In Bodyguards and Assassins ist alles mehr Dichtung als Individuum und Geschichte, alles eine Spur größer als im wahren Leben und sicher nicht der historisch unverfälschten oder gar parteilich-kritischen Wahrheit als vielmehr der in das Mythische überhöhten Legendenbildung verpflichtet. Die Macht der Wirkung von einer bestimmten Idee und dem damit verbundenen Geist wird bis in das Extrem ausgespielt; das gilt für die Vorplanung der Produktion genauso wie ihr allgemeiner Aufwand damals und heute und dem offenbarlichen Bezug als auch der Umsetzung in eine überordnende Inhaltsästhetik. Eine künstliche unechte Welt mit einem tragischen und dies auch gleichfalls pathetisch zelebrierenden Scheinleben, in der man mit einem Kopfschuss startet und einem Gemetzel auf den Straßen endet und in der der Filmemacher hinter diesem Standpunkt und seiner unwiderstehlichen Erscheinung wohl nicht nur zufällig auch einer bestimmten politischen Welt angehört.
2009 und einschließend bzw. darauf anspielend auch 2008 und als Vorlauf sich stetig steigernd die Jahre davor verzeichneten im Land der Mitte eine Festigkeit einer kulturellen, einer medialen Leidenschaft, die gerade auch für das Kino einen bisher ungeahnten Wachstumsschub auf beiden Seiten auslöste und so am auffälligsten die dynamischen Paradoxien der wirtschaftlichen und ideologischen Supermacht zeigen konnte. Die Spiegelung von Epen und das Feiern ihrer Helden wurde zur Hauptaufgabe gemacht, ob nun in der Verfilmung waffen- und kampfestarrender Literatur oder den Bezügen zur jüngeren Vergangenheit des chinesischen Landes, jeweils mit dem dafür notwendigen Geld und so immerzu potenzierendem Budget ausgestattet und zudem auch immer mehr Anklang beim Publikum findend.
Ob nun eindeutige Propaganda zu Jahresfeiertagen wie The Founding of a Republic, der Konfiguration von Biographien wie Confucius oder dem identifizierenden Denken mit dem so genannten historical war drama und seiner progressiv nach vorwärts drängenden Chiffrenschrift wie Warlords, Red Cliff, Mulan. Ein dämmerndes kritisches Bewusstsein mit den realpolitischen Entwicklungen der Neuzeit lässt sich damit ebenso wenig vereinbaren wie die cinematographischen Zufluchten den Größenwahnsinn und das Selbstverständnis der scheinbaren Wir-Einstellung bzw. eher der Ich-Einstellung des Landes in der Welt verleugnen lässt. Der Widerspruch zwischen der Begriffserklärung "The road to modernization is paved with blood. And that blood is called revolution" und wo die Regierung als Einzige weiß, was für seine Bürger nützlich und was schädlich ist:
01.10.1901. Mit dem Tod von Yang Quyun [ Jacky Cheung ], des Anführers der Revive China Society durch die Hand des Schützen Yan Xiao-guo [ Hu Jun ] findet das erste politische Attentat in China statt. Fünf Jahre später hat sich Dr. Sun Yat-Sen [ Zhang Hanyu ] in der City of Victoria, der Britischen Kolonie Hongkong angekündigt, um dort die Rebellion gegen das Ching-Regime zu planen. Diese entsenden mit Yan Xiao-guo und seinen Mannen um Sa Zhenchan [ Cung Le ] als Unsichtbare Armee ein Todeskommando für den "Verräter" Dr. Sun , dem der vor Ort befindliche Revolutionsführer Professor Chen Xiaobai [ Tony Leung Ka-fai ] mit einer Spezialtruppe von General Fang Tian [ Simon Yam ] begegnen will. Als diese Einheit mit Hilfe des spielsüchtigen und somit auch korruptionsanfälligen Polizisten Shen Chang-yang [ Donnie Yen ] in einem Massaker beseitigt wird und sich die Polizei unter Chief Inspector Shi [ Eric Tsang ] auf Druck der britischen Herrschaft aus Allem heraushalten soll, muss sich Prof. Chen in nur fünf Tagen Vorbereitungszeit neu formatieren. Monetär unterstützt durch den sich weitgehend neutral verhaltenen Geschäftsmann Li Yue-tang [ Wang Xue-qi ] stellt er eine bunt zusammengewürfelte, aber den Traum der Freiheit lebende und sich dafür auch aufopfernde Ersatztruppe zusammen: Essensverkäufer Wang Fuming [ Mengke Bateer ], Rickscha - Fahrer Deng Si-di [ Nicholas Tse ], den aus Kummer zum opiumsüchtigen Bettler gewordenen Prince Liu Yubai [ Leon Lai ], Fang Tians rachsüchtige Tochter Fang Hong [ Chris Lee ] und als Double und Köder Yue-tangs Sohn Li Chung-guang [ Wang Bo-chieh ].
Maßgeblich finanziert mit den Erfolgen von eben Warlords und The Founding of a Republic, dem Schaulaufen unzähliger Filmstars für die Wertschätzung des Staates, ist auch das spezielle Werk von Teddy Chen mit einer Gesinnung verbunden, die nicht bloß in einzelnen Stimmungsbildern, sondern in durchgängig artifizieller Einheit den Sieg der "Objektivität" über den der Subjektivität und das Schicksal von Helden im Kampf für ihr Volk stellt. Dabei scheint die Handlungsführung abwechselnd und auch gleichzeitig in seiner symbolisch vermittelnden Aktion und Interaktion sowohl sinnlich, romantisch-poetisch, blutig-identifizierend in durchaus gehöriger Brutalität und klammert sich um seine Programmreden, die Melodramatik pur und over-the-top wie an eine beweinungswürdige entgleitende Liebe.
Dabei wäre es interessant zu sehen gewesen, wie der gleiche Aufbau zehn Jahre zuvor funktioniert und in welcher Gestalt er ausgesehen hätte; ist die ursprüngliche Idee und Inangriffnahme doch bereits 1997 respektive 2000 entstanden, wurde das damals noch Dark October benannte Projekt jedoch erst mit dem Ausbruch der SARS-Epidemie und schließlich dem Selbstmord eines der Inhaber des dafür eigens gegründeten Jin Chuan Pictures Studios auf die lange Bank geschoben. Von der einstmaligen Besetzung, die sich der zu der Zeit aus gleichfalls der Popularität und so dem Massenappeal verschriebenen Darsteller zusammenfügte, aus der nur noch Eric Tsang und Tony Leung Ka-Fai verblieben, während von den vorher gesetzten Chang Chen, Eason Chan, Jiang Wu, Elva Hsiao und Ekin Cheng nunmehr nichts zu sichten ist, diese Lücken allerdings mit der aktuellen Vertretung bestens gefüllt wurde. Als größter Glücksgriff für die Erreichung großer Zwecke dieser Tendenzpoesie ist wohl das Porträt durch Donnie Yen zu verzeichnen, der zwar mitnichten das Zentrum der sprunghaften, aber trotz oder wegen seiner Abstraktion und Typisierung nicht unbeholfenen Handlungsführung voll mannigfaltiger Szenen menschlicher Leiden ist, aber auf dem Gipfel seiner Karriere schon den entscheidenden Faktor für die inländische und auch ausländische Vermarkbarkeit und Vermarktung verkörpert.
Interessanterweise ist, ob man das mag oder nicht, auch seine Einbindung selber und damit die mit ihm und um ihn herum stattfindende Action eher die Chronik einer epigonalen Formeskunst, ein oft schwereloser und so gar nicht den Regeln der Physik und Motorik entsprechender Schönheitskult mit einer sicherlich besonders gepflegten, in das Außergewöhnliche hineinragenden Blendung, aber teils auch in den ekstatisch gesteigerten Defekt hinein stolpernde Verblendung. Gerade die Ereignisse am Schicksalsstag spalten sich schnell in ein Utopia einer verhältnismäßig intensiven Entfesselung hinein, in der man sich mit aufkommenden Patriotismus nicht nur einem Regenschauer aus Armbrustpfeilen, heimtückisch geplanten Bombenanschlägen und einer Überanzahl oft hinterrücks agierender Meuchelmörder, sondern bald Gewalt in nahezu expressionistischer Gestalt erwehren muss.
In der artistischen Seite ist besonders der Kampf auf offener Straße zwischen Yen und dem eigens dafür ausgesuchten Cung Le sicherlich mit einer der Schlüsselszenen, die gar extra noch nach Beendigung der Dreharbeiten – bei dessen zwischenzeitlichen Differenzen zwischen Regisseur Teddy Chen und Produzent Peter Chan für zwei Wochen auch Ersatzmann Andrew Lau eingesprungen ist – noch einmal zum erweiterten Nachdreh anberaumt wurde. In ungebändigter Bildsprache und so unterhaltenden Ausdrucksstärke, in der mehr Wert auf das rhythmisch durchdringende Schaffen als auf das logische gelegt wird, wird sich dort quer über die voll belebte Hauptstraße gejagt und geprügelt, zufällig Umherstehende wie Streichhölzer empor gehoben und in die Gegend geschleudert und gerne auch mal die für teuer Geld [von einstmals geplanten 9 Millionen Dollar wurde das Budget auf 23 Millionen aufgestockt] aufwändig aufgebauten Straßenzüge in Einzelteile zer- oder gleich ganz in Schutt und Asche eingerissen.