Motive und Versatzstücke aus typischen Gefängnisfilmen wiederholen sich natürlich ständig, was im Zuge des begrenzten Schauplatzes und der geringen Möglichkeiten der Protagonisten auch nicht weiter verwundert.
Und doch hat der französische Regisseur Kim Chapiron ein intensives Drama mit einem beklemmendes Grundton, aber viel Sensibilität zwischen den Zeilen geschaffen.
Die drei Jugendlichen Butch, Davis und Angel werden wegen verschiedener Delikte in die Jugendstrafanstalt Enola Vale eingeliefert und bekommen sogleich Probleme mit der Gang um Anführer Banks. Als Butch eines Nachts zusammengeschlagen wird, aber seine Peiniger nicht verrät und dafür in Einzelhaft landet, schwört er Rache und erklimmt damit die Spitze der Hierarchie. Doch zwischen den rivalisierenden Gruppen brodelt es gewaltig und auch die Wärter haben noch ein Wörtchen mitzureden…
Aufgrund der Exposition kommen die drei Hauptfiguren um Butch zunächst unsympathisch rüber, doch mit der Zeit sympathisiert man vor allem aufgrund der Außenseiterpositionen und den damit verbundenen Schikanen. Hier Schläge, dort ein Spucken von der oberen Etage, Klau der Boots und zahlreiche Beschimpfungen lassen Wut aufkommen, es den Tyrannen endlich heimzuzahlen, was schließlich auf recht derbe Art geschieht.
Die Wärter um Goodyear und Direktor Sands schließen hingegen häufig ihre Augen, urteilen nach falschem Gefühl und fällen einige fatale Entscheidungen, obgleich die Bewacher nie über die Stränge schlagen und sich mit irregulären Einsätzen weitgehend zurückhalten.
Dazwischen fungiert eine Sozialtherapeutin, deren Rolle nicht weiter von Belang ist und nur untermauert, was die Handlung im Gesamtbild auszusagen versucht: Wenn das System komplett marode ist und die Insassen rebellieren, verlassen die Individuen die Haftanstalt gefährlicher und unberechenbarer als zuvor.
Dass der Stoff größtenteils intensiv (nach)wirkt, liegt zu deutlichen Teilen an den jungen Darstellern, die überaus treffend ins Bild passen und kein Blatt vorm Mund nehmen.
Auch die Brutalität wirkt keinesfalls zurückhaltend und man hat, vor allem beim letzten Drittel den Eindruck, dass dort tatsächlich ein paar Prellungen, blaue Flecken und Blutergüsse davongetragen wurden, denn als es gegen Ende zur Revolte kommt und eine Massenprügelei stattfindet, könnte man fast von realistischem Material ausgehen, da sich hier niemand schont.
Ferner zeichnet sich die Zurückhaltung der musikalischen Untermalung positiv aus, denn dadurch erhalten die kargen Schauplätze der immer wieder kehrenden Räumlichkeiten noch mehr Authentizität und etwaige Gewaltakte und darauf folgende Emotionen erscheinen schonungsloser und eindringlicher.
Was man der Erzählung ein wenig ankreiden kann, sind die etwas schlicht gezeichneten Hauptfiguren, deren Gespräche leider ein wenig außen vor gelassen werden und die leicht eindimensional gehaltenen Abläufe, denn auch in einer Jugendvollzugsanstalt dreht sich nicht alles um Drogen, Aufenthalt im Speiseraum und Vorbereitungen zur Bettruhe.
Ansonsten besticht dieses Knastdrama durch hervorragend besetzte Mimen, eine effizient und im Hintergrund arbeitende Kamera, eine phasenweise emotionale Wucht aufgrund der ungleichen Machtstellungen und die schonungslose Brutalität während einiger blutiger Übergriffe.
Regisseur Chapiron hat ein durchweg unterhaltsames und vor allem zum Ende hin fesselndes Werk über den Alltag im Jugendgefängnis geschaffen, der definitiv nachdenklich stimmt und dennoch ohne erhobenen Zeigefinger auskommt, denn innerhalb eines Teufelskreises ist es schwer, wenn nicht unmöglich, aus dem Gefüge auszubrechen und einen gesunden Mittelweg zwischen dem Absitzen der Strafe und einer angemessenen Resozialisierung zu finden.
Realitätsnah, packend und vor allem ehrlich,
7,5 von 10