Review

  Nur zwei Jahre nach dem Überraschungserfolg „Keinohrhasen"
(2007) legt Arbeitstier Til Schweiger mit „Zweiohrküken" (2009) den Nachfolger vor. Anfangs noch durchaus auf dem Niveau des Vorgängers, baut er mit zunehmender Laufzeit qualitativ stark ab. Wer vom überhasteten und völlig verkorsten Ende absehen kann, wird dennoch passabel unterhalten.

Nach zwei Jahren ist der Alltag in die Beziehung des ungleichen Paares Ludo (Til Schweiger) und Anna (Nora Tschirner) eingekehrt. Nicht nur die täglichen Kabbeleien, sondern vor allem das plötzliche Auftauchen zweier Exfreunde (Ken Duken, Edita Malovcic) stellt ihre Liebe auf eine harte Probe.

Nur zwei Jahre nach „Keinohrhasen" schreibt „Zweiohrasen" die Story des schnöseligen Womanzier Ludo und des Mauerblümchen Anna weiter. Die Erwartungen waren nach Schweigers künstlerischen und kommerziellen Fehlgriff „1 ½ Ritter" (2008) nicht unbedingt die höchsten. Umso überraschender ist das anfangs hohe Tempo und der Unterhaltungswert des Sequels. Die Gagdichte ist qualitativ und quantitativ sehr hoch. Da verzeiht man auch, dass sich das Drehbuch inhaltlich an recht ausgelutschten Pärchenklischees abarbeitet. Dank der Spielfreude der Stars, messerscharfer Dialoge und einer versierten Regie bewegt sich das Geschehen aber stets deutlich über Mario-Barth-Niveau.
Genau wie in der Beziehung zwischen Ludo und Anna fangen mit zunehmender Laufzeit des Films die Probleme an. Das Zufallprinzip wird sehr früh einmal zu oft bemüht, wenn mit Ralf und Marie gleich zwei verflossene Exfreunde auftauchen, nur um sich zufällig als das genaue Gegenteil des jeweilig anderen zu entpuppen. Ralf als idealistischer, weltverbessernder Softie steht genauso im grellen Kontrast zum machohaften Ludo, wie die oberflächliche Sexbombe Marie zu Mauerblümchen Anna. Gegensätzlichkeit mag zwar das Grundprinzip einer jeden RomComs sein und das daraus resultierende Gagpotential wird auch recht gekonnt ausgeschöpft. Trotzdem muss eine Geschichte im Kern glaubwürdig bleiben, damit man ihr als Zuschauer gerne folgt. Das fällt in der etwas überkonstruiert wirkender Konstellation von „Zweiohrküken" (2009) mit zunehmender Laufzeit immer schwerer. Diese Tendenz verstärkt dich durch die finale Entwicklung leider noch einmal erheblich. Hier wäre weniger einfach mehr gewesen.Zudem hat „Zweiohrküken" mit einer typischen Fortsetzungskrankheit zu kämpfen. Funktionierende Nebencharaktere aus Teil 1 sollen bitteschön auch im zweiten Teil ihren Platz bekommen. Das wäre nicht schlimm, wenn sie die Haupthandlung sinnvoll ergänzen oder neue Facetten des Hauptcharakters zu Tage fördern. Matthias Schweighöfer in seiner Rolle als trotteliger Buddys Moritz erfüllt davon praktisch gar nichts. Seine Szenen wirken wie ein Ventil, um zotigem Gross-Out-Humor, Overacting und einen gepflegten Herrenwitz vom Stapel lassen zu können. Alles Dinge, die Til Schwieger im Rest der Handlung sonst recht gekonnt umschifft. Obwohl seine Screentime deutlich ausgebaut wurde, hätte man sie auch komplett raus schreiben können.
Die Inszenierung ist dagegen weitgehend über jeden Zweifel erhaben. Til Schweiger wird gerne eine Amerikanisierung seiner Filme vorgeworfen. Da steht dann schon mal „Phone" auf einem Fernsprechautomaten und eine amerikanische Feuerwehrsirene dröhnt durch Berlin. Geschmacklich lässt sich über solche Entscheidungen sicherlich streiten, es unterstreicht die märchenhafte Atmosphäre der Handlung allerdings recht gut. Auch der berühmte Goldfilter kommt natürlich wieder exzessiv zum Einsatz. Untermalt wird das ganze mit einem windelweichen aber durchaus passenden Popscore. Leidenschaftliche Til-Schweiger-Hasser bekommen auch in „Zweiohrküken" (2009) wieder reichlich Munition für Selbstinszenierungvorwürfe aller Art. Praktisch Szene im Kindergarten schreit förmlich danach. Ärgerlicher ist da schon die finale Montage die Ludos Selbstfindung zeigen soll. Wohlwollend könnte man das als Mut zu großen Gefühlen beschreiben, tatsächlich überschreitet hier der Film mit einer einfallslosen Aneinanderreihung von Postkartenmotive deutlich die Grenze zur unfreiwilligen Komik. Das passt beim besten Willen nicht zu der recht zotigen und galligen Atmosphäre des Rests. Mit diesen Problemen hatte sich seinerzeit aber auch schon „Keinohrhasen" (2007) rumgeschlagen. Neben der äußerst unglaubwürdigen finalen Entwicklung krankt der gesamte letzte Akt zudem an einer äußerst gehetzten Inszenierung, die dem Zuschauer die ansonsten liebevoll gezeichneten Charaktere mit einem Schlag aus ihrer emotionalen Reichweite katapultiert und den Gesamteindruck deutlich trübt.

Fazit: Schade, dass Zweiohrküken ausgerechnet gegen Ende so stark die Puste ausgeht. Daran ist nicht nur das überkonstruierte und am Ende unglaubwürdige Drehbuch, sonder auch eine gehetzte und kitschige Inszenierung Schuld, die ein ums andere Mal ausgelutschte Posen mit tiefen Gefühlen verwechselt. Dank der tollen ersten Hälfte, die mit einigen äußerst gut getimten Screwball-Momenten aufwartet, ist das Gesamtergebnis durchaus überdurchschnittlich. Für Teil 3 würde das Nachwuchsthema durchaus Sinn machen.

Daran werde ich mich noch lange erinnern: Gefühlt jede
zweite Szene findet auf einer Toilette statt.

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