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Kino ist mehr als die Summe der einzelnen Teile. Kino ist mehr als Special Effects, großartige Kamerafahrten oder bekannte Schauspieler. Leider gerät diese Tatsache immer mehr in Vergessenheit. Dies wird umso deutlicher, wenn man im Kino die Gespräche der anderen Zuschauer hört. Da wird von den „geilen Effekten“ in „Transformers 2“ geschwafelt und und dem „krassen 2012“ geschwärmt, den man sich unbedingt noch reinziehen sollte. Wenn man bedenkt, dass die Masse der Zuschauer genauso denkt, dann darf man sich nicht wundern, wenn Hollywood mit immer polierteren, technisch perfekten, aber auch immer inhalts- und seelenloseren Produktionen um die Ecke kommt. Unter dieser Prämisse machen die Studios und die Filmemacher alles richtig.

Um „Avatar“ gab es schon ein Jahr vor Release einen großen Hype. In diesem ging es weder um eine besonders mitreißende Story oder große Gefühle, die zu erwarten waren, nein es ging um den Star-Regisseur James Cameron, der sich nach 1997 mal wieder auf den Regiestuhl geschwungen hat und später um die technischen Aspekte des Filmes (modernste CGI-Effekte und 3D, wow!). Insofern konnte man dem Film durchaus mit gemischten Gefühlen begegnen, zumindest, wenn man von den oben beschriebenen Hollywood-Trends gelangweilt war.

Sitzt man dann im (übrigens knallvollen) Kinosaal, mit der 3D-Brille auf der Nase und dem Lobbygeschwafel noch im Ohr, kann man sich nach und nach zurücklehnen, denn ja, „Avatar“ ist zwar state-of-the-art, was die 3D-Effekte und die technische Umsetzung angeht, aber Cameron hat die Story, eine gewisse Tiefe und somit die Magie des Kinos nicht vergessen. Natürlich ist „Avatar“ auch unter reinen Effekt-Gesichtspunkten sehr gut goutierbar, doch es gibt eben noch mehr zu entdecken...

Da wäre die Story, die einem bei allem 3D und technischer Perfektion nicht die Schamesröte ins Gesicht steigen lässt. Natürlich muss klar sein, dass man es hier mit Unterhaltungs- und Blockbusterkino zu tun hat, doch immerhin ist die Geschichte um die Waldwesen, die von den Menschen aus reiner Profitgier um ihren Lebensraum gebracht werden sollen, packend, nachvollziehbar und kann auch mit einer Message aufwarten, die zum Glück nicht zu oft den erhobenen Zeigefinger in Richtung Zuschauer schwenkt (auch wenn das sicher ein toller 3D-Effekt gewesen wäre). Auch die Idee des Avatars und den rollstuhlfahrenden Ex-Marines, der zunächst seine wiedergewonnene Athletik genießt, aber tiefer und tiefer in die Stammesriten des spirituellen Waldvolkes eintaucht, macht Spaß und hilft dem Zuschauer, sich auf den Film einzulassen. Insofern hätte es der Film eigentlich gar nicht nötig gehabt, mit seinen 3D-Pfunden zu wuchern, sondern wäre auch in 2D eine Empfehlung wert gewesen, auch weil Cameron es schafft, einige seiner (von vielen Fans sicherlich vermissten) Trademarks in „Avatar“ einzuflechten: So gibt es martialisches und beeindruckendes Kriegsgerät der Zukunft zu sehen, das sehr an „Aliens“ erinnert. Dieses ist spektakulär genug, um auch ohne 3D zu beeindrucken und stehen im krassen Gegensatz zu den urwüchsigen Geschöpfen im Dschungel, die ebenso perfekt auf die Leinwand gezaubert wurden und irgendwie an „Jurassic Park“ erinnern.

War bisher hier immer von der technischen Umsetzung die Rede, sollen die Darsteller auf keinen Fall unter den Tisch fallen. Sam Worthington, der in 2009 gleich 2 Blockbuster veredeln konnte (neben „Avatar“ auch die 4. Fortsetzung von Camerons „Terminator“), kannten vor diesen Auftritten wohl die wenigsten. Während er in T4 recht farblos blieb (was allerdings auch auf den gesamten Film zutrifft), kann er in „Avatar“ voll überzeugen! Sowohl in den „realen“ Szenen spielt er den desillusionierten und behinderten Marine sehr glaubwürdig, aber auch in den Avatar-Szenen, in denen er der computergenerierten Figur seine Mimik leiht, leistet er ganze Arbeit und verleiht der digitalen Figur viel Menschlichkeit. Ähnliches kann man auch zu Zoe Saldana sagen, die hier nur in ihrer digitalen Variante zu sehen ist, aber dennoch eine bezaubernde Na'vi (so der Name der Ureinwohner Pandoras) abgibt. Sigourney Weaver ist nach ihrem gemeinsamen Film „Aliens“ wieder an Camerons Bord und spielt sowohl die Realszenen als Wissenschaftlerin, als auch auch die digitalen Szenen sehr souverän und abgeklärt. Neben diesen Schauspielern gibt es überzeugende Darbietungen von Giovanni Ribisi, Michelle Rodriguez und Stephen Lang zu sehen. Insgesamt ist die Besetzung nicht unbedingt spektakulär für einen Film dieses Kalibers (sie ordnet sich quasi den Effekten UND der Handlung unter), aber sehr hochwertig und sehenswert!

Die Magie des Kinos lässt sich nicht mit den technischen Effekten oder der Anzahl der Explosionen oder der Stardichte pro Minute messen. Das Gesamterlebnis entscheidet, das sich aus diesen Zutaten (aber eben auch anderen) ergibt. Genau dies stimmt bei „Avatar“. Man kann sich im Kinositz von den tollen Effekten wegblasen lassen, wird aber auch von der Story und den Charakteren in den Bann gezogen. Insofern zeigt James Cameron seinen neuen Kollegen (allen voran Michael Bay), wie man mit gigantischem Aufwand auch mitreißendes Kino machen kann, das auch dann noch besteht, wenn man die ganzen technischen Spielereien abziehen würde. So und nicht anders sollte Effekt- und Hollywood-Kino funktionieren! Da nimmt man nur zu gern die Druckstellen der 3D-Brillen in Kauf!

Fazit:

8 / 10

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