte. Eine sträflich unterbeschäftigte Emily Blunt als Verlobte seines Bruders ist dann zwar öfters mit im Bild, entwickelt aber weder Chemie mit ihm, noch so etwas wie eine fraktale Love Story, obwohl das stetig behauptet wird.
Daneben sorgt Weaving mit Kurzauftritten für einigen Spaß, ist aber dramaturgisch eher ein Füller für die Ereignisse in London (Verhaftung del Toros, Nervenheilanstalt mit Foltermethoden, Massaker, Ausbruch, Chaos...), die sowohl plakativ wie flach bleiben und mehr als unterhaltsamer Spaß herhalten müssen. Darüber hinaus fungieren sie als Überleitung, die Zeit zum nächsten Vollmond zu überbrücken.

Was also ein brauchbares Mysterium hätte werden können, mit Verdächtigen und vielen spannenden Szenen im dunklen Tann (so wie der Trailer verspricht), wird dann doch durch die Massenkompatibilität gehetzt und daß es einen zweiten Werwolf geben muß, der wohl für den Showdown aufgespart wird, ist eigentlich schon klar als Lawrence (del Toro) gebissen wird, das Vieh aber in diesem Fall entkommt.
Die Plotwende am Schluß kommt dem geneigten Zuschauer dann auch irgendwie bekannt vor, das alte Problem von Verzicht oder Ausleben der Triebe, wobei übrigens positiv vermerkt werden sollte, daß Rick Bakers Animatroniken bei der Verwandlung so richtig schön old school ausschauen, allerdings auf einen fließenden Prozess (wie bei "American Werwolf in London") verzichtet wurde. Stattdessen gibts Schnitte zwischen den mutierenden Fingern und dem sprießenden 700-Tage-Bart, allerdings ist das Finale (es brennt!) so einfallsreich wie der Untergang der Titanic und die fertigen Viecher haben leider mal wieder Ähnlichkeit mit unserem guten Kumpel Fozzie-Bär, Paul Naschy sah 1972 auch nicht überzeugender aus. Dafür treibt Danny Elfmans Score uns mit Schmackes durch den Film, mehr Erfahren als Erleben, aber das kennt man heute ja schon. Erfreulicherweise splatterts aber recht deutlich mancherorten.

Insgesamt gesehen ist "Wolfman" kein Flop, man sieht deutlich die Bemühungen, den Willen, die gute Absicht, aber es hilft nichts, wenn der Hauptdarsteller eine Fehlbesetzung ist, die Herzensdame keine Strahlkraft hat und der doppelte Oscarpreisträger offenbar in einem anderen Film spielt. Und noch weniger hilfreich ist es, wenn man ursprünglich eine Vision hat und man dann doch den Schnellreperateur engagiert, um möglichst viel Kohle zu retten, dabei kommt selten ein meisterhafter Pinselstrich bei raus - ganz so blöd wie "Jurassic Park 3" ist es dann aber doch nicht geworden. Im Gegenteil: "Wolfman" ist ein sympathischer Film, dem man sein Budget und seine gute Absicht ansieht und deswegen hat er trotz aller Pannen auch viel mehr Spaß gemacht, als durchgestylte, aber brothohle Teenagerprodukte aus dem Blockbusterhochofen. Verdient gehabt hätte er jedoch einen Regisseur mit Vision und Starrköpfigkeit - das hier wurde unter der Prämisse: "schaffen sie den Film in dieser Zeit mit diesem Geld" verzapft und jeder durfte reinreden. Das hat noch nie Meisterwerke hervorgebracht, aber wenn schon Horror, dann ist dieser seit langem mal wieder pärchenkompatibel. (5,5/10)

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