Review

Bei „the Listening Dead“ handelt es sich um einen (einschließlich seines Abspanns) nur knapp 13 Minuten „lang“ laufenden Schwarzweiß-Stummfilm – eine sich ehrfürchtig vor verschiedenen klassisch-expressionistischen Vorbildern verbeugende „Gothic Fable“, welche mit auffällig viel Liebe zum Detail in einem angepassten „Vintage-Stil“ daherkommt sowie 2006 das Regiedebüt des angesagten New Yorker Photographen Phil Mucci markierte…

Erzählt wird die Geschichte des Pianisten Nigel (Peter Scriba), der mit seiner Frau Karen (Karen Miller) in einer einsam gelegenen Villa in den Bergen lebt und gerade passioniert an der Vollendung seiner neusten Komposition arbeitet – und das derart hingebungsvoll, dass er ihre körperliche Nähe seinem entschlossenen Schaffen gebieterisch unterordnet. Vor den Kopf gestoßen sowie sich vernachlässigt fühlend, zieht sie sich eines Abends, einem weiteren verschmähten Annäherungsversuch folgend, verärgert auf ihr Zimmer zurück, wo sie wütend ein Bild ihres Gatten zur Hand nimmt und spontan dessen Gesicht und Hände mit einem Stift bekritzelt. In dem Moment weicht sein zu vernehmendes Spiel plötzlich einem eigentümlich unbeholfen anmutenden Klimpern – und als sie kurz darauf dann nach dem Ursprung dieser fremdartigen Laute schaut, muss sie überrascht erkennen, dass ihre festen Druckes gezogenen Linien irgendwie auf seinen Körper „projiziert“ wurden, was ihn in einen ebenso unkoordinierten wie hilflosen Zustand versetzt hat, welcher sie allerdings schon bald weit weniger bestürzt als (auf eine boshafte Weise) zu amüsieren beginnt. Was beide jedoch weder wissen noch ahnen, ist dass seine Musik schon seit geraumer Zeit die Aufmerksamkeit eines ebenfalls in dem Haus „lebenden“ weiblichen Geistes (Sarah Hund) auf sich gezogen hat – und um das zu bewahren, was sie inzwischen zu lieben lernte, also ihn und seine Klangeskunst, welcher sie bisher immerzu andächtig (aus dem Verborgenen heraus) lauschte, entschließt sich jene kurzerhand, nun doch mal aktiv einzugreifen, um die entstandene Situation auf diesem Wege erneut zu richten…

„the Listening Dead“ ist ein überaus gelungener Kurzfilm, dessen düster-dichte Atmosphäre zweifelsohne seine größte Stärke markiert. Erzeugt wird diese durch eine ebenso inspirierte wie ersprießliche Kombination unterschiedlicher Komponenten, von denen insbesondere die vorzüglichen Bildkompositionen sowie der stimmungsvolle (nebenbei erwähnt: von Hauptdarsteller Scriba persönlich stammende) Piano-Score hervorstechend anzuführen sind. Gesprochene Worte hört man keine – nur die Musik und einige darüber hinaus reichende Geräusche. Die wenigen Dialogzeilen haben die Verantwortlichen, den entsprechenden (alten) Vorbildern gemäß, stets nach deren Aussprechen zwischen einzelnen Shots auf schwarzen Texttafeln eingefügt. Im Prinzip durchzieht jede Facette des Werks (sowohl auf akustischer als auch visueller Ebene) ein „nostalgischer Flair“ – weshalb man auf den ersten Blick gar beinahe meinen könnte, es stamme tatsächlich aus jener lange vergangenen cineastischen Ära, wäre seither eventuell nur restauriert bzw. digital neu aufbereitet worden (oder so). Ihren angedachten Zweck erfüllt diese forcierte Illusion demnach prima – ohne den Eindruck einer bloßen Kopie zu erwecken, dafür den Hauch einer Empfindung aufweisend, die fast schon in Richtung „Authentizität“ tendiert. Selbst die modernen Effekte, wie zum Beispiel die Art, in der man das Gespenst in Szene gesetzt hat, oder auch die vom Foto auf die betroffene(n) Person(en) übertragenen „Kritzeleien“, wirken (auf ihre durchaus individuelle Weise) harmonisch ins Gesamtbild eingebettet, nicht etwa wie irgendwelche unpassend aus dem Kontext herausragende stilistische Fremdkörper…

Eröffnet wird in Gestalt einer bei der auf einem Berg gelegenen Villa Nigels endenden Kamerafahrt, welche zuvor durch eine von Effects Supervisor Michael Houk gleichermaßen wunderbar erschaffene wie (nun) anzusehende Miniaturlandschaft führte – komplett mit einem die bewaldete Umgebung ausleuchtenden Vollmond, sich durch die Täler schlängelnden rauchigen Nebelschwaden sowie einem von einer Felsklippe aus in die Nacht hinein heulenden Wolf. Per „Stop-Motion“ erschaffen, streift ein solches Tier im Rahmen des bitter-bösen Finales übrigens ein erneutes Mal durchs Bild – ein (nicht nur in handwerklicher Hinsicht) vortrefflicher Abschluss dieses auf so vielen Ebenen gelungenen Werks, dessen Set-Design erfreulich reich an zu entdeckenden Details daherkommt und welches von Cinematographer Predrag Dubravcic (optisch) in nahezu makelloser Weise eingefangen bzw. „verpackt“ wurde. Die kreativen Perspektiven und Kamera-Winkel addieren sich (u.a.) mit der kontraststarken Ausleuchtung, einigen arrangierten Schattenspielen sowie den generell leicht „ruckeligen“ Bewegungen zu einem an diverse Klassiker (zum Beispiel F.W. Murnau´s „Nosferatu“, Robert Wiene´s „Cabinet des Dr. Caligari“, frühe Edgar Allen Poe Adaptionen oder alte „Monster-Movies“ aus dem Hause „Universal“) erinnernden Look und Feeling auf. Zudem tragen die drei Akteure, ihres Zeichens Newcomer Peter Scriba, Karen Miller („Wedding Crashers“) sowie die gestandene Theater-Mimin Sarah Hund, allesamt deutlich aufgelegtes „dramatisches“ Make-up und vermitteln die erforderlichen Emotionen durch „theatralisch übersteigerte“ Bewegungen und Gesichtsausdrücke – eine ebenmäßig-runde Sache also…

Zusammenfassend ausgedrückt, schuf Regisseur und Skript-Autor Phil Mucci mit „the Listening Dead“ einen atmosphärisch-unterhaltsamen (Schwarzweiß-) Stumm- Schrägstrich Kurz-Film im „Vintage“- bzw. „Retro-Stil“, welcher völlig zu Recht gleich mehrere Festival-Auszeichnungen verliehen bekam und die creepy-düstere Geschichte zweier Frauen erzählt, von denen eine (un-)tot, die andere lebendig ist, und welche (unabhängig voneinander, jeweils auf ihre eigene Art und Weise) um die Kunst, Nähe und Aufmerksamkeit eines begnadeten Komponisten und Klavier-Spielers buhlen, dessen Musik im Grunde genommen allerdings seine einzig wahre Passion auf Erden markiert – ein kleines, nicht einmal viertelstündiges cineastisches Schmankerl, das auf jeden Fall einen Blick wert ist…

starke „8 von 10“

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