Nachdem Charlie Wax (John Travolta) die Belegschaft eines chinesischen Restaurants flach gelegt hat und es dank einer Maschinengewehrsalve Kokain von der Decke regnet, fragt ihn Botschaftsmitarbeiter James Reece (Jonathan Rhys Meyers), was daran eine für die USA nationale Angelegenheit gewesen wäre ? - Die Nichte des Verteidigungsministers wäre an dem Kokain gestorben, weshalb dieser die Schuldigen zur Verantwortung ziehen will, lautet darauf Wax Antwort. Reece ist beruhigt, denn sein Wunsch, nicht nur kleine Hilfsdienste auszuführen, sondern richtig mitmischen zu dürfen, hängt noch sehr an einem übergeordneten Sinn dieser Aktionen.
Doch nur wenig später lacht Wax ihn aus, weil Reece ihm diese Story abgekauft hat - und Produzent und Autor Luc Besson geht auf ironische Distanz zu seinem letzten Film "Taken". Denn genau darum ging es, als er das letzte Mal einen US-Amerikaner in seine Heimatstadt Paris einfallen liess - um die Unschuld eines jungen Mädchens. Nicht nur diverse Volksgruppen standen dabei auf dem Kieker, sondern auch reiche Schnösel, korrupte Polizisten, promiskuitive Girls und die europäische Dekadenz im Allgemeinen. Nicht erstaunlich, dass der Held nur einen Fehler hatte - die Vernachlässigung seiner Vaterpflichten, auf Grund beruflicher Überlastung als amerikanischer Geheimagent, also eine mehr als lässliche Sünde.
Darüber könnte Charlie Wax nur lachen, denn wenn eine Sache aus seinem Mund nicht zu hören sein wird, dann eine moralische Begründung für irgendeine seiner Vorgehensweisen. Schon optisch ist Wax der glatte Gegenentwurf zu Liam Neesons bürgerlichem Outfit. Travolta spielt ihn als Bad-Guy und das er trotzdem zu den Guten gehören soll, will und kann der Film letztlich nicht überzeugend vermitteln. Ohne Rücksicht auf Verluste killt er Jeden, der sich ihm in den Weg stellt, während er selbst im dichtesten Kugelhagel nicht den kleinsten Kratzer abbekommt. Im Gegensatz zu der realistischen Gestaltung einer Vaterfigur, die schon Sorgenfalten bekommt, wenn die Tochter nach Frankreich fliegt, ist Travoltas Charlie Wax eine Comicfigur, die sich nicht einmal selbst ernst nimmt.
Für die realistische Seite ist bei Besson diesmal Jonathan Rhys Meyers zuständig, dem er die ersten fünfzehn Minuten des Films noch allein widmet. Der begabte junge Mann befindet sich nicht nur am Beginn einer steilen Karriere, sondern auch kurz vor der Ehe mit seiner französischen Freundin Caroline (Kasia Smutniak). Alles hat seine schönste Ordnung, bis er den Auftrag erhält, Wax vom Flughafen abzuholen, denn dessen Blutspur durch Paris lässt sich nicht leicht mit der Verabredung zu einem romantischen Abendessen vereinbaren. Glücklicherweise begeht Besson auch bei dieser Parallelhandlung nicht den Fehler, eine Art anständiger Gegenwelt aufzubauen, sondern ordnet letztlich alles nur dem Overkill unter, den Wax mit zunehmender Unterstützung von Reece hier veranstaltet.
"From Paris with love" ist zynisch und menschenverachtend, legt keinen Moment Wert auf "political correctness" und bedient für die Story ein aktuell populäres Terrorszenario, ohne sich große Mühe bei der Entwicklung psychologischer Hintergründe zu geben. Gleichzeitig ist die Figur des "Charlie Wax" und seine Unverwundbarkeit von solch unrealistischem, sich aus unzähligen Klischees des Genres zusammensetzenden Ausmass, dass es eine Freude ist, Travolta beim hemmungslosen Chargieren zuzusehen, so lange man nichts gegen das ständige Absondern von coolen Sprüchen und dauerhaftes Geballer hat.
Unter diesem Aspekt macht "From paris with love" nicht viel falsch, schafft es spielend ruhige Momente und hochgepushte Action zu einem gelungenen Rhythmus zu verbinden und begeht nicht einmal den Fehler, dass Ganze in einem monströsen, in der Regel langweilenden, Show-Down enden lassen müssen (7/10).