Sherlock Holmes (Robert Downey Jr.) und sein Partner Dr. Watson (Jude Law) verfrachten zu Beginn des Films den finsteren Lord Blackwood ins Kittchen. Das Urteil sieht für ihn die Todesstarfe vor, welche auch vollzogen wird. Kurz darauf sieht man Blackwood von den Toten auferstehen und eine Serie von mysteriösen Morden beginnt.
Ab und an beginnt irgendwer in Hollywood damit tief in der Kiste mit alten Film- oder Romanvorlagen herumzukramen um dann zu meinen das Rad praktisch neu zu erfinden, sprich alles viel besser zu machen als früher und vermeintlich ausgelutschten Stoffen doch noch irgendeine neue Nuance abzugewinnen.
Diese Vorgehensweise hat in Sachen Restart der Batman-Franchise vortrefflich funktioniert. In den meisten anderen Fällen kamen dabei bloß schlampige uninspirierte Remakes zustande.
Im Fall des vorliegenden neuen Sherlock-Holmes-Films von Guy Ritchie war ich anfangs äusserst skeptisch. Zusehr erinnerte ich mich an die TV-Serien und die alten Basil-Rathbone-Streifen und konnte mir nicht wirklich vorstellen, ob ein Robert Downey Jr. in der bis dato bekannten Holmes-Kluft mit dem doofen Käppi usw. auch bloß einen alten Hund hinter dem Ofen hervorlocken würde.
Inzwischen liegt der fertige Streifen in den Kinos dieser Welt zur allgemeinen Begutachtung vor und ich liess mir die Gelegenheit nicht nehmen ihn als ersten Streifen des neuen Jahres im Urlaub anzuschauen.
Und schon nach kürzester Zeit waren meine Bedenken wie weggeblasen. Dieser Sherlock Holmes hat nur noch sehr wenig mit den bisher bekannten Vorbildern aus der Kino- und TV-Geschichte gemeinsam.
Keine affige Detektiv-Kluft, kein edler Kämpfer gegen das Verbrechen wird hier gezeigt. Der neue Holmes ist anders. Er konsumiert Drogen, führt Experimente an Watsons Hund durch, ist eine Art verkappter Martial-Arts-Kämpfer, der zwar äusserst scharfsinnig ist, aber auch dazu neigt längere Zeit einfach zu versumpfen usw. usw.
Für Fans der bereits erwähnten Holmes-Vorbilder dürfte der Streifen damit sicherlich schwer zu ertragen sein. Für mich hingegen war die an Sir Arthur Conan Doyle`s Figur durchgeführte Frischzellenkur eine äusserst wirksame und unterhaltsame.
Mancherorts kann man lesen, dass diese Verfilmung die Holmes-Figur wohl mehr an der aus den Büchern ausgerichtet hat. Mag sein, ich habe noch keines davon gelesen, aber dieser Sherlock Holmes passt jedenfalls in die heutige Zeit und dürfte dem Publikum gefallen.
Natürlich liegt dies nicht nur an den veränderten Charaktermerkmalen. Ein entsprechender Darsteller ist hier absolut von Nöten und wurde überraschenderweise in Robert Downey Jr. auch gefunden. Downey erweckt diesen neuen Holmes wirklich zum leben. Er bietet eine nahezu perfekte schauspielerische Leistung (wohlgemerkt in einer Action-Komödie!!). Sein Holmes ist scharfsinnig, brutal, witzig, egoistisch, dämlich, heruntergekommen, kann mit Frauen nicht wirklich umgehen und all das in etwas über zwei Stunden Spielzeit ohne dass der Zuschauer auch bloß einen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Charakters bekommt.
Downey Jr. wurde dafür auch gerade topaktuell mit dem Golden Globe als bester Darsteller in einer Komödie/Musical ausgezeichnet.
Ist schon irre, was der Mann draufhat. Man bedenke seinen Oscar für "Chaplin" aus dem Jahre 1992 - danach nur noch Alkohol- und/oder Drogenexzesse, Entzüge, Rückfälle und keine oder nur minderwertige Filme. Seit etwa sechs Jahren scheint er sich gefangen zu haben, was ich für sehr positiv halte, denn wirklich gute Schauspieler hat Hollywood nicht allzu viele!
"Sherlock Holmes" ist aber nicht nur Robert Downey Jr.. Zum insgesamt guten Cast gesellt sich auch noch Jude Law als Dr. Watson, den ich persönlich kaum erkannt hätte, der aber mit Downey sehr gut harmoniert und in den Wortgefechten mit Holmes seine besten Szenen hat.
Neben Downey hat mich aber Regisseur Guy Ritchie am meisten überrascht. Seine lakonischen UK-Kleingangster Filme wie "Snatch" und "Bube, Dame, König, Gras" geniessen zwar inzwischen schon Kult-Status, aber mir schien Ritchie eher ungeeignet einen derartigen Hollywood-Unterhaltungsstreifen zu drehen. Zu sehr war sein Name mit den genannten Filmen und deren eigenem Stil verbunden, doch auch er hat mit diesem Streifen bewiesen, dass er sich weiterentwickelt hat und sich nicht mehr in seinem eigenen Film-Universum ständig um die gleichen Achsen dreht.
Insgesamt erinnerte mich der ganze Film immer wieder an einige von Steven Spielberg in der 80ern produzierte Streifen wie "Goonies", "Young Sherlock Holmes" und viele andere, die beim anschauen einfach Spaß machten, keinen tieferen Sinn hattten, ausser gut unterhalten zu wollen. Dieses Feeling, allerdings etwas moderner und erwachsener angelegt vermittelt mir dieser Film.
Fazit: "Sherlock Holmes" ist eine witzige, sehr unterhaltsame Action-Komödie geworden, die meine Erwartungen deutlich übertroffen hat. Sicherlich kein Meisterwerk, aber wirklich gute Unterhaltung, die sogar noch richtig Lust auf eine Fortsetzung macht!