Bei allem Verwundern darüber, was ausgerechnet Jingle Ma für die Regie von Mulan prädestiniert oder wenigstens qualifiziert – auf den ersten und auch den zweiten Blick: erstmal Nichts – muss man zumindest den Finanziers der Produktion im Nachhinein zur ihrer Entscheidung und dem Verdrängen des vorher geplanten, nun aber in das Hintertreffen geratenen Konkurrenz durch Stanley Tong beglückwünschen. Die seltsame Auswahl hat sich zumindest im Einspiel nicht als störend bemerkbar gemacht, den Film vor allem wegen einer fulminanten Startwoche zu einem moderaten Erfolg verholfen und Ma selber nach zwei vorherigen herben Flops wieder zurück in die Kommerzialität geschoben.
Im Stil der Inszenierung zumeist überhaupt nicht selektiv, sondern nur auf die sterile Reinheit und gewisse artifizielle, in seiner Bildung einer eigentümlich asketischen und wie aus einer anonymen Sphäre stammenden Bildsprache vertrauend, erschaftt der ehemalige Kameramann Ma hier allerdings nur scheinbar veränderte Formen. Sonst auf Romantische Komödien und gleichfalls seichte Unterhaltungs-Action spezialisiert und die Welt durch strikt schwarz-weiße Gedanken und Augen sehend, hat der feierlich die Sauberkeit gelobende Ästhet hierbei vor allem mit den Leidenschaften ein Problem. Anders als noch in seinem Vorgänger Butterfly Lovers, der bereits die Geschichte eines Mädchens im Gewand eines Mannes erzählte, jedoch zutiefst romatisch im Thema und der Verwendung märchenhaften Sujets und lilafarbener Gestalten, sollte das hiesige Kriegsspektakel nicht die reizend verlockende Tugend porträtieren, sondern den auf Jahre dauernden Kampf der Landesverteidigung gegen fremde Eroberer und die moralische Verfehlung auf der einen Seite sowie die Extreme des Leidens auf der anderen schildern. Zufällig getragen von einer mythologischen Figur, die mittlerweile nicht nur in den Sparten der chinesischen, sondern durch Disney auch in der westlichen Kulturindustrie anzutreffen ist:
Das Wei-Königreich steht seit mehreren Jahren im ständigen Disput mit den einfallenden Rourans, so daß zum Zweck der Erwehrens selbst die älteren und eigentlich nicht mehr für den Kampf gerüsteten Männer zum Wehrdienst aufgerufen werden. Anstelle ihres kranken Vaters Hua Hu [ Yu Rong-guang ] schleicht sich dessen Tochter Hua Mulan [ Vicky Zhao Wei, die in den filmographisch umrandenden Red Cliff Zweiteiler und 14 Blades eine wesentlich bessere Figur machte ] heimlich an seiner Stelle in die abzugsbereite Armee ein, erst nur durch ihren ebenfalls die Uniform überstreifenden Kindheitsfreund Fei Tiger [ Jaycee Chan ] und dann bald ihren Kampfesgenossen Wentai [ Aloys Chen Kun ] ent- und vor der Enttarnung gedeckt. Da schon die schlichte Anwesenheit von Frauen in der Militäreinheit, selbst zu Vergnügungszwecken mit dem Tod der Mitwissenden bestraft wird, bleibt Hua Mulan auch in den nächsten zwölf Jahren des erbitterten Widerstreits gegen Rouran-Emporkömling Mendu [ Hu Jun ] und dessen Schwester [ Angel Liu ] in ihrer Tarnung, wobei sie von Schlacht zu Schlacht immer höher in der militärischen Rangfolge aufsteigt und bald lebenswichtig für ihr Land wird...
Im Grunde eine einzige große Auseinandersetzung, nur unterbrochen durch Selbstzweifel hier und die alsbald darauf gewonnene Wiedererlangung von vor allem Pflicht und Treu' zum Vaterland und der folgend entsprechenden ethischen Bestätigung im Schall und Rauch des Kriegsgetümmels. Leider nur ist das Wohl und Weh der Figuren und ihr Schicksalstrotz höchstens milde interessant und gerade der dramaturgische Aufbau erstaunlich glaubenslos, fühlt man sich bis zum direkten Aufeinandertreffen von Lady General Hua Mulan und Mendu und somit die gesamte erste Stunde eher an eine Aneinanderreihung von Schwarzblenden und somit eine dichterisch schwache Vorschau als ein inneres oder äußeres Erlebnis erinnert. Die Geschehnisse bis dahin zerfliessen in voneinander isolierte und so niemals auf das Vorhergehen aufbauen könnende Ausdrucksmöglichkeiten, die aber auch beim Wollen bleiben und wohl wegen dem Beharren auf eine absolute Sicherheit eines angesagten Blockbusters und/oder der allgemeinen Unsicherheit des Regisseurs nicht in das Verwirklichen übergehen. Eher ein Orientierungs- statt ein Genußsmittel sind. Die Konzentration auf das Wesentliche ist durchaus vorhanden, zyklisch gegliedert, wie eine stattistische Tabelle behandelt. Ein Intensivieren des Mitfühlens tritt nicht auf, macht sich in manchen Momenten nur der Pathos und ansonsten die atmosphärische Verarmung von Charakteren und Situationen als eine lose Masse herausgelüpfter Fäden unangenehm bemerkbar.
Damit einhergehend ist als mit größter Schwachpunkt auch die rhythmisch unbestimmte Formulierung der Actionszenen, die auch hier eine eher synthetische Bilderfolge eingehen, aber gerade in den letzten Jahre auch in gefühlt hundertfacher Weise bereits genauso und zugleich aufwändiger und/oder kompositorisch wesentlich effektiver in Szene gesetzt wurden. Das mittlerweile als eher Durchschnitt für dergleichen betrachtete Budget von 12 Millionen USD sorgt unter Aufsicht des sonst überzeugender arbeitenden Stephen Tung Wei für die üblichen Pfeilregen, Pferdestürze und Gedrängel im Aufeinandertreffen der Hundertschaften, dazu etwas Feuerbrand als Gesprenkel im ansonsten sandig-gelben, blau bis grün schimmernden Vordergrund. Wie ein reflexartiges, uninspiriertes, geradezu die Energie niederdrückendes pro forma Konzentrat aus zahlreichen Motiven anderer Quellen plus eine zudem engherzige Landschaftsstimmung, die niemals eine selbständige Existenz erlangt.
[ Mas sonstige auf das karge Idyllische gerichtete Welt formenstrenger Architektonik wäre hierbei sogar als Kontrast zum sonstigen Appartus eines historical war Epos eine Idee wert, aber mehrere Jahre lang am gleichen See zu campieren, ist dann doch ein wenig frech und faul. ]