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Der Versicherungsvertreter Tsuda arbeitet über die Maßen hinaus in seinen Job, rennt schwitzend durch die Großstadt, die Hauptdarsteller und Regisseur Shinya Tsukamoto mehr noch als in "Tetsuo 2" als verwinkelte Betonwüste darstellt. Tsudas mittlerweile eingeschlafene Ehe mit Hizuru wird jäh vom ehrgeizigen Nachwuchsboxer Kojima, ein alter Schulkamerad, gestört, dessen Faust auch der Anzugträger zu spüren bekommt. Die harten Muskeln des ungeliebten Besuchers scheinen seiner Frau über Gebühr zu gefallen, Grund genug für den Ehemann, selbst zum Boxer werden zu wollen, um sich zu rächen. Damit wären wir bei einem ähnlichen Grundgerüst wie in Tsukamotos Vorgänger "Tetsuo 2", als sich der Schwächling für die Vergeltung am Unrecht seines Privatlebens aufpumpt, der damit verbundene Körperkult, welcher fast alle Filme Tsukamotos durchzieht, bekommt neben Muskelspielen noch Begleitung. Die zwischen den beiden Männern hin und her gerissene Frau nämlich ist ebenfalls nicht untätig mit Tätowierung und Piercings ihren Körper zu transformieren, Stahl im Körper sowie stählerne Körper sind nun mal die Lieblingsthemen des außergewöhnlichen Filmemachers aus Japan. Recht deutlich adaptiert er hier Modern Primitives und setzt deren rituelle Handlungen in einen industriellen Kontext. Diese Modifikationen und die urbanen Kulissen sind farbkomponierte Bilder eines modernen Tokio, in dem die kaputten, von ihrer Umwelt erkrankten Beziehungen spielen. Was anfangs noch nach simplem Dreiecksdrama aussehen mag, wird zu einem Rachefilm, überhaupt scheint Wut der innere Antrieb der drei Figuren im Vordergrund zu sein, im Trainingsstudio genau so, wie in der Geometrie von architektonischen Schluchten, in denen sie verkümmern. Mit ungeahnter Härte demonstriert "Tokyo Fist" die sexuellen Begehren als gewalttätige Geschichte des Schmerzes und der Selbstzerstörung. Bei den grafischen Exzessen, mit denen sich die Boxer hier die Gesichter deformieren lässt das nicht nur "Wie ein wilder Stier", "Rocky" oder "Fight Club" wie putzige Kinderfilme wirken, sondern macht auch etwas unsicher, ob man denn aufgrund der übertriebenen Effektarbeit dem unterschwellig schwarzen Humor nachgehen soll oder angesichts extrem lädierter Antlitze mal das Grinsen im Halse stecken bleibt. Bei aller Ästhetik und experimenteller Kamerafahrten sowie Schnittfolgen wirken die eingestreuten Gewaltausbrüche doch reichlich rüde, mehr wie ausgenommen blutrünstige Schlägereien, denn als sportliches Boxen. Trotz dieser grafischen Szenen besitzt "Tokyo Fist" einen Vergeltungsplot zwischen den beiden alten Bekannten, der sich erst nach und nach gänzlich entblättert. Und die werden bezeichnenderweise von den Tsukamoto-Brüdern gespielt.

Fazit: Tsukamoto-Jünger bekommen alle typischen Elemente seines bemerkenswerten Oeuvres serviert. Verpackt in eine urbane Gewaltorgie von orientierungslosen Opfern und Tätern ihrer sadistischen und masochistischen Emotionen im menschlichen Zoo Tokios. 7/10 Punkten

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