Del toro lässt den Wolf raus - und der Gewinner ist der Kinogänger im allgemeinen und jene Horrorfans im besonderen, die die Schnauze voll haben von Werbe/Videoclip, Nerd und Ex-Rockstar Regisseuren.
Die auffallend negative Berichterstattung über die Produktion des Wolfmans (Nachdrehs, Verschiebungen, PG 13 Testscreenings, Personalwechesel) sollte man dabei getrost ignorieren und als Maßstab ruhig das nehmen was Poster und erste Trailer von Anfang an versprachen: Schnörkelloser, atmosphärischer Horror in viktorianischer Umgebung.
So schöne Sets und klassische Hammer Atmosphäre gab es seit "Sleepy Hollow" nicht mehr zu sehen, die Nebelmaschiene läuft auf Hochtouren, egal ob Wald, Zigeunerlager oder Dorf, hier wird geboten was es zu bieten gilt und alles ohne stilistische Mätzchen abgefilmt. Dazu brummt im Hintergrund ein Score der ein ums andere mal an Coppolas Dracula errinnert, das Auscheiden von Danny Elfman während der Produktion hat dem Film jedenfalls nicht geschadet.
Ein Clou ist natürlich die Besetzung. Hopkins macht was er am besten kann, Weaving als Inspector Aberline (der laut Film übrigens tatsächlich Jack the Ripper dingfest machen konnte) hat fast schon zu wenig screentime, kann aber in den paar Szenen die ihm allein gehören voll punkten. Del toro - supergeil, das Tier im Manne kauft man ihm schon ab bevor er gebissen wird, in den Szenen in der Irrenanstallt darf er auch schön freidrehen. Außerdem: In einigen Szenen hat er eine wahrlich verblüffende Ähnlichkeit mit Lon Chaney.
Die Rahmenbedingungen stimmen also, jedoch sollte klar sein das dieser Film im Endeffekt mit einem steht und fällt: Der Darstellung des Wolfmans. Die Berfürchtung war groß das uns hier ein ähnliches Trauerspiel erwartet wie in den letzten Hollywoodschen Versuchen Werwölfe auf Zelluloid zu bannen, die Negativbeispiele reichen von Blockbuster Bullshit wie Van Helsing, über Harry Potter bis hin zu den, für sich OKen, Underworld Streifen (Wes Cravens Cursed ignoriert man am besten Gleich ganz, keine Ahnung was der sollte).
Wolfman fällt da gottseidank positiv aus dem Rahmen, denn das Design rockt, die meiste Zeit ist del toro selbst unter der Maske und wenn mal mit CGI nachgeholfen wird (z.B. wenn der Wolfman auf allen Vieren oder über die Dächer von London rennt) ist das überzeugend und zerstört niemals die überzeugende Illusion.
Nur die Metamorphosen sind wohl leider gänzlich aus dem PC aber auch hier wird ein hohes Level gehalten (trotzdem ist es mir unverständlich warum man Rick Baker da nicht auch drann gelassen hat) und diese Szenen werden ohnehin eher pflichtbewusst abgehakt um zum eigentlichen zu kommen: Werwolf mayhem!
Testscreenings sind halt doch manchmal zu was gut, denn bei eben diesen bekam die R-Rated Fassung vom Wolfman derart gute Bewertungen, dass allen komerziellen Überlegungen zum Trotz die scheinbar mal angedachte PG13 Verwertung auf die Halde gekippt wurde.
Wenn Wölfi in Aktion schreitet is ausgeschissen. Brachial und halt wie man es von einem wilden Tier erwartet wird sich gnadenlos durch die Statisten geslayed, in der Regel gleich mehrere auf einmal. Auch hier hat man sich trendige Mätzchen gespart, hier guckt niemand theatralisch in die Kamera oder lässt n platten Spruch bevor er auseinanderfällt (ihr wisst was ich meine...). Nö, der Wolfman zerfetzt seine Opfer einfach, reißt ihnen Arme und Köppe ab oder reißt Fleischbrocken und Innereien aus seinen Opfern. Insbesondere der -viel zu kurze- Amoklauf im viktorianischen London weiß da zu gefallen und schickt sich an das Finale von American Werewolf in London zu toppen.
Ansonsten erfindet Wolfman das Rad natürlich nicht neu, war wohl auch nie die Absicht. Die Story verläuft genau so wie man es erwartet, ja der Film hält sich schon fast sklavisch an klassische Muster aber das ist ja auch irgendwie das Schöne daran.
Kritikpunkte? Könnte ich sicherlich finden wenn ich es drauf anlegen würde (der Zwischenstopp in London ist eigentlich nichts weiter als eine allein stehende Episode ohne Bedeutung für den Restfilm, die Beziehungen der Charaktere unter einander hätte man sicher mehr ausbauen können, die essentielle Love Story musste halt rein und wird höchstens pflichtbewusst untergebracht). Aber warum meckern wenns auch so passt.
Fazit: Wolfman bietet genau das was man sich erhofft, leistet sich dabei keine Fehler und zaubert in mehr als einer Szene ein zufriedenes Grinsen auf das Gesicht des Horrorfreundes.